ihrer Botschaft, welche Christus ist, der gekreuzigte und auf
erstandene WeltErlöser.353
Und Bernhard Rothen schreibt ähnlich treffend:
Die Windeln und die Krippe sind aber nicht eine beliebig ver
tauschbare bloße Hülle, sondern sie sind das besondere Zei
chen, das die Engel den Hirten geben, das unverwechselbare
Erkennungsmerkmal also, ohne das Christus nicht zu finden
ist und aus dem er auch nicht irgendwie »herausgeschält« wer
den muss – nicht ein nacktes, »abstraktes«, raum und zeitloses
Kind sollen die Hirten finden und anbeten, sondern eben das
Kind »in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen« … So
soll auch der Gläubige nicht einen »Christus selber« jenseits und
hinter der Schrift suchen und anbeten, sondern Christus in und
mit der Schrift.354
In Übereinstimmung damit betont der Reformator mehrfach, dass
wir uns nicht an scheinbar (!) einfältigen, seltsamen und simplen Aus
sagen im Wort Gottes stoßen sollen, denn derartige Eindrücke ent
springen unserer Blindheit und Begrenztheit. Beachtet man zudem
den Zusammenhang des obigen Zitates genauer, so steht im Zentrum,
dass Luther die Heilige Schrift das »allerhöchste, edelste Heiligthum«
und die »allerreichste Fundgrube« nennt, in und an der wir den drei
einen Gott als einzigartig »hohe göttliche Majestät … und Weisheit«
erkennen dürfen! Die große Ehrfurcht vor dem heiligen Wort Gottes
klingt hier an, wie Luthers »letzte Worte« sie ebenfalls wider spiegeln:
»Die Heiligen Schriften meine niemand genügend geschmeckt zu
haben, wenn er nicht hundert Jahre lang mit den Propheten die Kirche
regiert hat.«355 Was uns bleibt, ist staunenddankbare Anbetung des
einen Gottes, der sich uns offenbart.
353 Robert D. Preus, »The View of The Bible Held by The Church: The Early Church Through Luther«,
in: Inerrancy, Hrsg. Norman L. Geisler, Grand Rapids, MI, USA: Zondervan, 1979, S. 375376 (über
setzt von Reinhard Möller).
354 Bernhard Rothen, »Die Klarheit der Schrift, Teil 1: Martin Luther. Die wiederentdeckten Grund
lagen«, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1990, S. 74.
355 Zitiert nach: Bernhard Rothen, »Die Klarheit der Schrift, Teil 1: Martin Luther. Die wiederentdeck
ten Grundlagen«, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1990, S. 75. Vgl. auch WA TR 5, 317, 1617,
Nr. 5677 (1546).
185
Die »Windeln« und die »Krippe« aus Lukas 2,12.1617 waren gott
gegebene Orientierungszeichen für Hirten, die den Messias sehen
durften: Sie fanden und sahen Jesus, und sie bezeugten sein Kom
men, IHN selbst. Die Heilige Schrift ist für Luther der Ort, wo der
lebendige Gott für uns »Zeichen« setzt, damit wir uns an seinem
Wirken und Willen orientieren, damit wir Jesus Christus finden
und … die »Zeichen« sind gerade nicht »menschliche Unzulänglich
keiten und Unstimmigkeiten« (so Ockert und viele andere), sondern
Gottes Zeichen sind wahrhaftige, verlässliche und zielsicher führende
Orientierungs punkte – jedoch niemals Fehler und Mängel, Wider
sprüche und Irrlichter
Geschah der völlige Absturz 2017 zum Reformationsjubiläum vor ca.6Jahren?
18.09.2023 19:58
Geschah der völlige Absturz 2017 zum Reformationsjubiläum vor ca.6Jahren?
18.09.2023 19:58
Geschah der völlige Absturz 2017 zum Reformationsjubiläum vor ca.6Jahren?
Absturz zum Reformationsjubiläum
Nach alter Überlieferung hat der Reformator Martin Luther in Worms
seine wegweisende Rede mit den Worten beendet: »Ich kann nicht
anders. Hier stehe ich, Gott helfe mir. Amen.« Darin bezeugte er seine
Bindung an Gottes Wort, die höchste Autorität für den einzelnen
Christen wie für die Gemeinde Jesu. Sein Gewissen wusste er ans Wort
gebunden, und er wollte sich einzig mit der Heiligen Schrift über
führen und widerlegen lassen.
Nachdem die Bibelkritik auf ihren über vierhundertjährigen
Marsch durch Universitäten und Seminare zurückblickt und Pro
fessoren und Pfarrer, Pastoren und Älteste und auch so manches
Gemeindeglied beeinflusst hat, will und kann kaum noch einer
sagen: »Ich kann nicht anders. Hier stehe ich, Gott helfe mir. Amen.«
Stattdessen hören wir permanent: »Früher konnten unsere Väter noch
anders, doch heute sind wir so viel klüger. Deshalb machen wir alles
anders und neu. Hier sitzen wir, Gott, sie oder er helfe uns. Lasst uns
feiern und tanzen, was wir beschlossen haben – so sei es. Wer wollte
uns widersprechen?«
Und nachdem die Bibelkritik durch Institutionen und Deno
minationen ihren zerstörerischen »Siegeszug« vollzogen hat, spricht
die EKD zum Reformationsjubiläum Klartext – Worte, die ihren
179
Absturz dokumentieren. Das ausdrückliche NEIN zu allem, was die
Reformation zur Reformation werden ließ, ertönt deutlich in den
Publi kationen, welche die EKD zum Jubiläum vorlegt. Zwar ver
sucht man, den Absturz mit netten und mitunter gar frommen Wor
ten schönzureden, doch zugleich hat man jede reformatorische Wahr
heit längst begraben. Zwar will man gesellschaftspolitisch beachtet
werden, wenn man Luther und die Reformation feiert, doch eigent
lich hat man sich vom Reformator und allen biblischen Wahrheiten
längst ver abschiedet! Etwas zaghafthilflos versucht man noch, die
alten Begriffe, wie z. B. das SOLA SCRIPTURA, in die Gegenwart
hinüberzuretten, doch nur unter voller Preisgabe des ursprünglichen
Inhalts – es bleibt eine Wort hülse …
So lesen wir zum Thema:
Das sola scriptura lässt sich heute nicht mehr in der gleichen
Weise verstehen wie zur Reformationszeit. Anders als die Re
formatoren ist man sich heute dessen bewusst, dass das Ent
stehen der einzelnen biblischen Texte und des biblischen Kanons
selber ein Traditionsvorgang ist. Die alte Entgegen setzung von
»die Schrift allein« und »Schrift und Tradition«, die noch die
Re formation und Gegenreformation bestimmte, funktioniert
heute nicht mehr so wie im sechzehnten Jahrhundert. Aber den
noch gilt: »Nach evangelischer Auffassung müssen sich die Tra
ditionen immer am Ursprungszeugnis der Schrift und ihrer
Mitte orientieren, sie müssen von hier aus kritisch bewertet und
immer neu angeeignet werden.«349
Seit dem siebzehnten Jahrhundert werden die biblischen
Texte historischkritisch erforscht. Deshalb können sie nicht
mehr so wie zur Zeit der Reformatoren als »Wort Gottes« ver
standen werden. Die Reformatoren waren ja grundsätzlich
davon ausgegangen, dass die biblischen Texte wirklich von Gott
selbst gegeben waren. Angesichts von unterschiedlichen Ver
sionen eines Textabschnitts oder der Entdeckung verschiedener
349 An dieser Stelle erscheint im Original des Zitats die Fußnote 38 mit folgender Quellenangabe:
»Schrift – Bekenntnis – Kirche. Ergebnis eines Lehrgesprächs der Gemeinschaft Evangelischer Kir
chen in Europa, [hrsg.] v. Michael Bünker, Leuenberger Texte 14, Leipzig 2013, S. 33« (Fußnote hin
zugefügt).
180
Textschichten lässt sich diese Vorstellung so nicht mehr halten.
Damit aber ergibt sich die Frage, ob, wie und warum sola scrip
tura auch heute gelten kann.
Deutlich sollte geworden sein, dass das reformatorische sola
scriptura nicht die Stoßrichtung hat, nur der nehme die Schrift
ernst, der sie als Wort für Wort von Gott gegeben verstehe. Wie
aber ist dann die Schrift auch heute noch als Wort Gottes zu
denken?350
Angesichts derart deutlicher Worte war so mancher schockiert,
obgleich hier nur festgeschrieben wurde, was die letzten Jahrzehnte
bereits die Universitäten und Kirchen prägte: Die Texte der Heiligen
Schrift von 1. Mose bis zur Offenbarung können heute nicht mehr
»als ›Wort Gottes‹ verstanden werden«! Das heißt: Die Bibel ist nicht
mehr Offenbarung durch den Heiligen Geist, nicht mehr inspiriertes,
geistgehauchtes Wort des lebendigen Gottes, der von sich sagt, dass
ER niemals lügen würde und dass ER immer zu seinem Wort, zu sei
nen Verheißungen und zu seinem Neuen Bund in Jesus Christus ste
hen werde …
Die Worte der Selbstauflösung der Kirchen der EKD muss man
sorgsam bedenken, mehrmals lesen, wenn es heißt: »Die Reformatoren
waren ja grundsätzlich davon ausgegangen, dass die biblischen Texte
wirklich von Gott selbst gegeben waren … diese Vorstellung [lässt sich]
so nicht mehr halten.« Gott hat demgemäß nicht geredet, ER hat sich
demgemäß nicht offenbart, und alles, was man bisher lehrte und
glaubte, steht damit auf zerbrochenem Fundament. Die hier gegebene
»Begründung« ist zudem durch und durch falsch, denn schon die
Reformatoren wussten, dass es leicht unterschiedliche Manuskripte zu
einzelnen biblischen Büchern gab. Und sie kannten auch Fragen und
Zweifel – aber sie stellten deshalb nicht das Reden Gottes und sein
Wort infrage!
Mit der Publikation »Rechtfertigung und Freiheit« zementiert die
EKD gerade zum Reformationsjubiläum ihren Absturz in die reli
giöse Beliebigkeit. Was vorher schon immer wieder deutlich wurde,
350 Rechtfertigung und Freiheit. 500 Jahre Reformation 2017. Ein Grundlagentext des Rates der Evan
gelischen Kirche in Deutschland (EKD), Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2014, 1. Auflage,
S. 8384.
181
wird hier festgeschrieben. Die EKD ist heute von der Wahrheit Got
tes mindestens ebenso weit entfernt, wie es die Kirche Roms in den
Tagen Luthers war! Feiert die EKD jetzt ein Reformationsjubiläum, so
ist das blanke Heuchelei, da sie ja selbst offen dokumentiert, dass sie
die Inhalte und Werte des biblischreformatorischen Protestantismus
längst nicht mehr teilt...https://clv.de/Das-verschleuderte-Erbe/256280,Seite 179-182🤔
Nach alter Überlieferung hat der Reformator Martin Luther in Worms
seine wegweisende Rede mit den Worten beendet: »Ich kann nicht
anders. Hier stehe ich, Gott helfe mir. Amen.« Darin bezeugte er seine
Bindung an Gottes Wort, die höchste Autorität für den einzelnen
Christen wie für die Gemeinde Jesu. Sein Gewissen wusste er ans Wort
gebunden, und er wollte sich einzig mit der Heiligen Schrift über
führen und widerlegen lassen.
Nachdem die Bibelkritik auf ihren über vierhundertjährigen
Marsch durch Universitäten und Seminare zurückblickt und Pro
fessoren und Pfarrer, Pastoren und Älteste und auch so manches
Gemeindeglied beeinflusst hat, will und kann kaum noch einer
sagen: »Ich kann nicht anders. Hier stehe ich, Gott helfe mir. Amen.«
Stattdessen hören wir permanent: »Früher konnten unsere Väter noch
anders, doch heute sind wir so viel klüger. Deshalb machen wir alles
anders und neu. Hier sitzen wir, Gott, sie oder er helfe uns. Lasst uns
feiern und tanzen, was wir beschlossen haben – so sei es. Wer wollte
uns widersprechen?«
Und nachdem die Bibelkritik durch Institutionen und Deno
minationen ihren zerstörerischen »Siegeszug« vollzogen hat, spricht
die EKD zum Reformationsjubiläum Klartext – Worte, die ihren
179
Absturz dokumentieren. Das ausdrückliche NEIN zu allem, was die
Reformation zur Reformation werden ließ, ertönt deutlich in den
Publi kationen, welche die EKD zum Jubiläum vorlegt. Zwar ver
sucht man, den Absturz mit netten und mitunter gar frommen Wor
ten schönzureden, doch zugleich hat man jede reformatorische Wahr
heit längst begraben. Zwar will man gesellschaftspolitisch beachtet
werden, wenn man Luther und die Reformation feiert, doch eigent
lich hat man sich vom Reformator und allen biblischen Wahrheiten
längst ver abschiedet! Etwas zaghafthilflos versucht man noch, die
alten Begriffe, wie z. B. das SOLA SCRIPTURA, in die Gegenwart
hinüberzuretten, doch nur unter voller Preisgabe des ursprünglichen
Inhalts – es bleibt eine Wort hülse …
So lesen wir zum Thema:
Das sola scriptura lässt sich heute nicht mehr in der gleichen
Weise verstehen wie zur Reformationszeit. Anders als die Re
formatoren ist man sich heute dessen bewusst, dass das Ent
stehen der einzelnen biblischen Texte und des biblischen Kanons
selber ein Traditionsvorgang ist. Die alte Entgegen setzung von
»die Schrift allein« und »Schrift und Tradition«, die noch die
Re formation und Gegenreformation bestimmte, funktioniert
heute nicht mehr so wie im sechzehnten Jahrhundert. Aber den
noch gilt: »Nach evangelischer Auffassung müssen sich die Tra
ditionen immer am Ursprungszeugnis der Schrift und ihrer
Mitte orientieren, sie müssen von hier aus kritisch bewertet und
immer neu angeeignet werden.«349
Seit dem siebzehnten Jahrhundert werden die biblischen
Texte historischkritisch erforscht. Deshalb können sie nicht
mehr so wie zur Zeit der Reformatoren als »Wort Gottes« ver
standen werden. Die Reformatoren waren ja grundsätzlich
davon ausgegangen, dass die biblischen Texte wirklich von Gott
selbst gegeben waren. Angesichts von unterschiedlichen Ver
sionen eines Textabschnitts oder der Entdeckung verschiedener
349 An dieser Stelle erscheint im Original des Zitats die Fußnote 38 mit folgender Quellenangabe:
»Schrift – Bekenntnis – Kirche. Ergebnis eines Lehrgesprächs der Gemeinschaft Evangelischer Kir
chen in Europa, [hrsg.] v. Michael Bünker, Leuenberger Texte 14, Leipzig 2013, S. 33« (Fußnote hin
zugefügt).
180
Textschichten lässt sich diese Vorstellung so nicht mehr halten.
Damit aber ergibt sich die Frage, ob, wie und warum sola scrip
tura auch heute gelten kann.
Deutlich sollte geworden sein, dass das reformatorische sola
scriptura nicht die Stoßrichtung hat, nur der nehme die Schrift
ernst, der sie als Wort für Wort von Gott gegeben verstehe. Wie
aber ist dann die Schrift auch heute noch als Wort Gottes zu
denken?350
Angesichts derart deutlicher Worte war so mancher schockiert,
obgleich hier nur festgeschrieben wurde, was die letzten Jahrzehnte
bereits die Universitäten und Kirchen prägte: Die Texte der Heiligen
Schrift von 1. Mose bis zur Offenbarung können heute nicht mehr
»als ›Wort Gottes‹ verstanden werden«! Das heißt: Die Bibel ist nicht
mehr Offenbarung durch den Heiligen Geist, nicht mehr inspiriertes,
geistgehauchtes Wort des lebendigen Gottes, der von sich sagt, dass
ER niemals lügen würde und dass ER immer zu seinem Wort, zu sei
nen Verheißungen und zu seinem Neuen Bund in Jesus Christus ste
hen werde …
Die Worte der Selbstauflösung der Kirchen der EKD muss man
sorgsam bedenken, mehrmals lesen, wenn es heißt: »Die Reformatoren
waren ja grundsätzlich davon ausgegangen, dass die biblischen Texte
wirklich von Gott selbst gegeben waren … diese Vorstellung [lässt sich]
so nicht mehr halten.« Gott hat demgemäß nicht geredet, ER hat sich
demgemäß nicht offenbart, und alles, was man bisher lehrte und
glaubte, steht damit auf zerbrochenem Fundament. Die hier gegebene
»Begründung« ist zudem durch und durch falsch, denn schon die
Reformatoren wussten, dass es leicht unterschiedliche Manuskripte zu
einzelnen biblischen Büchern gab. Und sie kannten auch Fragen und
Zweifel – aber sie stellten deshalb nicht das Reden Gottes und sein
Wort infrage!
Mit der Publikation »Rechtfertigung und Freiheit« zementiert die
EKD gerade zum Reformationsjubiläum ihren Absturz in die reli
giöse Beliebigkeit. Was vorher schon immer wieder deutlich wurde,
350 Rechtfertigung und Freiheit. 500 Jahre Reformation 2017. Ein Grundlagentext des Rates der Evan
gelischen Kirche in Deutschland (EKD), Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2014, 1. Auflage,
S. 8384.
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wird hier festgeschrieben. Die EKD ist heute von der Wahrheit Got
tes mindestens ebenso weit entfernt, wie es die Kirche Roms in den
Tagen Luthers war! Feiert die EKD jetzt ein Reformationsjubiläum, so
ist das blanke Heuchelei, da sie ja selbst offen dokumentiert, dass sie
die Inhalte und Werte des biblischreformatorischen Protestantismus
längst nicht mehr teilt...https://clv.de/Das-verschleuderte-Erbe/256280,Seite 179-182🤔
nur innerhalb von Landes oder Kantonalkirchen. Weite Kreise von
Gemeinschaften und Freikirchen haben sich schon seit Jahrzehnten
mit der Kritik am Wort Gottes arrangiert. Man redet zwar noch von
der »Autorität des Wortes Gottes«, spricht sich aber zugleich dafür
aus, dass die Bibel Fehler und Widersprüche, Irrtümer und Mängel
enthalte. In der Regel nennt man dies die »gemäßigte Bibelkritik«,
weil zentrale Glaubensinhalte in Bezug auf den Einzelnen und die
Gemeinde nicht infrage gestellt werden, doch zugleich werden Aus
sagen Jesu abgelehnt, und es wird die gesamte Schrift dem Urteil von
Menschen unterworfen.
Doch man möchte – und hier beziehe ich mich primär (aber nicht
nur) auf die Gemeinschaften und Freikirchen – an Christus fest halten,
das Evangelium weiter bezeugen, Gottesdienste feiern … und als
Theologe und Pfarrer, Pastor und Prediger den Spagat zwischen glau
bender Gemeinde und kritischem Studium weiter verkraften. Deshalb
suchte man nach Gleichnissen und Bildern, die in Bezug auf die Bibel
einen anschaulichen und scheinbar harmlosen Unterschied machen,
indem man in der Bibel zwischen dem göttlichen und dem mensch
lichen Wort unterscheiden kann. Dabei wird immer wieder – oft
mit geschickt verschleiernden Worten – der Eindruck ver mittelt: In
der Bibel muss getrennt werden zwischen dem, was Gott tatsächlich
gesagt haben könnte, und dem, was menschlicher Ballast ist, sprich:
Ungereimtheiten und Widersprüche, Fehler und Irrtümer. Die Ent
scheidung liegt beim Menschen, oft bei dem »Studierten«, und so wird
die Bibel schrittweise vielleicht wieder attraktiv …
182
Hier ist nicht der Ort, das weiter zu entfalten, doch hat man in
diesem Zusammenhang den Reformator Martin Luther immer wie
der missbraucht: Er selbst solle derartige Unterscheidungen gemacht
haben, er soll selbst ein »Bibelkritiker« gewesen sein. So wird seine
Formulierung vom Jesuskind in den Windeln dazu gebraucht, dass
man behauptet, es gebe in der Heiligen Schrift Aussagen, die man wie
schmutzige Windeln beiseitelegen müsse – doch hat Luther mit dem
Hinweis auf Windeln sagen wollen, wir sollten zwischen Menschen
wort und Gotteswort in der Bibel unterscheiden?
Hier der Zusammenhang, in dem sich das immer wieder zitierte
Wort von den Windeln findet:
Daß aber diejenigen, so es nicht besser wissen, eine An leitung
und Unterricht haben, nützlich darinnen zu lesen, habe ich diese
Vorrede nach meinem Vermögen, so viel mir Gott gegeben,
gestellet, [ich] bitte und warne treulich einen jeglichen frommen
Christen, daß er sich nicht stoße an der ein fältigen Rede und
Geschichte, so ihm oft begegnen wird, sondern zweifele nicht
daran, wie schlecht es sich immer ansehen lässet, es seyn eitel
Worte, Wercke, Gerichte und Geschichte der hohen göttlichen
Majestät [, Macht] und Weisheit. Denn dieß ist die Schrift, die
alle Weisen und Klugen zu Narren macht und allein den Klei
nen und Albernen offen stehet, wie Christus sagt, Matth. 11,25.
Darum laß deinen Dünkel und Fühlen fahren, und halte von
dieser Schrift, als von dem allerhöchsten, edelsten Heiligthum,
als von der allerreichsten Fundgrube, die nimmermehr gnug
ausgegründet werden mag, auf daß du die göttliche Weisheit
finden mögest, welche Gott hier so albern und schlecht vor leget,
daß er allen Hochmuth dämpffe. Hier wirst du die Windeln und
die Krippen finden, da Christus inne liegt, dahin auch der Engel
die Hirten weiset […] Schlecht und geringe Windeln sind es,
aber theuer ist der Schatz, Christus, der darinnen liegt.351
351 Martin Luther, »Vorrede auf das Alte Testament«, S. 56. In: Dr. Martin Luthers Werke. In einer das
Bedürfnis der Zeit berücksichtigenden Auswahl, zweite vermehrte Auflage, zehnter Theil, Hamburg,
bei Friedrich Perthes, 1828.
Worte in Klammern ergänzt nach anderen Fassungen dieses Zitates. Vgl. WA DB 8, 11, 22 – 12, 8.
Das Wort »albern« hatte damals die Bedeutungsbreite von »allzu gütig, töricht, einfältig«. Das Wort
»schlecht« hatte damals die Bedeutung von »einfach, schlicht«.
183
Hier nun ein Beispiel aus dem Raum des deutschen Pietismus,
mit dem der Verfasser in Bezug auf die Bibel unterscheidend tren
nen will zwischen den einerseits »menschliche[n] Unzulänglich
keiten und Unstimmigkeiten« und dem andererseits »echte[n] und
verbindliche[n] Wort Gottes«. Dafür gebraucht er Luthers Windeln
und die Krippe, die für Helmut Ockert den »menschliche[n] Un
zulänglichkeiten und Unstimmigkeiten« entsprechen:
Gottes Wort im Menschenwort. Menschen haben geredet. Wir
haben das Wort Gottes nur in der Wiedergabe durch Menschen.
Und wo Menschen sind, da gibt es menschliche Unzulänglich
keiten und Unstimmigkeiten. Viele »Aufgeklärte« benutzen das
als Vorwand für ihren Ungehorsam gegenüber dem Wort Got
tes. Wir tun uns und ihnen keinen Dienst, wenn wir alles voll
kommen machen und glatt beweisen wollen, was in der Bibel
steht. Luther vergleicht die Bibel mit den Windeln und der
Krippe, in die das Jesuskind gebettet gewesen sei. Nur der hat
die richtige Antwort für sich und andere, der in den Windeln
und der Krippe das Kind findet, das in ihnen liegt, das echte
und verbindliche Wort Gottes.352
Nur hat Martin Luther tatsächlich sagen wollen, der Bibelleser müsse
»menschliche Unzulänglichkeiten und Unstimmigkeiten« wie Win
deln beiseitelegen? Keinesfalls!
Robert D. Preus schreibt in Bezug auf das Lutherzitat ausdrücklich:
Mit dieser Aussage ist Luther weit davon entfernt, die Schrift
herabzusetzen, stattdessen erhöht er sie; genau das ist seine
Absicht, wenn er sich so ausdrückt. Für ihn hat die Schrift aller
höchsten Wert (und wie oft rühmt er den Wert der Heiligen
Schrift), nicht bloß deshalb, weil sie ihrer Gestalt nach Gottes
Wort und Offenbarung ist, sondern wegen ihres Inhalts und