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22. und 23. September: Papst in Marseille

22. und 23. September: Papst in Marseille 
Das Reiseprogramm


Das katholische Kirchenoberhaupt reist am 22. und 23. September in die französische Mittelmeer-Metropole Marseille. Bei der Visite handelt es sich - wie der Papst selbst betont - nicht um einen Staatsbesuch in Frankreich, sondern um einen Pastoralbesuch der Mittelmeerregion. Im Mittelpunkt stehen Probleme und Chancen beim Thema Migration. Vorgesehen ist auch eine Begegnung mit Staatspräsident Emmanuel Macron. Wir dokumentieren das offizielle Programm und übertragen wie immer auch live.
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Jetzt offiziell: Papst reist Ende September nach Marseille
29/07/2023
Jetzt offiziell: Papst reist Ende September nach Marseille
Apostolische Reise von Papst Franziskus nach Marseille zum Abschluss der „Rencontres Méditerranéennes“ (22. bis 23. September)

Freitag, 22. September 2023, Rom - Marseille

14:35 Uhr: Abflug vom Internationalen Flughafen Rom/Fiumicino nach Marseille

16:15 Uhr: Landung auf dem internationalen Flughafen Marseille

16:15 Uhr: Offizielle Begrüßung durch Premierministerin Elisabeth Borne

17:15 Uhr: Marianisches Gebet mit dem Diözesanklerus in der Basilika „Notre Dame de la Garde“ (Live-Übertragung mit deutschem Kommentar)

18:00 Uhr: Andacht mit Religionsführern an der Gedenkstätte für Seeleute und Migranten, die auf See verschollen sind (Live-Übertragung mit deutschem Kommentar)

Samstag, 23. September 2023, Marseille - Rom

08:45 Uhr: Private Begegnung mit sozial Benachteiligten in der erzbischöflichen Residenz
10:00 Uhr: Schluss-Sitzung der „Mittelmeer-Treffen“ im „Palais du Pharo“ (Live-Übertragung mit deutschem Kommentar)

11:30 Uhr: Treffen mit Staatspräsident Emmanuel Macron im „Palais du Pharo“ (Offizielles Foto, Geschenkeaustausch, Gespräch)

16:15 Uhr: Heilige Messe im „Stade Velodrome“ (Live-Übertragung mit deutschem Kommentar)

18:45 Uhr: Abschiedszeremonie mit Präsident Macron auf dem internationalen Flughafen Marseille und Rückflug nach Rom

20:50 Uhr: Landung auf dem internationalen Flughafen Rom/F
iumicino

(vatican news - mg)

Kommentare

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Klavierspielerin2 16.09.2023 17:03
Hafenstadt Marseille: Migration und Miteinander am Mittelmeer


Immer wieder streicht es Papst Franziskus heraus: Er besuche ein religiöses Treffen in Marseille - nicht aber Frankreich als Land! Was bedeutet das? Nun, zunächst mal: Es geht ihm um das Thema Migration und interkulturelle Verständigung im Mittelmeerraum. Und zweitens: Die großen Länder Europas dürfen ruhig weiter auf mich warten. Sein Fokus liegt auf den Kleinen, auf den Rändern.


Alexander Brüggemann - Marseille

Dafür steht Marseille nämlich auch: Frankreichs älteste und zugleich zweitgrößte Stadt hat einen enormen Migrationsanteil. 90 Prozent der heutigen Stadtbevölkerung haben Vorfahren, die nicht aus Frankreich stammen. Ein Ruf namhafter Kriminalität eilt Marseille voraus.

Doch „Massilia“, einst Gründung griechischer Seefahrer und 2013 Europas Kulturhauptstadt, hat sich auch gemausert, hat an einem Image als Stadt mit Charme gearbeitet. Stadtvillen in bester Lage wurden zu Hotels ausgebaut oder aufwendig renoviert. Ehrgeizige Prestigeprojekte haben die Stadteinfahrt an der Seeseite aufgewertet.

Marseille modern: Die Docks, die heruntergekommene Speicherstadt am Hochseehafen, wurden unter dem Titel „Euromediterranee“ großflächig abgerissen oder umgebaut. Neue Verkehrswege, Parks, Schulen, Freizeitanlagen sind entstanden; ebenso ein topmodernes Europa-Museum, das die Geschichte des Kontinents aus der Perspektive des Mittelmeerraums in den Blick nimmt.

Ungebrochene Religiosität
Diese mediterrane Mentalität spiegelt sich auch in der Brauchtumspflege und in einer tiefen, für Großstadtmenschen ungewöhnlich ungebrochenen Religiosität. „La Bonne Mère“, die gute Mutter, nennen die Marseillais ihr Wahrzeichen Notre-Dame de la Garde, das in 154 Metern Höhe über die Stadt wacht. Mehr als zwei Millionen Menschen jährlich besuchen die Marienkirche aus dem 19. Jahrhundert mit der vergoldeten Madonna als Turmspitze. Und die wenigeren davon sind Touristen, die von hier die prächtige Aussicht auf die Stadt genießen.

Im schmuck gestreiften Inneren beten vor allem die Einwohner selbst: um Schutz und Beistand, für Prüfungen und bei Krankheit - oder auch nur um einen Sieg von „Olympique“, dem ortsansässigen Fußballclub - in dessen schickem Stadion „Velodrome“ Papst Franziskus seine große Messe feiern will. Hier, wo die Stadt in ihrer ganzen Vielfalt vereint sei, so meint der örtliche Erzbischof und Kardinal Jean-Marc Aveline, sei es, als ob der Papst jeden Marseillais zuhause besuche.


(kap)
 
(Nutzer gelöscht) 16.09.2023 19:05
Ah, cool... Merci 
 
hansfeuerstein 16.09.2023 21:43
Ja, wirklich interessant. Dieser Schmelztiegel mit einer Minderheit an Christen.
 
Klavierspielerin2 19.09.2023 17:19
Papst reist nach Marseille: „Uns bewahren vor allem, was entmenschlicht"


Ein „Mosaik der Hoffnung“ wollen diese Woche in der französischen Hafenstadt Marseille junge Gläubige verschiedener Religionen und Kirchenvertreter aus 30 Ländern legen. Papst Franziskus schließt die Tage der „Mittelmeer-Begegnung“ im Rahmen eines zweitägigen Pastoralbesuches mit einer Heiligen Messe ab.


Anne Preckel – Vatikanstadt

Gemeinsam hoffen und Geschwisterlichkeit leben: So lässt sich das Anliegen der Begegnungstage „Les Rencontres Méditerranéennes“ in Marseille (16.-24. September 2023) auf den Punkt bringen, die mit einer gemeinsamen Konferenz von Kirchenvertretern und jungen Leuten und einem Programm an Kulturveranstaltungen aufwarten: Gebete und Gespräche, Kulturevents und Solidaritätsveranstaltungen sehen in dieser Woche die Teilnahme von Vertretern verschiedener Konfessionen und Religionen, von Verbänden und Unternehmen, Bedürftigen und Migranten, Einheimischen und Touristen - und am Freitag und Samstag von Papst Franziskus, der im Rahmen eines zweitägigen Pastoralbesuches in die Stadt reist.

Mosaik der Hoffnung
Der Mittelmeerraum ist ein Mosaik der Kulturen, Völker und Religionen – in Marseille wird dies zur Botschaft: unter dem Motto „Mittelmeer: Mosaik der Hoffnung“ wollen die Teilnehmer der „Rencontres Méditerranéennes“ angesichts von Tendenzen der Entfremdung und Verhärtung in Europa ein gemeinsames Zeichen der Geschwisterlichkeit und Solidarität setzen, das mit Franziskus‘ Besuch ein Ausrufezeichen erhält.

Vatikansprecher Matteo Bruni hob am Dienstag vor Journalisten die interreligiöse und ökumenische Dimension der Veranstaltung hervor. Die MED23-Begegnungen in Marseille böten Gelegenheit, „Dialog und eine Kultur der Begegnung zwischen den Küsten des Mittelmeerraums wachsen zu lassen“. Dabei spielten die Regionen Nordafrika, der Nahe Osten, der Balkan und das westliche Europa eine Rolle. Neues Element dieser Mittelmeer-Konferenz sei, dass explizit junge Leute involviert seien - 70 Vertreter der jungen Generationen traten laut Programm in Marseille in Erscheinung, gemeinsam mit 70 Bischöfen. 

Bruni nannte zwei weitere Schlüsselthemen der Reise: Migration und Umwelt. Immer wieder habe Franziskus vom Mittelmeer als einem der größten weltweiten Friedhöfe gesprochen. Der Papst, der 2013 als quasi erste Amtshandlung Flüchtlinge auf Lampedusa besuchte, dürfte in Marseille erneut zur Fürsorge für die Menschen an den Rändern Europas aufrufen – in einer Zeit, in der statt Aufnahme Nationalismen, statt Solidarität Kalkül die Oberhand gewinnen und Menschen nach wie vor buchstäblich untergehen – wie in diesen Tagen ein Säugling vor Lampedusa. Wie der gastgebende Erzbischof von Marseille, Kardinal Jean-Marc Aveline, ankündigte, wird Franziskus in Marseille u.a. Zeugnisse von Migranten anhören, die über eine gefährliche Route an der französisch-italienischen Grenze in das Land kamen.

Begegnung mit Macron
Am Freitagnachmittag, seinem ersten Reisetag, nimmt Franziskus an einem Marianischen Gebet in der Basilika „Notre Dame de la Garde“ und an einem interreligiösen Gedenken für ertrunkene Seeleute und Migranten teil. Am Samstag nimmt er an der Abschluss-Konferenz mit Kirchenvertretern, jungen Leuten und Vertretern aus Politik und Zivilgesellschaft teil und schließt die „Rencontres Méditerranéennes“ am Nachmittag mit einer Heiligen Messe ab, bevor es zurück in den Vatikan geht.

Den französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron trifft Franziskus nach mehreren Begegnungen im Vatikan (2018, 2021 und 2022) in Marseille ein weiteres Mal. Macron will auch an der Abschlussmesse mit Papst Franziskus teilnehmen. 

Alle Papstansprachen in Marseille sind auf Italienisch. Begleitet wird der Papst von den Kardinälen Miguel Ángel Ayuso Guixot, Dominique Mamberti, Michael Czerny, Robert Francis Prevost, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und Erzbischof Edgar Peña Parra. Radio Vatikan überträgt alle Programmpunkte live und mit deutschem Kommentar über unsere Homepage, Facebook und Youtube, hier alle Zeiten und Programmpunkte im Überblick.

Stimmen aus Marseille
„Wir brauchen Bewahrung vor allem, was uns entmenschlicht, vor allem, was uns daran hindert, Gott und unsere Geschwister zu lieben“

Pater Olivier Spinosa ist Rektor der Basilika Notre-Dame de la Garde, wo am Freitag das Marianische Gebet für die auf See verstorbenen Seeleute und Migranten mit dem Papst stattfindet. Der Rektor sieht im Gebet zur Gottesmutter heute vor allem einen Sinn:

„Wir brauchen Bewahrung vor allem, was uns entmenschlicht, vor allem was uns daran hindert, Gott und unsere Geschwister zu lieben. Behüten bedeutet nicht, dass uns nichts passieren darf, sondern vielmehr, dass wir inmitten von Krisen behütet, beschützt und im Glauben bestärkt werden“, so der Priester aus Marseille. „Mit äußerster Kongruenz ist es genau das, was der Nachfolger Petri zu tun kommt: Uns im Glauben und in dem Willen zu bestärken, jedem Menschen gegenüber aufmerksam zu sein.“

Kardinal Aveline, Erzbischof von Marseille, sieht in den Begegnungen in Marseille und dem Papstbesuch einen klaren Auftrag an alle Gläubigen:

„Stellen wir uns in den Dienst aller, damit wir auf den Bruchlinien, die heute den Mittelmeerraum zerreißen und die so viele Menschen, Arme, Benachteiligte oder Migranten betreffen, dazu beitragen, dass auf der Kälte der Welt das Lächeln der Geschwisterlichkeit erblüht“, sagte der Kardinal am vergangenen Wochenende in einer Predigt vor Auftakt der „Rencontres Méditerranéennes“. Die Ortskirche hatte sich in den Tagen zuvor mit einer Novene im Gebet vorbereitet.

Franziskus werde in Marseille auch mit einigen Migranten zusammentreffen, die über die „Via Alpina“, die durch Briançon führt, nach Frankreich gekommen sind, gab Kardinal Aveline bei einer Pressekonferenz weiter bekannt. Die Begegnung finde beim Besuch des Papstes in der Gedenkstätte für ertrunkene Seeleute und Migranten am Freitagnachmittag statt. Dort würden auch Verbände vertreten sein, die sich für Migranten engagieren, anwesend sein, so der Erzbischof von Marseille.

Briançon liegt an der französisch-italienischen Grenze. Migranten versuchen dort, die Grenze auf gefährlichen Wegen in großer Höhe zu überqueren, um den französischen Kontrollen zu entgehen. Die Route ist auch wegen der extrem niedrigen Temperaturen sehr schwierig. Migranten, die es geschafft haben, die Grenze zu überqueren, werden laut Aveline Papst Franziskus in Marseille von ihren schwierigen Lebensbedingungen berichten.

Beim Angelus bat der Papst am Sonntag um Gebet für seine Reise nach Marseille. Mit Blick auf die Migration rief er die Staaten dazu auf, das Problem gemeinsam anzugehen. Am selben Tag hatten die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und Italiens Premierministerin Meloni die Insel gemeinsam besucht. In Marseille ist im Rahmen von Franziskus' Pastoralbesuch auch ein offizielles Treffen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vorgesehen. 

 

Mit Material von Delphine Allaire – Vatican News (derzeit in Marseille)

- Update am 19. September 13.30 Uhr: Pressebriefing Bruni vom Dienstag -

 

(vatican news/sir – pr)
 
 
Klavierspielerin2 21.09.2023 18:34
Marseille: 3. Mittelmeertreffen der Bischöfe gestartet
Zu den Prioritäten des Dritten Treffen der Bischöfe des Mittelmeerraums gehört die Bewältigung des Migrationsphänomens, wie von Papst Franziskus gefordert, der am Freitag in Marseille eintreffen wird. Das betont Giuseppe Satriano, Erzbischof von Bari-Bitonto, der an der Eröffnung an diesem Donnerstag sprach.


Am ersten Arbeitstag der Bischöfe im Palais du Pharo in Marseille erläutert der Erzbischof von Bari-Bitonto gegenüber der Nachrichtenagentur SIR den „roten Faden“, der das dritte Bischofstreffen mit der von der Italienischen Bischofskonferenz 2020 begonnenen Initiative verbindet: „Marseille wird einen weiteren Raum der Hoffnung anzeigen, in dem wir einen neuen Schritt in Richtung dieser Geschwisterlichkeit schreiben können, die auf einer Kultur der Begegnung und des Willkommens basiert und die Menschen an ihren universellen Wunsch nach Menschlichkeit erinnern kann.“

Davon ist Erzbischof Satriano überzeugt. Der Erzbischof von Bari-Bitonto, der zu Beginn des ersten Arbeitstages der 70 anwesenden Bischöfe im Palais du Pharo in Marseille gemeinsam mit vier weiteren Bischöfen als Vertreter der fünf bei den Rencontres Méditerranéennes gesprochen hat, stellte die Küsten des Mittelmeers als ein Fresko der jeweiligen Länder dar, aus denen die Teilnehmer des Treffens kommen. Von Bari bis Marseille und über Florenz bleibe der „Aufbau einer gesunden Aufnahmepolitik“, wie es Papst Franziskus fordere, der wichtigste Weg in eine Zukunft des Friedens, in der junge Menschen die Protagonisten seien, so der Erzbischof: „In ihren Augen lese ich eine Hoffnung, aber auch eine Entschlossenheit, sich einer Kultur der Gleichgültigkeit entgegen zu stellen, die unweigerlich zur Angst vor anderen führt“, so der Erzbischof.

(sir – mg)
 
Klavierspielerin2 22.09.2023 12:51
Marseille und die Jugend: Was tun angesichts des Migrationsphänomens

Zum ersten Mal treffen sich bei den „Mittelmeertreffen“ neben den Bischöfen auch junge Männer und Frauen aus verschiedenen Ländern des „Mare Nostrum“, die sich mit der Migrationssituation und den damit verbundenen unzähligen Herausforderungen auseinandersetzen. Unter ihnen ist auch der Wirtschaftsprofessor Francesc Almendros, der auf die Früchte dieser Veranstaltung hofft.


Sebastián Sansón Ferrari - Marseille

Francesc Almendros, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Universitat Autònoma de Barcelona in Spanien, hat sehr positive Erwartungen an die „Mediterranean Meetings“ in Marseille. Er ist davon überzeugt, dass die jungen Menschen, die sich bei dieser großen Veranstaltung treffen, eine gemeinsame Basis finden werden, um eine kooperative öffentliche Politik zu entwickeln und große Herausforderungen zu lösen, wie z. B. die Migration sowie Fragen im Zusammenhang mit Wasser und dessen Verteilung.


Der Akademiker vertritt den Mittelmeer-Jugendrat, der sich aus jungen Menschen aus dem gesamten Mare Nostrum-Gebiet zusammensetzt, unter anderem aus dem Kosovo, Zypern, Libanon, Palästina, Algerien, Tunesien, Marokko, Ägypten, Spanien und Italien. Die Einrichtung bietet die Möglichkeit, den eigenen Ideen Gehör zu verschaffen, Botschaften durch Aktionen zu übermitteln, aber auch einen Dialog mit den lokalen, regionalen und nationalen Behörden unserer jeweiligen Länder aufzunehmen.

Botschafter eines Netzwerkes werden
Nach ihrer Rückkehr in ihre jeweiligen Herkunftsorte sollen die jungen Leute „Sprecher“ dessen werden, was sie erlebt haben, und zu „Botschaftern“ eines Netzwerks werden, das sie im Hinblick auf die nächsten Ausgaben dieser Art an anderen Orten im gesamten Mittelmeerraum aufbauen müssen.

Im Rahmen ihrer zahlreichen Aktivitäten setzten sich die Teilnehmer mit ihren persönlichen Geschichten und der Geschichte ihrer Gastgeberstadt auseinander. Sie entwickelten auch einen interreligiösen Dialog mit Teilnehmern anderer Religionen und besuchten kulturell, wirtschaftlich und religiös bedeutsame Orte, die ihnen die Möglichkeit boten, die Kultur der Begegnung zu erleben. Gleichzeitig setzten sie sich mit den Herausforderungen im Mittelmeerraum auseinander, wie dem demografischen Winter, der wirtschaftlichen Unsicherheit und dem Drama der Schiffbrüche von Migranten.

Meinungsaustausch
Ein weiterer wichtiger Vorschlag des Programms sei der Meinungsaustausch zwischen Jugendlichen und Bischöfen über die Realität vor Ort mit dem Ziel, eine Synthese zu erstellen, die Papst Franziskus vorgelegt wird und als Grundlage für die zukünftige Arbeit dienen kann.

Einer der Veranstaltungsorte für die Treffen von etwa 70 Jungen und Mädchen aus verschiedenen Mittelmeerländern mit verschiedenen Bischöfen aus der Region war der Palais du Pharo, der ursprünglich auf Beschluss des Prinzenpräsidenten Louis Napoleon Bonaparte als kaiserliche Residenz gebaut wurde und heute als Zentrum für Kongresse, Tagungen und Symposien dient.

An diesem Ort, der mit den Flaggen des Vatikans, Frankreichs und der Stadt Marseille geschmückt ist, wird am Freitag, den 22. und Samstag, den 23. September, Papst Franziskus auf seiner 44. internationalen apostolischen Reise empfangen. Der Papst wird mit dem Präsidenten der Französischen Republik, Emmanuel Macron, zusammentreffen und die letzte Sitzung der Begegnungen abhalten, bei der der Bischof von Rom eine Rede halten wird.

Wir übertragen diese Events sowie die Messe live und mit deutschem Kommentar. Mehr dazu finden Sie auf unserer Homepage www.radiovatikan.de.

(vatican news - mg)
 
Klavierspielerin2 22.09.2023 12:57
Erzbischof von Rabat: Papst in Marseille, um Gewissen zu wecken

Kardinal López Romero ist aus der marokkanischen Hauptstadt zu den Mittelmeertreffen nach Marseille angereist, um bei der Ankunft von Papst Franziskus am Freitagnachmittag dabei zu sein. „Es gibt keinen Frieden ohne Zusammenarbeit der Menschen zwischen allen Ufern dieses Meeres“, erklärte der Erzbischof von Rabat und ruft zur Einheit zwischen allen Religionen auf, um die Freiheit der Religionsausübung zu gewährleisten.

Delphine Allaire - Marseille

Der tiefe Wunsch, Frieden im Mittelmeerraum zu schaffen, beseelt die 70 Bischöfe aus dem Mittelmeerraum, die seit Mittwoch, zwei Tage vor der Ankunft von Papst Franziskus in Marseille eintrafen und die bei den vorangegangenen Treffen in Bari 2020 und Florenz 2022 begonnene Arbeit fortsetzten. Unter ihnen ist auch Kardinal Cristobal López Romero, Erzbischof der marokkanischen Hauptstadt Rabat, der an diesem Freitag der Eröffnungsmesse für die Bischöfe in der Kirche La Major in Marseille vorsteht.

Als Vorsitzender der Cerna, der Konferenz der nordafrikanischen Bischöfe, hält er von den Mittelmeer-Treffen in Marseille viel, so der Erzbischof gegenüber Radio Vatikan:

„Wir nordafrikanischen Bischöfe haben unseren Gläubigen vor acht Jahren einen Hirtenbrief mit dem Titel 'Diener der Hoffnung' gegeben. Diese Begegnungen können in der Tat eine Quelle der Hoffnung sein. Die Treffen in Bari, Florenz und jetzt in Marseille haben uns bereits geholfen zu verstehen, dass wir alle zum Mittelmeerraum gehören, trotz unserer Unterschiede. Dies lädt uns dazu ein, das Mittelmeer nicht zu einer Grenze des Friedens, sondern zu einem Frieden ohne Grenzen zu machen. Die erste Frucht dieser Begegnungen sollte daher darin bestehen, Frieden zu schaffen und in der Einheit zu wachsen.“

Die Hauptanliegen
Den anderen Bischöfen, die zu diesen Treffen zusammengekommen sind, wolle er sein Hauptanliegen mitteilen, fügt er an:

„Zuallererst müssen wir uns unserer Einheit bewusst sein. Was uns eint, ist wichtiger als das, was uns trennt. Das ist logisch, denn wir sind alle Bischöfe, wir teilen denselben Glauben an Christus, der uns antreibt. Aus dieser Einheit heraus müssen wir zu Frieden und Einheit im Mittelmeerraum beitragen. Es gibt zu viele Konflikt- und Spannungsherde in dieser Region, man denke nur an den Balkan, an Kroatien und Serbien, an Marokko und Algerien, an Griechenland und die Türkei, an Israel und Palästina, ganz zu schweigen von Syrien, Irak oder der Ukraine und Russland, die zum Schwarzen Meer und damit zum Mittelmeer gehören.“

Der Schutz der Christen, an einigen Küsten des Mittelmeers mehr als an anderen, und die Religionsfreiheit stünden ebenfalls im Mittelpunkt dieser Treffen. Wie kann dies im Mittelmeerraum gewährleistet werden? Dazu Erzbischof López Romero:

„Wir Katholiken stellen nur einen kleinen Teil der Menschheit im Mittelmeerraum dar. Deshalb sollten wir zu interreligiösen und ökumenischen Begegnungen im Mittelmeerraum aufrufen, mit Muslimen und Orthodoxen. Es geht nicht nur darum, die Rechte von Katholiken oder Christen zu verteidigen, sondern das Recht aller auf Gewissens- und Religionsfreiheit. Wenn Katholiken in einigen Ländern leiden, leiden Muslime in anderen, und Juden sind mancherorts Opfer von Antisemitismus. Die Religionsfreiheit wird niemals erreicht werden, wenn die Religionen nicht für das Gemeinwohl zusammenarbeiten.“

(vatican news - mg)
 
Klavierspielerin2 22.09.2023 13:02
Parolin: Papstreise soll Einheit in wichtigen Fragen fördern

Papst Franziskus reist an diesem Freitag zum Abschluss des 3. Treffens der Mittelmeerländer nach Marseille. Die Reise ist Gelegenheit, den Zusammenhalt der EU-Staaten zu fördern, vor allem mit Blick auf die Migration. Das hebt der vatikanische Kardinalstaatssekretär, Pietro Parolin, im Interview mit den Vatikanmedien hervor.

Massimiliano Menichetti - Vatikanstadt

Konkret müsse Europa möglichst schnell einen Konsens über den neuen EU-Pakt zu Migration und Asyl finden, sagte der Kardinal kurz vor der Papstreise nach Marseille: „Alle europäischen Länder müssen gemeinsam Verantwortung für die Situation im Mittelmeer übernehmen, fernab von Slogans und Gegensätzen und mehr die Gesichter als die Zahlen eines komplexen und dramatischen Problems im Auge behalten.“ Auf seiner zweitägigen Reise (22.-23. September) schließt Franziskus in der Mittelmeermetropole Marseille das 3. Treffen der Mittelmeerländer („Les Rencontres Méditerranéennes“) ab.

Vatican News: Beim Mittelmeer-Treffen kommen katholische Bischöfe von 30 Ländern des Mittelmeerraums mit Bürgermeistern und Jugendlichen zusammen. Was wird der Papst mitbringen zu dem Treffen?

Kardinal Parolin: Der Heilige Vater hat die Einladung angenommen, nach Bari und Florenz an dieser dritten Ausgabe der „Mittelmeertreffen“ teilzunehmen, weil er darin eine wertvolle Gelegenheit zum Austausch und zum Aufbau des Gemeinwohls sieht. Die Mittelmeertreffen fördern in der Tat Einheit bei der Bewältigung gemeinsamer und entscheidender Herausforderungen - für eine Zukunft, die, ob es uns gefällt oder nicht, gemeinsam sein wird oder nicht, wie der Papst uns wiederholt in Erinnerung gerufen hat. Die Mittelmeertreffen finden in einem Kontext statt, der in fast einzigartiger Weise verschiedene Territorien, Völker, Geschichten und Religionen zusammenbringt. Ich glaube, dass der Heilige Vater in Marseille ein Zeugnis für diesen Geist des Zusammenhalts und der Konkretheit ablegen möchte. Im Mittelmeerraum ist die vorherrschende Debatte derzeit mit der Migrationsfrage verbunden, bei der über Schwierigkeiten hinaus gerade die Notwendigkeit deutlich wird, die Probleme gemeinsam und mit weitsichtigen Visionen anzugehen und nicht nur als aktuelle Notfälle, die jeder nach seinen eigenen Interessen anzugehen versucht.


Vatican News: Wie können wir Willkommenskultur, Dialog und Frieden in einer Welt schaffen, die sich schwertut, das Gesicht der Bedürftigen zu erkennen?

Kardinal Parolin: Wir sollten wirklich anfangen, ernsthaft und aktiv an den Dialog zu glauben, der kein nützliches Instrument zur Durchsetzung der eigenen Positionen ist, sondern ein offener Weg, um gemeinsame Lösungen zu finden. Es ist wahr, dass es der Welt schwerfällt, die Gesichter der Bedürftigen zu erkennen: So viele Probleme werden leider eher anhand von „Zahlen“ als anhand von „Gesichtern“ behandelt. Wenn wir über das Drama der Migranten nachdenken, müssen wir zuerst von der Priorität der Menschenwürde ausgehen - vor allen anderen Erwägungen, wie legitim diese auch sein mögen. Wir müssen jenes ideologische Denken vermeiden, vor dem der Papst warnt und das oft propagandistische Theorien über die Realität der Fakten stellt. Die Migrationsproblematik ist ein komplexes Phänomen, für das es keine einfachen und sofortigen Lösungen gibt und das nicht mit Slogans und Versprechungen angegangen werden sollte. Es braucht, wie auch der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge vor einigen Tagen in Erinnerung gerufen hat, „einheitliche Aktionen“, die wirklich Ressourcen binden, um bessere Aufnahmebedingungen, Frieden und Stabilität zu gewährleisten.

Vatican News: Kriege, Armut und Gewalt sind oft der Grund für die Flucht der Menschen. Welche konkreten Schritte sollten unternommen werden, um die internationale Gemeinschaft wachzurütteln?

Kardinal Parolin: Auch wenn es Kriege, Armut und Gewalt sind, die die Entscheidung, das eigene Land zu verlassen, bestimmen, dürfen wir nicht vergessen, dass diese Gründe von denen verursacht werden, die Gewalttaten begehen, die Konflikte auslösen, die politische Entscheidungen treffen, die nicht auf das Gemeinwohl ausgerichtet sind. Der erste Schritt besteht also darin, Verantwortung für die Entscheidungen zu übernehmen, die wir jeden Tag in unseren Häusern, in unseren Familien, im Freundeskreis, am Arbeitsplatz, in der Schule, in unseren Gesellschaften und in unseren Regierungen treffen. Krisen sind kein Zufall, sondern eine Frage persönlicher und kollektiver Entscheidungen. Es bedarf einer Umkehr – als Ausgangspunkt für positive politische Vorschläge, Investitionen und soziale Projekte, die darauf abzielen, eine Kultur der Liebe und eine brüderliche Gesellschaft aufzubauen, in der die Menschen nicht gezwungen sind zu fliehen, sondern in Frieden, Sicherheit und Wohlstand leben können.

Gemeinsam Verantwortung übernehmen
Vatican News: In den letzten Tagen haben die Anlandungen von Migranten an der italienischen Küste, insbesondere auf Lampedusa, zugenommen. Was soll man den Bewohnern der Insel sagen, die sie immer willkommen geheißen haben, aber seit Jahren darum bitten, nicht allein gelassen zu werden?

Kardinal Parolin: Zunächst einmal ist keine gute Tat nutzlos, keine Geste der Liebe und der Nächstenliebe ist vergeblich! Christus ist in unseren Versuchen, die Geringsten unter uns zu lieben und für sie zu sorgen, gegenwärtig, und in jedem Akt der Großzügigkeit begegnen wir Ihm und erfahren Seine Gegenwart. Diejenigen, die sich um Migranten und Flüchtlinge kümmern, können jedoch nicht ohne die Unterstützung der Regierungen wirken und können mit dieser Situation nicht allein gelassen werden. Sie brauchen Solidarität auf nationaler und internationaler Ebene. Mehr als ein Aktionsplan wird derzeit auf politischer Ebene diskutiert. Nicht nur in Italien, sondern auch in Europa. Ich denke dabei sowohl an die verschiedenen Entwicklungsprojekte in Afrika als auch an den neuen EU-Pakt für Migration und Asyl. Zu diesem Pakt muss so schnell wie möglich ein Konsens gefunden werden. Alle europäischen Länder müssen gemeinsam die Verantwortung für die Situation im Mittelmeer übernehmen!

Vatican News: Wenn man über Migrationsströme spricht, hat man den Eindruck, dass wir uns immer im „Jahr Null“ befinden... Dabei gibt es doch etablierte Modelle der Integration und Aufnahme. Wie wichtig ist es, diese umzusetzen und positiv zu kommunizieren?

Kardinal Parolin: Es gibt ,Best Practices‘ und Aktionspläne, wir fangen nicht bei Null an. Es gibt Modelle, die sicherstellen können, dass die Migration sicher, geordnet und regulär abläuft. Daher sind wir alle aufgerufen, über die Rhetorik hinauszugehen und wirksame Maßnahmen zu ergreifen, die eine Überlastung des Aufnahmesystems für Migranten vermeiden und die Arbeit der Menschen vor Ort unterstützen.

Vatican News: Was können wir von dem Treffen in Marseille erwartet, zu dem der Papst reist?

Kardinal Parolin: Der Titel der Begegnungen „Mosaik der Hoffnung“ fasst die Erwartungen gut zusammen: Es geht darum, die Hoffnung wiederzubeleben, und zwar in einer Zeit, in der man ein Klima großer Intoleranz und Gleichgültigkeit wahrnimmt. Es geht darum, sich gemeinsam auf grundlegende Themen zu einigen, bei denen es nicht auf verschiedene Seiten und Gegensätze ankommt, sondern auf Zusammenarbeit und guten Willen! Ich denke dabei an Migration, aber auch an die Herausforderungen des Friedens, des Klimawandels, des Kampfes gegen den Hunger... In diesem Sinne stellt das Treffen in Marseille als Ausdruck einer gemeinsamen Arbeit von kirchlichen und zivilen Verantwortlichen eine Gelegenheit dar, Hoffnung auf konkrete Weise zu fördern.

(vatican news)
 
Klavierspielerin2 22.09.2023 14:33
Marseille: Chaos und großes Interesse

D-Day in Marseille: Die Hafenstadt richtet am Freitag und Samstag einen knapp dreißigstündigen Besuch des Papstes aus.


Delphine Allaire, Marseille

„Habemus papam!“, titelt die Regionalzeitung La Provence an diesem Freitag. Der Besuch ist historisch, da noch nie ein Papst der Neuzeit die Stadt besucht hat. Wenige Stunden vor der Ankunft des Papstes waren in den Straßen der zweitgrößten Stadt Frankreichs Euphorie und Aufregung zu spüren; vielerorts wehen Flaggen des Vatikans zusammen mit denen von Marseille und Frankreich.

Ausgebuchte Hotels
Ausgebuchte Hotels, beschlagnahmte Fähren, chaotischer Verkehr – das sonst eher gemächliche Marseille erlebt seine hektischste Woche des Jahres. Einwohner, Kioskbesitzer und Taxifahrer sind sich einig, dass sie in der Stadt noch nie so viele Menschen auf einmal gesehen haben. Die Umgebung der Basilika hoch über der Stadt, in der der Papst am Freitag beten wird, und des „Palais du Pharo“ in der Nähe der Strände sind weiträumig abgesperrt; in dem Palais wird Franziskus am Samstag eine große Rede zum Thema Mittelmeer vor 900 Personen halten, darunter Präsident Emmanuel Macron, die First Lady und eine Reihe von Offiziellen.


Große Messe im Stadion
Höhepunkt dieser dreißig Stunden ist die „ausverkaufte“ Messe im „Stade Vélodrome“ am Samstag, an der 67.000 Gläubige, 800 Chorsänger, 700 Priester und 150 Bischöfe teilnehmen werden. Zuvor wird Franziskus einen Kilometer lang im Papamobil über die „Avenue du Prado“ fahren, wo man mit ungefähr 100.000 Zaungästen rechnet.

Für den Papst werden 5.000 Polizisten und 1.000 Sicherheitsbeamte eingesetzt, was eine enorme sicherheitstechnische und logistische Herausforderung für die Stadt bedeutet. Die Präfektur des Departements Bouches-du-Rhône erklärt: „So etwas hat es in Marseille noch nie gegeben“.

(vatican news)
 
Klavierspielerin2 22.09.2023 17:32
Marseille: offizielle Begrüßung

https://youtu.be/S5vbvKgFaJQ?si=yIrcboIwKAAp245F
 
Klavierspielerin2 22.09.2023 17:42
Der Papst ist in Marseille eingetroffen

Papst Franziskus in Marseille eingetroffen. In der zweitgrößten und ältesten Stadt Frankreichs will er an einem internationalen Mittelmeer-Treffen teilnehmen.


Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Gegen 14.35 Uhr war die „ITA Airways“-Maschine mit Franziskus und seinem Gefolge an Bord auf dem römischen Flughafen Fiumicino vom Rollfeld abgehoben. Um 16.03 Uhr traf er auf dem Flughafen von Marseille ein, wo ihn die französische Premierministerin Elisabeth Borne und der Erzbischof der Stadt, Kardinal Jean-Marc Aveline, begrüßten. Vier Kinder in provenzalischer Tracht überreichten dem Gast aus Rom Blumen. Als die Hymnen des Vatikans und Frankreichs ertönten, erhob sich Franziskus aus dem Rollstuhl.

Papst verurteilt Grausamkeit gegenüber Migranten
Während des Flugs in Richtung Marseille hatte der Papst mitreisenden Journalisten gegenüber „Grausamkeit und Mangel an Menschlichkeit“ verurteilt, die viele Migranten erführen. Er hoffe, dass er in Marseille („der Tür und dem Fenster zum Mittelmeer“) den Mut finden werde, alles deutlich auszusprechen, was ihm am Herzen liege. 

Der erste Termin des Papstes in Marseille ist ein Gebet in der ikonischen Basilika Notre-Dame-de-la-Garde hoch über der Stadt. Im Mittelpunkt der knapp dreißigstündigen Papstreise – vermutlich Franziskus‘ letzte internationale Reise in diesem Jahr – steht das Thema Migration; es liegt dem Papst, der selbst Nachfahre italienischer Einwanderer nach Argentinien ist, besonders am Herzen. Noch am Freitagabend will er zusammen mit Religionsführern im Hafen an einem bronzenen Gedenkkreuz beten, das an ertrunkene Seeleute und Migranten erinnert.

Beim Abflug aus Rom
Beim Abflug aus Rom
Migration im Fokus
Weitere Programmpunkte sind am Samstag die Schlusssitzung des Mittelmeertreffens, an dem Politiker, Religionsführer und junge Leute teilnehmen, sowie eine Messfeier. In Frankreich, dem Land der staatlich verordneten „Laizität“ (laicité), hat es für große Aufmerksamkeit gesorgt, dass Staatspräsident Emmanuel Macron den Papst am Samstag im „Palais du Pharo“ empfangen und auch an Franziskus‘ Messfeier teilnehmen will. Der Vatikan betont, wie üblich, den patoralen Charakter der Visite.

Es ist die 44. Auslandsreise des Papstes in seiner gut zehnjährigen Amtszeit. Nach dem Renaissance-Pontifex Clemens VII. im 16. Jahrhundert ist es erst das zweite Mal in der Geschichte, dass ein Papst Marseille besucht. Franziskus hat zuletzt im August am katholischen Weltjugendtag in Lissabon/Portugal teilgenommen sowie Anfang September die Mongolei bereist.

Das komplette Programm der Papstreise finden Sie hier.

(vatican news)
 
Klavierspielerin2 22.09.2023 18:28
Marseille: Der Papst und die „Theologie des Mittelmeers“

Ja, es gibt so etwas wie ein Mittelmeer-Lehramt von Papst Franziskus: Seit seiner Wahl 2013 hat der Argentinier, der aus einer der großen Hafenstädte Lateinamerikas stammt, 17 Länder des „Mare Nostrum“ bereist.


Damit wirft er Licht auf einen schwindelerregenden geografischen, zivilisatorischen und theologischen Raum, in dem etwa die drei abrahamitischen Religionen entstanden sind. Franziskus ist davon überzeugt, dass es eine „Theologie des Mittelmeers“ gibt; bei einer Konferenz in Neapel hat er sie 2019 durchbuchstabiert.

Interview
Welche theologische Bedeutung haben die Mittelmeertreffen wie jenes, an dem jetzt Papst Franziskus in Marseille teilnimmt?

Pater Patrice Chocholski, Direktor des „Katholischen Instituts für das Mittelmeer“ in Marseille: „Die Geschichte des Mittelmeerraums erzählt von einem kontinuierlichen Hin und Her von glücklichen und dramatischen Beziehungen, von Konfrontation und Dialog. Sie führt uns vor Augen, dass es sich um einen Ort der Offenbarung handelt, der uns sagt, dass Gott Dialog ist und dass der Dialog der Ort Gottes ist. Das Mittelmeer bildet sozusagen ein relationales Zwischenreich; an seinen Ufern entstand das Nachdenken der Philosophen über das Wort, den Logos. Wir denken da natürlich an die Genesis und an den Prolog des Johannesevangeliums: Im Anfang war das Wort…“

Die Kathedrale von Marseille
Die Kathedrale von Marseille
Ist das, was Papst Franziskus die „Theologie des Mittelmeers“ nennt, eigentlich neu, oder hat es das schon immer gegeben?

„Dass es ein theologisches Netzwerk gibt, vom Institut Catholique de la Méditerranée hin zu Theologen der verschiedenen Ufer, das ist ziemlich neu. Es holt das Denken zum Thema Dialog noch mal auf ganz neue Weise in die Theologie hinein.“

Welche theologische Verantwortung trägt die katholische Kirche im Mittelmeerraum?

„Die Einzigartigkeit des mediterranen Kontextes, der auch die Wiege der drei großen monotheistischen Religionen und großer Philosophien ist - ich denke dabei insbesondere an das griechische Erbe -, drängt uns vor allem dazu, unsere Beziehungen zum Volk Israel neu zu überdenken. Hier geht es vor allem darum, dass sich die katholische Theologie von den letzten Spuren der sogenannten Substitutionstheorie befreit. Die Theologie wird zu tiefer Demut und Sensibilität gegenüber dem anderen aufgefordert. Es ist das ‚Du‘, das das ‚Ich‘ entstehen lässt, das ‚Du‘ des anderen, das unser ‚Wir‘ entstehen lässt. Das ist theologisch noch nicht zu Ende gedacht.

In Marseille sind wir sehr von Christian de Chergé (einem in Algerien ums Leben gekommenen Trappisten, Anm.d.Übs.) inspiriert, der sich die Frage nach den Völkern des Mittelmeerraums stellte, insbesondere nach den Völkern des Islam. Das inspiriert uns so sehr, dass wir an einer katholischen Schule des Dialogs arbeiten – mit Partnern im Mittelmeerraum, im Libanon, bis hin zum Irak, in Neapel, Bari, Rabat in Marokko, Pisa, auch mit Forschern in Haifa, Kairo, Barcelona. Außerdem stehen wir in Verbindung mit jüdischen Theologen, muslimischen Forschern, Persönlichkeiten aus der agnostischen oder atheistischen Welt. Der Dialog als Ort Gottes stört sie nicht, ganz im Gegenteil, er fordert sie heraus. Diese mediterrane Pluralität kann dem Rest der Welt viel sagen, Möglichkeiten für den Frieden.“

Warum gibt es im Mittelmeerraum so viele Städte mit speziellen Botschaften?

„Es gibt hier eine kulturelle und religiöse Pluralität von Menschen, die aus mehreren Kontinenten kommen, aus Asien, Nordafrika und Europa, ganz zu schweigen von den Migranten aus anderen Kontinenten, die von der mediterranen Familie sehr freundschaftlich aufgenommen werden. Ich sehe es hier in Marseille: Die kulturelle Pluralität, die religiöse Pluralität ist kein Hindernis für unsere Beziehungen. Die Beziehung steht an erster Stelle. Vielleicht spielen auch das Klima und die Gastronomie eine Rolle.

Wir haben auch Unternehmen, die uns sagen: ‚Kommt und helft uns, bietet uns Schulungen zum interkulturellen und interreligiösen Dialog an‘. Fußballvereine bitten uns darum; die sagen uns: ‚Wenn es Euch gelingt, religiöse Fragen nicht auf die Ebene der Probleme und Blockaden, sondern auf die Ebene der Lösungen zu stellen, dann werden wir erfolgreiche Fußballmannschaften haben, denn unter den Spielern gibt es Muslime, Christen, Juden, Buddhisten‘.“

(vatican news – sk)
 
 
Klavierspielerin2 23.09.2023 09:56
Papst in Marseille: Öffnen wir die Türen!


In der Hafenstadt Marseille, die für Offenheit, aber auch Kriminalität und soziale Konflikte steht, hat Franziskus seinen ersten öffentlichen Termin wahrgenommen. Bei der Begegnung mit Priestern, Ordensleuten und Seelsorgenden in der Basilika „Notre-Dame de la Garde“ warnte er vor Distanz und Vorurteilen. „Mögen die vom Leben Verwundeten in eurem Blick einen sicheren Hafen finden,“ so der Appell zum Auftakt seines Besuchs in der Stadt mit hohem Migrationsanteil.


Silvia Kritzenberger - Vatikanstadt

Die Glocken der Basilika läuteten, als Franziskus an dem neobyzantinischen Gebäude aus dem 19. Jahrhundert eintraf. Von hier oben, am höchsten Punkt Marseilles, hat man einen herrlichen Blick über die Stadt und das Meer. Während der Papst im Rollstuhl zu seinem Sessel vor dem Altar geschoben wurde, sang ein Chor das Ave Maria. Franziskus segnete eine Kerze, die an seinen Besuch erinnern soll, und betete einen Moment vor einer Marienstatue. Dann hieß ihn Kardinal Jean-Marc Aveline willkommen - mit dem Hinweis, dass Notre Dame de la Garde allen Einwohnern Marseilles, nicht nur den Christen, viel bedeute.

Am höchstem Punkt der Stadt
„Mit meiner Ankunft in Marseille habe ich mich großen Gestalten angeschlossen: der heiligen Theresia vom Kinde Jesus, dem heiligen Charles de Foucauld, dem heiligen Johannes Paul II. und so vielen anderen, die als Pilger hierhergekommen sind, um sich der Vierge de la Garde anzuvertrauen. Unter ihren Mantel stellen wir die Früchte der Mittelmeer-Treffen sowie die Erwartungen und Hoffnungen in euren Herzen.“ So begann der Papst seine erste Ansprache in Marseille, das zum ersten Mal seit dem fernen 1553 wieder einen Papst in seiner Mitte begrüßen durfte.



La „Bonne Mère“, gute Mutter, nennen die Einwohner der Stadt ihr Wahrzeichen „Notre-Dame de la Garde“ - eine elf Meter hohe, vergoldete Marienstatue, die in 154 Metern Höhe über die Stadt wacht. Mehr als zwei Millionen Menschen kommen jedes Jahr in die Marienkirche, „die nicht zum Gedenken an ein Wunder oder eine besondere Erscheinung erbaut wurde, sondern einfach deshalb, weil das heilige Volk Gottes seit dem 13. Jahrhundert hier auf dem Hügel von La Garde die Gegenwart Gottes durch die Augen seiner heiligen Mutter gesucht und gefunden hat“.


Marseille: Kreuzungspunkt der Völker
Die Priester, Seminaristen, Ordensleute und Seelsorgenden, die in der Basilika anwesend waren, erinnerte Franziskus daran, dass Priester und Gottgeweihte dazu berufen seien, sich den zärtlichen Blick Marias zueigen zu machen, um mitfühlende Männer und Frauen zu werden.

„Öffnen wir die Türen der Kirchen und Pfarrhäuser, vor allem aber die des Herzens, um durch unsere Güte, Freundlichkeit und Gastfreundschaft das Antlitz unseres Herrn zu zeigen,“ forderte das Kirchenoberhaupt. „Wer zu euch kommt, möge nicht auf Distanz und Urteile stoßen, sondern auf das Zeugnis einer demütigen Freude, die fruchtbarer ist als jede zur Schau gestellte Fähigkeit. Mögen die vom Leben Verwundeten in eurem Blick einen sicheren Hafen finden, eine Ermutigung in eurer Umarmung, eine liebevolle Berührung in euren Händen, welche Tränen abzuwischen vermögen.“

Es gelte, „die Menschen durch die Gnade von den Fesseln der Sünde zu lösen und sie von Blockaden, Schuldgefühlen, Verbitterung und Ängsten zu befreien, gegen die sie allein nicht ankommen.“


Zu einem lebendigen Evangelium werden

„Seid allen nahe, besonders den Schwachen und den weniger Privilegierten, und lasst es den Leidenden niemals an eurer aufmerksamen und taktvollen Nähe fehlen. So wird in ihnen, aber auch in euch, der Glaube wachsen, der die Gegenwart belebt, die Hoffnung, die die Zukunft erschließt, und die Liebe, die ewig währt.“

Seinen Zuhörern legte er neben dem Breviergebet, der täglichen Bibelbetrachtung, dem Rosenkranz und jedem andere Gebet besonders die Anbetung ans Herz, damit sie „mit den Gesichtern derer erfüllt werden, die euch die Vorsehung auf den Weg gestellt hat“.


„Auch wir, liebe Brüder und Schwestern, werden in dem Maße zu einem lebendigen Evangelium, in dem wir es weitergeben, indem wir aus uns herausgehen und sein Licht und seine Schönheit mit einem demütigen, freudigen Leben widerspiegeln, das reich an apostolischem Eifer ist. Mögen uns die vielen Missionare, die von diesem hoch gelegenen Ort aus aufgebrochen sind, um der ganzen Welt die frohe Botschaft von Jesus Christus zu verkünden, dabei eine Ermutigung sein,“ so der abschließende Wunsch von Papst Franziskus.


(vaticannews – skr)
 
 
Klavierspielerin2 23.09.2023 10:03
Wortlaut: Was der Papst vor dem Denkmal für Ertrunkene sagte


Wir dokumentieren hier in deutscher Übersetzung die Ansprache, die Papst Franziskus in Marseille bei einer Andacht mit Religionsführern vor einem Denkmal für auf See verschollene Seeleute und Migranten gehalten hat.


Liebe Brüder und Schwestern,

danke, dass ihr hier seid. Vor uns liegt das Meer, ein Quell des Lebens, doch dieser Ort hier erinnert an die Tragödie der Schiffbrüche, die Tod verursachen. Wir sind hier versammelt, um derer zu gedenken, die nicht überlebt haben, die nicht gerettet wurden.

Gewöhnen wir uns nicht daran, Schiffbrüche als Schlagzeilen und die Toten auf See als bloße Zahl zu betrachten: Nein, es sind Namen und Nachnamen, es sind Gesichter und Geschichten, es sind zerstörte Leben und zerbrochene Träume. Ich denke an die vielen Brüder und Schwestern, die in Angst ertrunken sind, zusammen mit den Hoffnungen, die sie in ihren Herzen trugen. Angesichts eines solchen Dramas braucht es keine Worte, sondern Taten. Noch davor ist jedoch Menschlichkeit gefragt: Stille, Tränen, Mitgefühl und Gebet. Ich lade euch nun zu einer Schweigeminute im Gedenken an diese unsere Brüder und Schwestern ein: Lassen wir uns von ihrem Schicksal berühren. [Moment der Stille]

Zu viele Menschen, die vor Konflikten, Armut und Umweltkatastrophen fliehen, erfahren in den Wellen des Mittelmeers die endgültige Ablehnung ihrer Suche nach einer besseren Zukunft. Und so ist dieses wunderschöne Meer zu einem riesigen Friedhof geworden, wo viele Brüder und Schwestern selbst des Rechtes auf ein Grab beraubt werden – nur die Menschenwürde wird hier begraben. In dem Erfahrungsbuch „Fratellino“ sagt der Protagonist am Ende der beschwerlichen Reise, die ihn von der Republik Guinea nach Europa führt: »Wenn du auf dem Meer bist, stehst du an einem Scheideweg. Auf der einen Seite ist das Leben, auf der anderen der Tod. Es gibt keine anderen Auswege« (A. ARZALLUS ANTIA - I. BALDE, Fratellino, Mailand 2021, 107).

Freunde, auch vor uns liegt ein Scheideweg: auf der einen Seite die Geschwisterlichkeit, die die menschliche Gemeinschaft mit Guten bereichert; auf der anderen Seite die Gleichgültigkeit, die das Mittelmeer mit Blut befleckt. Wir befinden uns an einem Scheideweg der Zivilisation: Entweder die Kultur der Menschlichkeit und der Geschwisterlichkeit oder die Kultur der Gleichgültigkeit: Jeder richtet es sich, wie er kann.

Wir können uns nicht damit abfinden, Menschen zu sehen, die als Tauschware behandelt, eingesperrt und auf grausame Weise gefoltert werden. Wir können nicht länger die Tragödien von Schiffbrüchen mitansehen, die durch abscheulichen Menschenhandel und einen Fanatismus der Gleichgültigkeit verursacht werden. Gleichgültigkeit wird fanatisch. Menschen, die zu ertrinken drohen, wenn sie auf den Wellen ausgesetzt werden, müssen gerettet werden. Das ist eine Pflicht der Menschlichkeit, eine Pflicht der Zivilisation!

Der Himmel wird uns segnen, wenn wir uns zu Lande und zu Wasser um die Schwächsten kümmern, wenn es uns gelingt, die Lähmung der Angst und die Gleichgültigkeit zu überwinden, die mit Samthandschuhen zum Tod verurteilt. Darin müssen wir Vertreter der verschiedenen Religionen ein Beispiel geben. Gott hat in der Tat Vater Abraham gesegnet. Er wurde dazu berufen, seine Heimat zu verlassen: »Er zog weg, ohne zu wissen, wohin er kommen würde« (Hebr 11,8). Als Gast und Pilger in einem fremden Land nahm er die Wanderer auf, die an seinem Zelt vorbeikamen (vgl. Gen 18): »Aus seiner Heimat verbannt, heimatlos, war er selbst das Heim und die Heimat aller« (HL. PETRUS CHRYSOLOGUS, Vorträge, 121). »Dafür erhielt er zum Lohn seiner Gastlichkeit die Frucht der Nachkommenschaft« (HL. AMBROSIUS VON MAILAND, De officiis, II, 21).

An den Wurzeln der drei monotheistischen Religionen des Mittelmeerraums steht also die Gastfreundschaft, die Liebe zum Fremden im Namen Gottes. Und das ist unerlässlich, wenn wir wie unser Vater Abraham von einer gedeihlichen Zukunft träumen. Vergessen wir nicht den Kehrvers der Bibel. Waisen, Witwen, Migranten, also Fremde. Waisen, Witwen, Fremde: Gott trägt uns auf, sie zu schützen.

Wir Glaubenden müssen daher beispielhaft darin sein uns gegenseitig und geschwisterlich anzunehmen. Die Beziehungen zwischen religiösen Gruppen sind oft nicht einfach aufgrund des nagenden Extremismus und der ideologischen Plage des Fundamentalismus, die das reale Leben der Gemeinschaften zersetzen. Ich möchte in dieser Hinsicht an das erinnern, was ein Mann Gottes, der nicht weit von hier lebte, geschrieben hat: »Niemand soll Hassgefühle gegen seinen Nächsten in seinem Herzen hegen, sondern Liebe, denn wer auch nur einen Menschen hasst, wird nicht ruhig vor Gott stehen können. Gott erhört sein Gebet nicht, solange er Zorn in seinem Herzen hegt« (HL. CAESARIUS VON ARLES, Reden, XIV, 2).

Heute steht auch Marseille, das von einem bunten religiösen Pluralismus geprägt ist, vor einem Scheideweg: Begegnung oder Konfrontation. Und ich danke euch allen, die ihr euch auf den Weg der Begegnung begebt: Ich danke euch für euer solidarisches und konkretes Engagement für die Förderung des Menschen und für die Integration. Es ist schön, dass es hier, gemeinsam mit verschiedenen Initiativen der Arbeit mit den Migranten, Marseille-Espérance gibt, eine Einrichtung des interreligiösen Dialogs, die sich für Geschwisterlichkeit und ein friedliches Zusammenleben einsetzt. Blicken wir auf die Pioniere und Zeugen des Dialogs wie etwa Jules Isaac, der in der Nähe lebte und dessen 60. Todestag kürzlich begangen wurde. Ihr seid das Marseille der Zukunft. Macht weiter und lasst euch nicht entmutigen, damit diese Stadt für Frankreich, für Europa und für die Welt ein Mosaik der Hoffnung sein kann.

Als Wunsch möchte ich abschließend einige Worte zitieren, die David Sassoli in Bari anlässlich eines früheren Mittelmeer-Treffens gesagt hat: »In Bagdad, im Haus der Weisheit des Kalifen al-Ma'mun, trafen sich einst Juden, Christen und Muslime, um die heiligen Schriften und griechischen Philosophen zu lesen. Heute verspüren wir alle, Glaubende wie Nichtglaubende, die Notwendigkeit, dieses Haus wiederaufzubauen, um gemeinsam weiter die Götzen zu bekämpfen, Mauern niederzureißen, Brücken zu bauen und einem neuen Humanismus Gestalt zu geben. Tief in unsere Zeit hineinzuschauen und sie noch mehr zu lieben, wenn es schwierig ist, sie zu lieben, ist meiner Meinung nach die Saat, die in diesen Tagen, die sich so aufmerksam unserem Schicksal widmen, gesät wurde. Hören wir auf, uns vor den Problemen zu fürchten, vor die der Mittelmeerraum uns stellt. [...] Für die Europäische Union und für uns alle hängt unser Überleben davon ab« (Rede anlässlich des Treffens zur Reflexion und Spiritualität „Mediterraneo frontiera di pace“, 22. Februar 2020).

Brüder, Schwestern, gehen wir die Probleme gemeinsam an, lassen wir die Hoffnung nicht untergehen, bilden wir gemeinsam ein Mosaik des Friedens!

Es freut mich, hier so viele von euch zu sehen, die ins Meer gehen, um Migranten zu retten. Denn oft genug heißt es: Dem Schiff fehlt dieses und fehlt jenes (es kann deshalb nicht hinausfahren). Das sind Gesten des Hasses gegen die Geschwister, die sich als maßvolles Verhalten tarnen. Danke für das, was ihr tut.

(vaticannews)
 
Klavierspielerin2 23.09.2023 10:07
Papst in Marseille: „Nicht länger Tragödien von Ertrinkenden mitansehen"


Papst Franziskus hat das Ertrinkenlassen von Migranten im Mittelmeer mit eindrücklichen Worten verurteilt. „Wir befinden uns an einem Scheideweg der Zivilisation: Geschwisterlichkeit oder Gleichgültigkeit", sagte der Papst am Freitagabend in Marseille. Sein Besuch in der französischen Mittelmeer-Metropole am Freitag und Samstag gilt dem Thema Migration.


Silvia Kritzenberger - Vatikanstadt

Franziskus sprach vor anderen Religionsführern in Sichtweite eines Denkmals für Ertrunkene. „Gewöhnen wir uns nicht daran, Schiffbrüche als Schlagzeilen und die Toten auf See als bloße Zahl zu betrachten: Nein, es sind Namen und Nachnamen, es sind Gesichter und Geschichten, es sind zerstörte Leben und zerbrochene Träume. Ich denke an die vielen Brüder und Schwestern, die in Angst ertrunken sind, zusammen mit den Hoffnungen, die sie in ihren Herzen trugen,“ so Franziskus bei der Andacht an der Stele der auf See verschollenen Seeleute und Migranten in Marseille. Auch zu einer Schweigeminute lud er ein.



Im Garten des Palais de Pharo waren neben den Führern verschiedener Religionen auch Delegationen von Hilfsorganisationen anwesend wie Marseille Espérance, Stella Maris, Caritas Gap-Briançon, die sich um Migranten in den Alpen kümmern, sowie der Diözesanstelle für Migrantenpastoral und der Seenotrettungsorganisationen. Ihnen sprach der Papst am Ende seiner Rede in freien Worten seinen Dank aus. Oft genug könnten die privaten Rettungsschiffe wegen angeblicher Sicherheitsmängel nicht auslaufen: „Das", sagte der Papst, „sind Gesten des Hasses gegen die Geschwister, die sich als maßvolles Verhalten tarnen. Danke für das, was ihr tut.
Taten und vor allem Menschlichkeit
Angesichts des Dramas der vielen Menschen, die auf See ihr Leben gelassen haben, forderte der Papst Taten und mahnte zur Menschlichkeit.


Wie schon bei anderen Gelegenheiten beklagte Franziskus, den sein erster Pastoralbesuch 2013 nach Lampedusa geführt hatte, dass das „Meer zu einem riesigen Friedhof“ geworden sei. Einem Friedhof, auf dem „viele Brüder und Schwestern selbst des Rechtes auf ein Grab beraubt werden – das einzige, was hier begraben wird, ist nur die Menschenwürde,“ so der Papst.


Wir befänden wir uns an „einem Scheideweg der Zivilisation“ und dürften uns nicht damit abfinden, „Menschen zu sehen, die als Tauschware behandelt, eingesperrt und auf grausame Weise gefoltert werden.“ Menschenhandel, Folter, Schiffbrüche und ein „Fanatismus der Gleichgültigkeit" dürften nicht länger hingenommen werden, sagte der Papst und forderte: „Menschen, die zu ertrinken drohen, wenn sie auf den Wellen ausgesetzt werden, müssen gerettet werden. Das ist eine Pflicht der Menschlichkeit, eine Pflicht der Zivilisation!"

Franziskus rief an diesem Punkt die Gläubigen anderer Religionen auf, „ein Beispiel zu geben.“ An den Wurzeln der drei monotheistischen Religionen des Mittelmeerraums stehe „die Gastfreundschaft, die Liebe zum Fremden im Namen Gottes. Und das ist unerlässlich, wenn wir wie unser Vater Abraham von einer gedeihlichen Zukunft träumen.“

Begegnung oder Konfrontation
Auch Marseille, das von einem bunten religiösen Pluralismus geprägt sei, stehe heute vor einem Scheideweg: Begegnung oder Konfrontation, erinnerte Franziskus.  
„Ihr seid das Marseille der Zukunft. Macht weiter und lasst euch nicht entmutigen, damit diese Stadt für Frankreich, für Europa und für die Welt ein Mosaik der Hoffnung sein kann,“ so der Appell von Papst Franziskus.

(vaticannews - skr)

 
 
Klavierspielerin2 24.09.2023 15:58
Papst Franziskus: Fliegende Pressekonferenz

Von Marseille nach Rom ist es mit dem Flugzeug gar nicht so weit: Nur etwa anderthalb Stunden dauert der Flug. Trotzdem hat sich Papst Franziskus auf dem Rückweg von seiner 44. Auslandsreise am Samstagabend wieder den Fragen mitreisender Journalisten gestellt.


Stefan von Kempis – Vatikanstadt

„Sie haben Ihr Pontifikat in Lampedusa begonnen und die Gleichgültigkeit (Europas gegenüber Migranten) angeprangert“, lautete die erste Frage an den Papst. „Zehn Jahre später fordern Sie Europa auf, Solidarität zu zeigen. Seit zehn Jahren wiederholen Sie dieselbe Botschaft. Heißt das, Sie haben versagt?“

Nein, das glaube er nicht, versetzte Franziskus, dessen erste Reise als Papst überhaupt ihn 2013 auf die Flüchtlingsinsel vor Sizilien geführt hatte. „Ich würde sagen, dass es ein langsames Wachstum gegeben hat. Heute gibt es ein Bewusstsein für das Migrationsproblem. Und es gibt auch ein Bewusstsein dafür, dass es einen Punkt erreicht hat ... wie eine heiße Kartoffel, von der man nicht weiß, wie man sie anfassen soll.“ Er habe damals gar nicht gewusst, wo Lampedusa genau liege, so der Papst; doch im Gebet sei ihm klargeworden, dass er dorthin reisen müsse.


Die heiße Kartoffel des Themas Migration

Beredt schilderte Franziskus die Gefahren und Widrigkeiten, denen Migranten vor allem auf ihrem Weg von Afrika nach Europa ausgesetzt sind und auf die er auch in seinen dreißig Stunden in Marseille wiederholt hingewiesen hat. Man dürfe nicht zulassen, dass die Migranten in die Hände von Menschenhändlern und Verbrechern fielen.


Der Papst brach auch eine Lanze für die Rettung von schiffbrüchigen Bootsflüchtlingen auf dem Mittelmeer. „Es gibt einige Gruppen von Menschen, die sich der Rettung von Menschen mit Booten widmen. Ich habe einen von ihnen, den Leiter von Mediterranea Saving Humans, eingeladen, an der Synode teilzunehmen. Sie erzählen einem schreckliche Geschichten…“



„Euthanasie? Mit dem Leben spielt man nicht“

Ein afp-Journalist wollte von Franziskus wissen, ob dieser den französischen Präsidenten Emmanuel Macron auf das Thema Euthanasie angesprochen habe. Die Regierung plant Lockerungen am entsprechenden Gesetz, die auf scharfen Widerspruch der Kirche stoßen. Nein, an diesem Samstag habe er mit Macron nicht darüber geredet, so der Papst.

„Aber wir haben darüber bei unserem anderen Besuch gesprochen, als wir uns trafen. Ich habe es klar gesagt, als er in den Vatikan kam; ich habe ihm deutlich meine Meinung gesagt: Mit dem Leben spielt man nicht, weder am Anfang noch am Ende. Damit wird nicht gespielt. Das ist meine Meinung: Schütze das Leben! Denn sonst landet man … bei einer humanistischen Euthanasie. … Das ist keine Glaubenssache, sondern eine Frage der Menschlichkeit.“



Der Ukraine helfen, die Dinge realistisch zu lösen
Ein spanischer Journalist sprach Franziskus auf den Krieg in der Ukraine an. Ob er nicht ein wenig frustriert sei, dass die Mission seines Sonderbeauftragten, des italienischen Kardinals Matteo Zuppi, in dieser Hinsicht bislang wenig Erfolg gezeitigt habe? Der Papst räumte ein, dass „eine gewisse Frustration zu spüren sei“. Das Staatssekretariat tue „alles, um zu helfen“. Franziskus beklagte den Waffenhandel, der rund um den Ukraine-Krieg fröhliche Urständ feiere.

Dann sagte er: „Das ukrainische Volk ist ein gemartertes Volk, es hat eine sehr gemarterte Geschichte, eine Geschichte, die es leiden lässt, nicht zum ersten Mal: zur Zeit Stalins hat es sehr, sehr gelitten, es ist ein gemartertes Volk. Aber wir dürfen nicht mit dem Märtyrertum dieses Volkes spielen, wir müssen ihm helfen, die Dinge auf die realistischste Weise zu lösen.“


Putin und Selenskyj werden nicht zusammen essen gehen...

Auch in Kriegen gelte, dass Politik die Kunst des Möglichen sei. „Wir dürfen uns keine Illusionen machen, dass die beiden Führer, die sich jetzt im Krieg befinden, morgen zusammen essen gehen, aber wir müssen so weit wie möglich gehen und das Mögliche tun.“ Dann kam noch ein etwas überraschender Nachschub: „Jetzt habe ich gesehen, dass einige Länder einen Rückzieher machen, ihre Waffen nicht aufgeben und einen Prozess in Gang setzen, dessen Märtyrer mit Sicherheit das ukrainische Volk sein wird. Und das ist eine schlimme Sache!“ Die polnische Regierung hat angesichts eines Streits um Getreidepreise angekündigt, ihre Waffenlieferungen an die Ukraine zurückzufahren.



(vatican news)
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