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Vatikan will eine Milliarde Unterschriften für Friedensappell

Vatikan will eine Milliarde Unterschriften für Friedensappell
Rund 30 Nobelpreisträger aus aller Welt, darunter die in Deutschland lebende Jesidin Nadia Murad, werden nächsten Samstag mit Papst Franziskus auf dem Petersplatz ein Dokument zur Geschwisterlichkeit veröffentlichen. Kardinal Mauro Gambetti, Erzpriester des Petersdoms, wünscht sich im Lauf der Jahre eine Milliarde Unterschriften unter diesem Text.

Bei dem Dokument geht es um ein gemeinsames Bekenntnis zu einer Welt, in der das Leitmotiv Frieden, Solidarität und Geschwisterlichkeit sein soll, erklärte Gambetti bei einer Pressekonferenz am Montag im Vatikan.

Der Beginn eines Wegs
„Das ist ein langer Prozess nach dem Event vom 10. Juni, denn wir wollen mindesteins eine Milliarde Unterschriften. Das braucht Zeit. Es genügt auch nicht, ein Dokument zu unterschreiben, sondern man muss es in die Tat umsetzen und mit der Zeit kultivieren. Das ist der Beginn eines Wegs, den wir über die Jahre entwickeln möchten.“  


Das Treffen, das rund um die Begegnung auf dem Petersplatz am Samstag stattfindet, hat einen innovativen Zuschnitt, wie bei der Vorstellung des Programms deutlich wurde. Am Vormittag tauschen sich die Nobelpreis-Geehrten aus, auf dem Petersplatz wird es mehrere Runde Tische geben, darunter einer mit Menschen, die in Armut leben. Eingeladen zum Welttreffen der Geschwisterlichkeit unter dem Titel #NotAlone sind alle, Eintrittskarten braucht es nicht. Künstler wie die Sänger Andrea Bocelli und Al Bano und der Balletttänzer Roberto Bolle sowie Straßenkünstler wollen das Programm animieren, das die Vatikan-Medien live übertragen werden. Weitere acht Plätze in aller Welt sind ebenfalls in den Event eingebunden: in Kongo – Brazzaville, in Bangui, der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik, in Äthiopien, in Buenos Aires, der Hauptstadt Argentiniens, in Lima, der Hauptstadt Perus, im japanischen Nagasaki, im italienischen Trapani und schließlich in Jerusalem.

Kollektive Umarmung an der Petersplatz-Kolonnade
Papst Franziskus wird am späten Nachmittag das Wort an die Anwesenden richten. Gegen Ende der Veranstaltung ist eine kollektive „Umarmung“ von Jugendlichen mit dem Papst auf dem Petersplatz geplant.

„Dazu kommen Jugendliche aus allen Teilen der Welt und bilden eine Menschenkette, um die Umarmung der Kolonnaden des Bernini zu replizieren“, erklärte Kardinal Gambetti. „So sind ja die Kolonnaden angelegt, um die Welt aufzunehmen und um sich an die Welt zu wenden. Diese Jugendlichen werden mit dem Papst diese große Umarmung nachformen, um zu sagen: das – die Geschwisterlichkeit - ist der Wunsch der jungen Menschen.“


Eine Reihe von kirchlichen und anderen Organisationen wird beim Welttreffen der Geschwisterlichkeit vertreten sein, darunter Familien und Verbände bis hin zu Obdachlosen, Migranten und Opfern von Gewalt und Menschenhandel. Unter den Nobelpreisträgern, die ihr Kommen zugesagt haben, sind neben Nadia Murad, deren Buch über ihr Schicksal als Jesidin im sogenannten Islamischen Staat Papst Franziskus zu seiner Irakreise bewogen hat, unter anderem Lech Wałęsa aus Polen, die iranische Frauenrechtlerin Shirin Ebadi, der Gründer der Mikrokreditbank Grameen, Muhammad Yunus aus Bangladesch, der kongolesische Frauenarzt Denis Mukwege, die philippinische Reporterin und Vorkämpferin für Pressefreiheit Maria Angelita Ressa, der jemenitische Journalist Tawakkol Karman, Leader des Arabischen Frühlings in seinem Land, und Juan Manuel Santos, der Ex-Präsident Kolumbiens.

Gegen Atomwaffen, für das Klima
Auch 15 Organisationen, die den Friedensnobelpreis erhalten haben, sind bei #NotAlone vertreten, darunter das Flüchtlings-Hochkommissariat der Vereinten Nationen UNHCR, das UNO-Kinderhilfswerk UNICEF, die UNO-Arbeitsorganisation ILO, die in Wien ansässige Atomenergiebehörde IAEA und die Vereinten Nationen selbst; darüber hinaus unter anderem der IPCC, der Zwischenstaatliche Sachverständigenrat für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change), ein wissenschaftliches Gremium, das aktuelle Informationen der weltweiten Klimaforschung sammelt und bewertet.

Die Veranstaltung wird sich am Samstag bis etwa 21 Uhr hinziehen, war bei der Pressekonferenz zu erfahren. Eine Reihe von Dikasterien der Römischen Kurie ist in die Vorbereitung mit eingebunden. Das gesamte Programm ist auf der Webseite der Vatikanstiftung „Fratelli tutti“ abrufbar.

(vatican news – gs)

Kommentare

 
Klavierspielerin2 05.06.2023 17:22
Um das Reich Gottes aufzubauen, brauchen wir Frieden- und zwar überall!
 
(Nutzer gelöscht) 05.06.2023 17:41
Was für eine Vision!
 
Rosenlied 05.06.2023 19:46
⛪Danke, Klavierspielerin2, für die Information.
Das ist ein ganz wunderbarer Weg☀, der da in
Rom auf dem Petersplatz beginnen soll....👍
 
hansfeuerstein 05.06.2023 23:14
Ich weiss nicht, wird sich China, Russland oder Nord Korea darum scheren? Oder werden sie eher sagen, seht, die sind Kriegsmüde, es kommt also nur auf unsere eigene Entschlossenheit an, dann erreichen wir unsere Ziele.....?
 
Klavierspielerin2 10.06.2023 20:01
Wortlaut: Papst an „Welttreffen für menschliche Geschwisterlichkeit“

Hier finden Sie den Volltext der Papst-Botschaft an das erste „Welttreffen für menschliche Geschwisterlichkeit“; sie wurde an diesem Samstagabend von Kardinal Mauro Gambetti, Erzpriester des Petersdoms, auf dem Petersplatz in Rom verlesen.


„Liebe Schwestern und Brüder, guten Tag!
Auch wenn ich euch nicht persönlich begrüßen kann, möchte ich euch willkommen heißen und euch von ganzem Herzen für euer Kommen danken. Ich freue mich, mit euch den Wunsch nach Brüderlichkeit und Frieden für das Leben in der Welt zu bekunden. Ein Schriftsteller hat Franz von Assisi diese Worte in den Mund gelegt: „Der Herr ist dort, wo deine Brüder sind“ (E. LECLERC, Weisheit eines Armen). Wahrlich, der Himmel über uns lädt uns ein, gemeinsam auf der Erde zu wandeln, uns neu als Brüder und Schwestern zu entdecken und an die Geschwisterlichkeit als die grundlegende Dynamik unserer Wanderschaft zu glauben.

„Die Menschenwürde: heilig und unantastbar“


In der Enzyklika Fratelli tutti habe ich geschrieben, dass „die Brüderlichkeit der Freiheit und der Gleichheit positiv noch etwas hinzufügt“ (vgl. Nr. 103), denn wer einen Bruder sieht, sieht in dem anderen ein Antlitz, keine Nummer: Er ist immer „jemand“, der eine Würde besitzt und Respekt verdient, und nicht „etwas“, das benutzt, ausgenutzt oder weggeworfen werden kann. In unserer von Gewalt und Krieg zerrissenen Welt reichen Nachbesserungen und Anpassungen nicht aus: Nur ein großes geistliches und soziales Bündnis, das von Herzen kommt und die Geschwisterlichkeit in den Mittelpunkt stellt, kann die Heiligkeit und Unantastbarkeit der Menschenwürde wieder ins Zentrum der Beziehungen rücken.

„Geschwisterlichkeit. braucht keine Theorien“


Dazu braucht die Geschwisterlichkeit keine Theorien, sondern konkrete Gesten und gemeinsame Entscheidungen, die sie zu einer Kultur des Friedens werden lassen. Die Frage, die wir uns stellen müssen, ist also nicht, was die Gesellschaft und die Welt mir geben können, sondern was ich meinen Brüdern und Schwestern geben kann. Denken wir bei unserer Rückkehr nach Hause darüber nach, welche konkrete Geste der Brüderlichkeit wir tun können: uns in der Familie, mit Freunden oder Nachbarn versöhnen; für die beten, die uns verletzt haben; die erkennen und denen helfen, die in Not sind; ein Wort des Friedens in die Schule, die Universität oder das gesellschaftliche Leben hineintragen; jemanden, der sich allein fühlt, mit Nähe salben...

Papst Franziskus und der Islamführer al-Tayyeb veröffentlichten 2019 ein Dokument über die Geschwisterlichkeit aller Menschen
Papst Franziskus und der Islamführer al-Tayyeb veröffentlichten 2019 ein Dokument über die Geschwisterlichkeit aller Menschen
Fühlen wir uns berufen, den Balsam der Zärtlichkeit auf festgefahrene Beziehungen zwischen Menschen wie zwischen Völkern anzuwenden. Lasst uns nicht müde werden, Nein zu sagen zum Krieg, im Namen Gottes oder im Namen aller Männer und Frauen, die nach Frieden trachten. Mir kommen die Verse von Giuseppe Ungaretti in den Sinn, der mitten im Krieg das Bedürfnis verspürte, mit folgenden Worten von den Brüdern zu sprechen: »Zitterndes Wort / In der Nacht / Neugeborenes Blatt«. Brüderlichkeit ist ein zerbrechliches und kostbares Gut. Brüder sind der Anker der Wahrheit in der stürmischen See der Konflikte, die Lügen säen. Von Brüdern zu sprechen bedeutet, diejenigen, die kämpfen, und uns alle daran zu erinnern, dass das Gefühl der Brüderlichkeit, das uns verbindet, stärker ist als Hass und Gewalt, ja, dass es uns alle im gleichen Leid vereint. Von hier aus beginnt man immer wieder neu, von dem Gefühl der Zusammengehörigkeit, diesem Funken, der das Licht wieder entzünden kann, um die Nacht der Konflikte zu beenden.

„Bruder: Das ist kein leeres Wort“

Zu glauben, dass der andere ein Bruder ist, zu ihm „Bruder“ zu sagen, ist kein leeres Wort, sondern das Konkreteste, was jeder von uns tun kann. Es bedeutet in der Tat, sich von jener Armut zu befreien, die in dem Glauben besteht, man sei als Einzelkind auf der Welt. Es bedeutet gleichzeitig, sich dafür zu entscheiden, die Logik der Zweckgemeinschaft zu überwinden und über die Grenzen des Blutes oder der ethnischen Zugehörigkeit hinausgehen zu können, die nur das Ähnliche anerkennen und das Andersartige leugnen. Ich denke an das Gleichnis vom Samariter (vgl. Lk 10,25-37), der voller Mitgefühl bei dem hilfsbedürftigen Juden stehenbleibt. Ihre Kulturen waren verfeindet, ihre Geschichten unterschiedlich, ihre Regionen einander feindlich gesinnt, aber für diesen Mann stehen der Mensch, den er auf der Straße gefunden hat, und seine Not an erster Stelle.
Wenn Menschen und Gesellschaften sich für die Geschwisterlichkeit entscheiden, ändert sich auch die Politik: Der Mensch zählt wieder mehr als der Profit; das Haus, das wir alle bewohnen, ist dann wieder mehr als nur eine Umgebung, die man für die eigenen Interessen ausbeuten kann; die Arbeit wird fair bezahlt, die Gastfreundschaft wird zum Reichtum, das Leben wird zur Hoffnung, die Gerechtigkeit macht offen für Wiedergutmachung, und die Erinnerung an das begangene Böse wird in der Begegnung zwischen Opfern und Tätern geheilt.

„Eine Umarmung“

Liebe Brüder und Schwestern, ich danke euch für die Organisation dieses Treffens und dafür, dass ihr die „Erklärung zur Geschwisterlichkeit unter den Menschen“ mit Leben erfüllt habt, die heute Morgen von den verehrten anwesenden Nobelpreisträgern verfasst wurde. Ich glaube, dass sie uns eine „Grammatik der Geschwisterlichkeit“ bietet und ein wirksamer Leitfaden ist, um diese zu leben und jeden Tag konkret zu bezeugen. Ihr habt gut miteinander gearbeitet und ich danke euch sehr! Lasst uns dafür sorgen, dass das, was wir heute erlebt haben, der erste Schritt eines Weges ist und einen Prozess der Geschwisterlichkeit in Gang setzen kann: Die Menschen auf den Plätzen, die aus verschiedenen Städten der Welt zugeschaltet sind und die ich dankbar und herzlich grüße, zeugen sowohl vom Reichtum der Vielfalt als auch von der Möglichkeit, selbst dann brüderlich verbunden zu sein, wenn wir nicht nahe da sind, so wie es mir ergangen ist. Macht weiter!
Ich möchte mich von euch mit einem Bild verabschieden, dem der Umarmung. Ich wünsche euch, dass ihr von diesem gemeinsamen Nachmittag in euren Herzen und Erinnerungen den Wunsch behaltet, die Frauen und Männer der ganzen Welt zu umarmen, um gemeinsam eine Kultur des Friedens aufzubauen. Frieden braucht nämlich Geschwisterlichkeit und Geschwisterlichkeit braucht Begegnung. Möge die Umarmung, die ihr heute gewährt und empfangen habt und die der Platz, auf dem ihr euch gerade begegnet, symbolisch darstellt, zu einer Lebensaufgabe werden. Und eine Prophetie der Hoffnung. Ich umarme euch und sage euch dankbar und von Herzen: Ich bin bei euch!“

(vatican news)
 
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