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Papstreise nach Kasachstan: 13.- 15. September 2022

Papstreise nach Kasachstan: 13.- 15. September 2022
" Hohe Erwartungen“ an den bevorstehenden Kasachstan-Besuch von Papst Franziskus hat der neue Kardinal Giorgio Marengo, der Apostolischer Präfekt von Ulaanbaatar in der Mongolei ist.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Besuch eine wichtige Etappe im Leben der Kirche in Kasachstan und in der gesamten angrenzenden Region sein wird“, zeigte sich der Bischof im Interview mit der asiatischen katholischen Nachrichtenagentur Ucanews überzeugt. Er hoffe, „dass dieser Besuch auch positive Auswirkungen auf andere Länder in der Region haben wird, einschließlich der Mongolei“, so Marengo weiter.

Der Papst reist von 13. bis 15. September nach Kasachstan, um am VII. Kongress der Führer von Welt- und traditionellen Religionen in Nur-Sultan teilzunehmen. Der Kongress geht auf den damaligen Präsidenten Nursultan Nasarbajew zurück, der ihn 2003 begründete. Das zentralasiatische Kasachstan ist einer der größten Flächenstaaten der Welt und Anrainer von China und Russland. Nach Auflösung der Sowjetunion wurde das Land 1990 unabhängig. Charakteristisch für Kasachstan ist das Mosaik verschiedenster ethnischer Gruppen; die Mehrheit der Menschen sind Muslime, die christliche Minderheit ist hauptsächlich orthodox.

Die Tradition, Menschen zu vereinen

In Kasachstan beobachte er eine „wunderbare Tradition“, führte Marengo weiter aus, nämlich die Tradition, „die Menschen zu vereinen und ein Bewusstsein für die Bedeutung von Frieden, Harmonie und gegenseitigem Respekt zu entwickeln - und das aus offensichtlichen Gründen in einer so schwierigen Zeit“. Vor diesem Hintergrund könne der Papstbesuch auf fruchtbaren Boden fallen und „ein gutes Beispiel für eine fruchtbare Zusammenarbeit für alle“ sein, so der neue Kardinal. Schließlich sei Franziskus als Förderer der Idee des harmonischen Zusammenlebens verschiedener Menschen und Religionen bekannt.

Der Vatikan hatte im Herbst 2021 eine Zentralasiatische Bischofskonferenz geschaffen, die neben Kasachstan auch Usbekistan, Kirgistan, Turkmenistan und Tadschikistan umfasst. Marengo glaubt, dass das neue Zentralgremium die Entwicklung der katholischen Kirche, die in der Region in der Minderheit ist, fördern kann. „Ich hoffe, dass wir mit Hilfe und in Verbundenheit mit dieser Bischofskonferenz gemeinsame Strategien entwickeln und unsere bischöfliche Zusammenarbeit effektiver gestalten können, um wirklich viele positive Dinge an unseren Einsatzorten zu bewirken.“

Die kleine katholische Kirche in der Mongolei tue ihr Bestes, um eine Kultur des gegenseitigen Verständnisses und der friedlichen Koexistenz und Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen religiösen Traditionen zu fördern, berichtete Marengo dann aus dem Land, wo er als Missionar und Apostolischer Präfekt wirkt. Die weiter östlich gelegene Mongolei grenzt nicht direkt an Kasachstan an. Mit dem neuen zentralasiatischen Gremium wolle er aber trotzdem gerne zusammenarbeiten, signalisierte Marengo: „Ich bin sicher, dass die neu gegründete Konferenz der katholischen Bischöfe Zentralasiens an der Teilnahme an solchen Programmen interessiert sein könnte, da sie wirklich dazu beitragen, das wahre Wesen der katholischen Kirche zu zeigen.“

Missverständnisse rund um das Katholisch-Sein 
In der Mongolei werde der katholische Glaube immer noch „nicht als etwas ganz Normales angesehen“, die Zusammenarbeit mit den Behörden sei aber gut. Man müsse „schon sehr entschlossen und mutig sein“, um katholisch zu werden, formulierte Marengo. Die große Mehrheit der Menschen folge anderen religiösen Traditionen. „Wenn jemand katholisch wird, kann er oder sie leicht auf Missverständnisse in der Familie oder sogar auf eine misstrauische Haltung von Freunden und Verwandten stoßen. Dies ist das Hauptproblem im Zusammenhang mit dem neuen katholischen Glauben in dieser Region. Obwohl die Geschichte zeigt, dass das Christentum seit mindestens 1.000 Jahren in der Mongolei präsent ist, wurde es aus verschiedenen Gründen nie zu einer Volksreligion.“

(ucanews/vatican news – pr)
 

Kommentare

 
(Nutzer gelöscht) 06.09.2022 12:42
Die Papst Reise nach Russland.....!!!!! 😱
 
(Nutzer gelöscht) 06.09.2022 12:44
Gott schütze ihn!
 
Klavierspielerin2 06.09.2022 12:57
Moskau und Kiew ist momentan nicht vorgesehen.
Ursprüngliche sollte anläßlich des  " VII. Kongress der Führer von Welt- und traditionellen Religionen" auch Kyrill I in Nur-Sultan teilnehmen.
 
Klavierspielerin2 06.09.2022 13:02
Renovabis-Chef: Papstbesuch in Kasachstan kommt zur rechten Zeit
Der Hauptgeschäftsführer des Osteuropahilfswerks Renovabis, Thomas Schwartz, sieht die katholische Kirche in Kasachstan in einem großen Umbruch. Papst Franziskus komme zur rechten Zeit ins Land, erklärte Schwartz am Freitag in Freising.
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In den vergangenen Jahrzehnten hätten viele Deutsche und Polen das Land Richtung Westen verlassen. Da sie die katholische Kirche dort wesentlich getragen hätten, sei diese in dem zentralasiatischen Land nun auf der Suche nach einer neuen Identität. Der Papstbesuch komme zum rechten Augenblick: „Er stärkt diese kleine Ortskirche und ermutigt Katholikinnen und Katholiken, aus den eigenen Glaubenswurzeln eine tragfähige Zukunftsperspektive mit einem Beitrag in die Gesellschaft hinein zu entwickeln." Franziskus reist vom 13. bis 15. September nach Nur-Sultan, die Hauptstadt von Kasachstan. Dort wird er am VII. Weltkongress der Religionsführer teilnehmen und will zudem Vertreter der dortigen Ortskirche treffen.

„Der unerschütterliche Glaube und die Treue - gerade von so vielen Frauen, Müttern und Großmüttern - während der dunklen Zeit des verordneten sozialistischen Atheismus sind noch heute beeindruckend“

Trotz der Verfolgung in sowjetischer Zeit und der räumlichen Zerstreuung habe die Kirche in Kasachstan überlebt, erklärte der Renovabis-Chef. „Der unerschütterliche Glaube und die Treue - gerade von so vielen Frauen, Müttern und Großmüttern - während der dunklen Zeit des verordneten sozialistischen Atheismus sind noch heute beeindruckend."

Es seien oft einfache Menschen, die in schwersten Zeiten den Glauben weitergegeben und so erhalten hätten, erinnerte Schwartz. Hierfür stünden beispielhaft die zur Seligsprechung vorgeschlagene und nach Kasachstan verschleppte Russlanddeutsche Gertruda Detzel und der selige Priester Wladyslaw Bukowinski. Auf diese Lebens- und Glaubenszeugnisse könne die kasachische Kirche stolz sein und aus ihnen Kraft und Zuversicht schöpfen.

Eine kleine christliche Gemeinschaft
In Kasachstan mit seinen 19 Millionen Einwohnern gehören rund 182.000 Menschen der katholischen Kirche an. Mehrheitsreligion ist der Islam. Der überwiegende Teil der Christen im Land, die ein Viertel der Bevölkerung ausmachen, ist russisch-orthodox. Die Religionsgemeinschaften lebten in Kasachstan in gutem Einvernehmen miteinander, heißt es.

Das katholische Hilfswerk Renovabis hat eigenen Angaben zufolge seit 1993 in Kasachstan 781 Projekte mit einer Gesamtsumme von rund 18 Millionen Euro gefördert. Die Projekte, sei es in Bereichen der Bildung oder im Sozialen, kämen auch Menschen zugute, die nicht katholisch seien.

(kna - gs)
 
Klavierspielerin2 07.09.2022 16:22
Kasachstan: Ein Blick auf das Land vor der Papstreise
Papst Franziskus besucht Kasachstan von 13. bis 15. September. Das zentralasiatische Land hat eine lange Tradition des friedlichen Zusammenlebens von Religionen. Wir sprachen mit Angelika Schmähling, Kasachstan-Referentin beim katholischen Hilfswerk Renovabis.


Radio Vatikan: Kasachstan ist ein Land, in dem von der Weltöffentlichkeit selten beachtet Gläubige der verschiedenen Religionen gut und friedlich zusammenleben. 95 Prozent der Menschen dort gehören entweder dem Islam oder dem Christentum an, die Mehrheit dem Islam. Wie sieht denn dieses Zusammenleben von Gläubigen verschiedener Religionen im Alltag aus?

Angelika Schmähling: Kasachstan ist ein Land mit vielen Ethnien und entsprechend mehreren Religionen. Die weitaus größten Ethnien sind Kasachen und Russen. Dazu kommen Usbeken, Ukrainer, Uiguren, noch viele andere Gruppen. Und es ist eben so, dass die Kasachen traditionell Muslime sind. Die meisten Russen sind russisch-orthodox, die Katholiken haben oft deutsche, polnische oder litauische Wurzeln. Diese Gruppen leben teils miteinander, teils auch einfach nebeneinander. Als Folge der Sowjetunion sind viele Menschen doch recht säkular in Kasachstan und praktizieren ihre Religionen nur noch an hohen Fest -und Feiertagen. Da spielt die Religion im Alltag nicht mehr eine so große Rolle. Was natürlich auch heißt, dass es nicht so viel religiöse Konflikte gibt. Und was man sagen kann, ist, dass der Staat doch alles in allem sehr tolerant ist gegenüber den Religionen.

Radio Vatikan: Die meisten christlichen Gläubigen in Kasachstan gehören zur orthodoxen Kirche. Katholische Gläubige sind nur eine kleine Minderheit. Was ist denn das für eine orthodoxe Kirche? In Anbetracht der Geschichte eher nach Russland hin orientiert? Kasachstan wurde ja 1991 von der Sowjetunion unabhängig.

Ja, natürlich: Die orthodoxe Kirche in Kasachstan gehört zum Moskauer Patriarchat. Das ist eine Metropolie, die dem Patriarchat untersteht. Passt ja auch, weil eben die meisten orthodoxen Christen in Kasachstan ihre Wurzeln in Russland haben. Die Priesterausbildung zum Beispiel fand dann auch lange in Russland statt. Erst seit 2016 gibt es ein eigenes Priesterseminar in Almaty im Süden des Landes. Das ist sehr wichtig, weil dadurch die Kirche, auch wenn sie zum Moskauer Patriarchat gehört, eben ihre eigene Identität entwickeln kann.

„Islam ist in Kasachstan eine sehr friedliche Gruppe, eine sehr tolerante Religion“

Radio Vatikan: Wie stehen denn die orthodoxen Gläubigen in Kasachstan zum Krieg in der Ukraine?

Angelika Schmähling: Als ich jetzt im Juni im Land war, hatte ich den Eindruck, dass der Krieg jetzt nicht so eine große Rolle gespielt hat. Da waren zum Beispiel eher die Unruhen im Januar Thema. Aber natürlich werden sich die Leute schon auch Gedanken machen, wie es in der langfristigen Konsequenz weitergehen soll mit den Beziehungen zwischen Russland und Kasachstan.

Radio Vatikan: Kasachstan hat nach einer Reihe islamistischer Terroranschläge 2011 strenge Gesetze erlassen, die allerdings auf der anderen Seite, also die für mehr Sicherheit sorgen, aber die die Religionsfreiheit insgesamt einschränken. Und darunter leiden in erster Linie Muslime. Wie kommt das?

Ja, sicher leiden die Muslime immer am meisten, weil sie die größte Gruppe sind. Auch in Kasachstan ist die Gefahr des fundamentalistischen Islam. Wie gesagt, Islam ist in Kasachstan eine sehr friedliche Gruppe, eine sehr tolerante Religion. Aber auch in Kasachstan haben sich leider einige Gruppen radikalisiert, bzw. junge Menschen wurden angeworben, dann auch durch Terrorgruppen. Und logischerweise besteht diese Sorge vor den Hinterhofmoscheen. Und deswegen hat der Staat eben einige Gesetze erlassen, die dann leider auch alle Religionsgruppen betreffen. Also beispielsweise müssen in Kirchen oder Moscheen Überwachungskameras installiert werden, was natürlich schon recht kritisch ist. Es gibt recht strenge Aufgaben für Jugendarbeit oder auch: Soziale Aktivitäten sollen klar vom Pastoralen getrennt werden, damit Leute eben nicht über soziale Hilfe dann irgendwo angeworben werden. Wie gesagt, es ist schade, dass dadurch die Religionen eingeschränkt werden.

„In Nursultan muss einfach alles ein bisschen größer sein“

Radio Vatikan: Im August wurde in Nursultan die größte Moschee Zentralasiens eröffnet. 35.000 Gläubige haben darin Platz. Wofür steht so eine große Moschee? Was will uns Kasachstan damit sagen?

Angelika Schmähling: Die Moschee habe ich selber gesehen, auf der Fahrt zum Flughafen. Es ist ein gigantisches Gebäude. Ich muss auch sagen, es ist etwas befremdlich, dass in der Hauptstadt nun schon die dritte große Moschee gebaut wird. Aber Sie müssen sich vorstellen, Nursultan ist eine künstliche Hauptstadt. Die wurde vor 25 Jahren quasi aus der Steppe gestampft, und der Architekturstil ist einfach nur verrückt. Da gibt es Glaspaläste, Wolkenkratzer, Triumphbögen, was auch immer. In Nursultan, wie die Stadt heute heißt, muss einfach alles ein bisschen größer sein. Und es gibt da auch die größte Synagoge von Zentralasien. Daher kann man das mit der Großmoschee, denke ich, etwas relativieren.

Radio Vatikan: Das heißt, es ist keine politische Aussage damit verbunden?

Angelika Schmähling: Sehe ich eher so nicht. Klar, es ist sicher ein Statement. Der frühere Präsident hatte auch den Grundstein gelegt und wollte offensichtlich, dass der Islam auch so sichtbar ist. Und ja gut, es muss ja wohl auch größere Sponsoren im Ausland gegeben haben, da tippt man auf Saudi-Arabien.

„Papst will den Dialog mit allen aufrecht erhalten, gerade in dieser politisch schwierigen Situation“

Radio Vatikan: 2001 waren die Anschläge vom 11. September und zwei Jahre später fand in der kasachischen Hauptstadt Nursultan, die damals noch Astana hieß, der erste internationale Religionskongress für den Frieden statt. Und das hat sich dann alle drei Jahre wiederholt, dieser Kongress. Dieses Jahr reist auch Papst Franziskus dorthin. Welchen Stellenwert hat dieser Religionskongress so im ganzen Panorama des interreligiösen Dialogs?

Angelika Schmähling: Ich habe jetzt so von außen gesehen den Eindruck, dass das bislang hauptsächlich in Kasachstan rezipiert wurde. Es ist sicher auch so, dass der Staat sich damit profilieren möchte, wobei es natürlich auch grundsätzlich schön ist, dass ein Forum für den Austausch der Religionen geboten wird. Also bestimmt wird der Papstbesuch da jetzt eine ganz andere Aufmerksamkeit als bisher auf diesen Kongress lenken, was natürlich grundsätzlich zu wünschen ist.

Radio Vatikan: Welches Interesse hat Papst Franziskus aus Ihrer Sicht, zu diesem Kongress zu kommen? Haben Sie da eine Einschätzung?

Angelika Schmähling: Ich bin schon der Meinung, dass er hauptsächlich Patriarch Kyrill treffen wollte. Und da wäre Kasachstan schon ein ganz guter Treffpunkt gewesen, weil der Staat, das kann man sagen, neutral ist, immerhin ein mehrheitlich muslimisches Land, wenn auch zum Moskauer Patriarchat gehörig. 2016 hat man ja das Treffen auf Kuba. Andererseits wird der Papst sicher diese doch anstrengende Reise nicht planen, wenn er nicht auch die anderen Religionsführer treffen möchte. Und das spricht ja nun wieder für ihn, dass er den Dialog mit allen aufrecht erhalten möchte, gerade eben in dieser politisch schwierigen Situation. Und dann natürlich gehört dazu, dass er auch eine Pastoralreise anschließt. Zuletzt war 2001 Papst Johannes Paul II. in Kasachstan. Eine lange Zeit, dass niemand mehr dort vor Ort war.

Radio Vatikan: Warum war es absehbar, dass der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill nicht nach Kasachstan zum Kongress der Religionen reist?

Angelika Schmähling: Ich bin nicht sicher, ob das so absehbar war. Ich hätte mir schon vorstellen können, dass er die Gelegenheit nutzt. Die orthodoxe Kirche hat jetzt natürlich die Ablehnung damit begründet, dass so ein hochrangiges Treffen nicht am Rande eines Kongresses stattfinden soll. Genau das wäre aber auch die Chance gewesen, diesem Treffen nicht zu viel Bedeutung beizumessen, sondern das so quasi nebenbei zu machen. Gut, die orthodoxe Kirche hat sich so entschieden. Hoffen wir einfach, dass es andere Möglichkeiten zum Dialog gibt. Ob es nun in der Öffentlichkeit ist oder eher im Privaten.

„An sich hat ja Kasachstan ein gutes Verhältnis zu Russland“

Radio Vatikan: Wie groß ist denn in Kasachstan im Angesicht des Krieges in der Ukraine die Angst vor dem großen Nachbarn Russland? Die gesamte nördliche Grenze Kasachstans ist ja die zu Russland. Wie groß ist die Angst vor diesem Nachbarn?

Angelika Schmähling: An sich hat ja Kasachstan ein gutes Verhältnis zu Russland. Wie gesagt, ein Drittel der Bevölkerung stammt aus Russland, hat russische Wurzeln. Es bestehen sehr enge Verbindungen, wirtschaftliche Verbindungen, sogar militärische Verbindungen, die allerdings natürlich auch eine Abhängigkeit bedeuten. Also da werden wir mal schauen müssen, wie es weitergeht wie die Politiker, die Regierung, der Präsident sich positionieren. Es gibt ja auch noch China als den anderen Nachbarn im Osten. Das hießt, das Verhältnis Kasachstans zu Russland, zu China, zur EU - da wird sich das Land sicher neu positionieren müssen. Was das denn für die Bevölkerung heißt, wird man sehen müssen. Also in jedem Fall spürt Kasachstan schon die Folgen der Sanktionen gegen Russland durch diese engen Verknüpfungen, zum Beispiel, dass viele Banken russisch sind und es nun auch in Kasachstan Schwierigkeiten gibt, an sein Erspartes zu kommen.

Radio Vatikan: Was kann der Papstbesuch in Kasachstan bewirken? Für das Land, für die Kirche, für den Dialog der Religionen und für die Geschwisterlichkeit?

Angelika Schmähling: Die Reise besteht aus zwei Teilen. Einerseits haben wir diesen Kongress der Weltreligionen, der andere Teil ist eine pastorale Reise. Da denke ich natürlich vor allem an die Katholikinnen und Katholiken im Land und in der ganzen Region, denn es ist ja eine Diasporakirche und für die Gläubigen ist es eine ganz große Ermutigung, wenn der Papst kommt. Das ist eine riesengroße Feier und das ist für die Menschen natürlich wichtig zu sehen, dass sie nicht allein sind. Und ich hoffe, dass sich viele Menschen begeistern lassen, weil die Anreise ist doch auch für sie aufwendig. In Kasachstan waren die letzten zwei Jahre die Kirche wegen der Pandemie zum Teil auch geschlossen und auch da müssen die Leute erst wieder dazu gebracht werden, regelmäßig in den Gottesdienst zu kommen. Da erhoffe ich mir eine gewisse Begeisterung.

Ein anderer Aspekt ist kein ganz einfacher Aspekt: Einige Bischöfe aus Kasachstan haben in den letzten Jahren Papst Franziskus vehement kritisiert, unter anderem im Kontext von Amoris Laetitia. Und da erhoffe ich mir, dass auch innerkirchlich wieder ein Dialog entsteht, dass der Papst seine Positionen vermitteln kann. Also diese Schlagwörter, dass Kirche für die Menschen da sein soll, dass Kirche an die Ränder gehen soll, dass die Kirche ein Feldlazarett sein soll und eben nicht dieses goldglänzende Etwas. Und andererseits, dass auch die Gläubigen, Bischöfe, Priester in Kasachstan ihre Positionen, ihre Ängste klar machen können in kirchlichen Diskussionen. Und da erhoffe ich mir, so wie wir eben jetzt vom interreligiösen Dialog reden, dass ein innerkirchlicher Dialog wieder gestärkt wird.

Die Fragen stellte Gudrun Sailer. Sie wird als Korrespondentin während der Papstreise für uns vor Ort sein.

(vatican news – gs)
 
Klavierspielerin2 07.09.2022 16:25
Von 18.08.2022

Warum der Papst in Kasachstan wichtig für russische Katholiken ist


Russische Katholiken werden zum Papstbesuch nach Kasachstan pilgern und damit ihre Liebe und Loyalität zu Franziskus zeigen. Das sagte uns der katholische Moskauer Erzbischof Paolo Pezzi in einer kurzen Stellungnahme. Franziskus besucht die kasachische Hauptstadt Nur-Sultan von 13. bis 15. September für einen Kongress der Weltreligionen.
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„Der Besuch des Papstes in Kasachstan ist für uns russische katholische Gläubige sehr wichtig“, sagte der Moskauer Erzbischof Paolo Pezzi im Gesprächt mit der russischen Redaktion von Radio Vatikan. „Erstens, weil wir nicht wissen, ob und wann der Papst zu uns kommen kann, und weil Kasachstan unter den Ländern, die der Papst besucht, dasjenige ist, das uns am nächsten liegt.“ Deshalb sei diese Pilgerreise von Russland nach Kasachstan eine große Gelegenheit, „auch weil man mit einer gewissen Freiheit nach Kasachstan reisen kann“, erklärte der Erzbischof.

„...auch weil man mit einer gewissen Freiheit nach Kasachstan reisen kann“

Franziskus hatte im Zug des Kriegs des russischen Präsidenten Wladimir Putin gegen die Ukraine den Wunsch geäußert, nach Russland zu reisen, um mit Putin zu reden; in Russland war noch nie ein Papst. Ein Ukraine-Besuch von Franziskus war seit Kriegsausbruch im Februar mehrfach im Gespräch, und der Papst betonte zuletzt, er halte daran fest. Mit Kasachstan besucht Franziskus im September ein Land, das so wie die Ukraine bis 1991 zur Sowjetunion gehörte.

Zum Weltkongress der Religionen nach Nur-Sultan kommt aus Moskau möglicherweise auch der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill. Eine Bestätigung dafür steht aus. Ebenso offen ist, ob es im Fall des Falles zu einem Treffen zwischen ihm und Papst Franziskus kommt. Eine solche Begegnung gilt unter Beobachtern als politisch ausgesprochen heikel, weil Kyrill Putins Krieg gegen die Ukraine unterstützt, den die katholische Kirche, allen voran Papst Franziskus, scharf ablehnt.

„Die Russen lieben den Papst“

Der Moskauer Erzbischof sieht in der Pilgerreise der russischen katholischen Gläubigen nach Kasachstan ein geistliches Anliegen, aber auch eine Gelegenheit, „unsere Loyalität, unsere Gefolgschaft und vor allem unsere Liebe zum Papst zum Ausdruck zu bringen, denn die Russen lieben den Papst. Das ist es, was uns dazu bewegt, auf Pilgerfahrt zu gehen, um Papst Franziskus zu treffen.“

Pilgerreise russischer Katholiken: Das Programm
Die Pilgerreise der russischen katholischen Gläubigen steht unter dem Motto „Wir sind Zeugen der Einheit" und beginnt am 12. September in Moskau. Erste Station ist Omsk, eine russische Stadt in Sibirien. Am nächsten Tag erreichen die Pilger Karaganda in Kasachstan und fahren von dort aus nach Karlag, einem der größten sowjetischen Gulags, in dem zwischen 1930 und 1960 Zehntausende von Häftlingen ihr Leben verloren. Karlag war auch ein Ort des Martyriums für viele Christen, darunter auch Russen. Am 14. September begibt sich die Gruppe nach Nur-Sultan, um an der von Papst Franziskus geleiteten Heiligen Messe auf dem Expo-Platz teilzunehmen. Am 15. September erfolgt die Rückreise nach Moskau.

(vatican news – gs)
 
Klavierspielerin2 08.09.2022 08:10
07.09.2022

Papst kommt zu Weltführertreffen der Religionen in Kasachstan

Das Hauptthema des Kongresses lautet: „Die Rolle der Führer der Weltreligionen und der traditionellen Religionen für die geistige und soziale Entwicklung der Menschheit in der Zeit nach der Pandemie", wird von den Organisatoren des Kongresses erklärt.

108 Delegationen aus 50 Ländern, darunter spirituelle Führer der Weltreligionen und der traditionellen Religionen Islam, Christentum, Buddhismus, Judentum, Hinduismus, Taoismus, Zoroastrismus und Shintoismus, sowie Politiker, Vertreter internationaler Organisationen und Experten. Unter den Teilnehmern befinden sich neben Papst Franziskus, der Großimam von Al-Azhar, Ahmed al-Tayyeb, und Israels Oberrabbiner David Lau.

Austausch zu verschiedenen Themen

Mit einer Vielzahl an Themen will man sich am Kongress auseinandersetzen. Darunter etwa „Der Beitrag der Frauen zum Wohlergehen und zur nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft und die Rolle der Religionsgemeinschaften bei der Förderung des sozialen Status der Frauen“, „Die Rolle der Religionen bei der Stärkung der geistigen und moralischen Werte in der modernen Welt“ oder auch „Der Beitrag von Religionsführern und Politikern zur Förderung des weltweiten interreligiösen Dialogs und des Friedens sowie zur Bekämpfung von Extremismus, Radikalismus und Terrorismus, insbesondere aus religiösen Gründen“.

Papstreise unter dem Motto „Boten des Friedens und der Einheit“
Zum offiziellen Besuch des Papstes vom 13. bis 15. September im Kasachstan gehört auch eine Messe, an der Vertreter aller Religionen und Konfessionen teilnehmen können, heißt es im Kommuniqué. Neben knapp 200 Journalisten aus aller Welt werden auch etwa 3.000 Pilger aus Kasachstan, Usbekistan, der Mongolei, Kirgisistan, Russland und anderen Ländern erwartet.

Musikalischer Guinness-Buch-Rekord im Rahmen des Kongresses
Im Rahmen des Kongresses finden eine Reihe von Sonderveranstaltungen statt. Eine davon ist das Projekt „Musik der Welt“, ein multiethnisches Orchesterprojekt, das mit seiner internationalen Besetzung aus 75 Nationalitäten von 51 Ländern in das Rekorde-Buch aufgenommen werden will. Das Projekt setzt sich zur Aufgabe den Wert der Vielfalt verschiedener ethnischer Gruppen, die in Harmonie miteinander leben, zu zeigen.

Erholungspark als bleibendes Zeichen
Die Hauptstadt wird auch einen Erholungspark bauen, indem sie einen Wettbewerb unter Architekten, Stadtplanern und Landschaftsarchitekten aus ganz Kasachstan ausschreibt. Der Park soll als Symbol für „Zusammenarbeit, Freundschaft und Einheit zwischen den verschiedenen Religionen und Ethnien in Kasachstan" errichtet werden. Er bleibt somit auch nach dem Kongress als sichtbares Zeichen für die Sorge der spirituellen Weltführer um Frieden.

(agensir - sm)
 
Klavierspielerin2 10.09.2022 09:48
Kasachstan: Papst und Religionsführer planen Erklärung für Frieden

Es ist seine 38. Auslandsreise: Papst Franziskus reist am Dienstag nach Kasachstan und nimmt in der Hauptstadt Nur-Sultan am 7. Kongress der Vertreter der Welt- und traditionellen Religionen teil. Ein gemeinsames Dokument soll dabei unterzeichnet werden. Danach besucht der Papst die kleine, aber starke katholische Gemeinde des Landes. Der Vatikan gab am Freitag Einzelheiten bekannt.


Dem Papst geht es mit seiner Reise darum, den Frieden in der Welt unter den religiösen Führern zu fördern, so der Leiter des Pressebüros des Heiligen Stuhls, Matteo Bruni mit Verweis auf eine Reihe weiterer interreligiöser Bemühungen von Franziskus um Freundschaft und Geschwisterlichkeit.

Franziskus ist nicht der erste Papst in Kasachstan: Johannes Paul II. besuchte das zentralasiatische Land mit seiner muslimischen Bevölkerungsmehrheit 2001, kurz nach den Anschlägen vom 11. September auf die Zwillingstürme und das Pentagon in den Vereinigten Staaten. Der polnische Papst ergriff die Chance, während seiner Visite das friedliche Zusammenleben von Religionen und Ethnien in Kasachstan zu würdigen. Mehr als 100 Volksgruppen sind im Land vertreten. Kasachstan erlangte seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion 1991.

Auf den Spuren von Johannes Paul II.

Papst Johannes Paul II. ist der einzige frühere Papst, der Kasachstan besucht hat. Matteo Bruni erinnerte an den Kontext des damaligen Besuchs und an die Botschaft des Papstes, dass „Religionen keine Orte des Konflikts sein dürfen“. Die Visite damals galt einem gerade erst von der kommunistischen Sowjetunion unabhängig gewordenen Land, das noch nie einen Papstbesuch empfangen hatte, und einer lokalen Kirche, die eine lange Geschichte der Verfolgung unter dem Regime erlebt hatte.

Kasachstan liegt direkt südlich von Russland und grenzt an andere ehemalige Sowjetrepubliken sowie an China und das Kaspische Meer. Gemessen an der Landmasse ist Kasachstan das neuntgrößte Land der Welt und der größte Binnenstaat der Welt. Es hat auch die größte Wirtschaft Zentralasiens.

Siebter Kongress der Führer der Welt- und traditionellen Religionen

Der Papst reist nach Kasachstan, um am siebten Kongress der Vertreter der Welt- und traditionellen Religionen teilzunehmen. Ins Land eingeladen wurde er – wie bei Papstreisen die Norm – doppelt, zum einen von der Regierung, zum anderen von der lokalen katholischen Kirche. Während seines Besuchs vom 13. bis 15. September wird sich der Papst ausschließlich in der Hauptstadt Nur-Sultan aufhalten, die bis 2019 Astana hieß; Nur-Sultan ist der Vorname des früheren Staatschefs Nasarbajew, der im selben Jahr nach fünf Amtszeiten abtrat und damals auch Gastgeber Johannes Pauls II. war.

Gemeinsame Erklärung geplant
Bei dem Kongress will Papst Franziskus eine Rede halten, in Stille beten und private Gespräche mit religiösen Führern führen, so mit dem Großimam der Al Azhar, Al Tayyeb, mit dem der Papst 2018 2019 in Abu-Dhabi das wegweisende „Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt“ unterzeichnet hatte. Auch in Nur-Sultan wollen die religiösen Führer eine gemeinsame Erklärung abgeben, sagte Bruni.

Der interreligiöse Kongress in der kasachischen Hauptstadt wurde 2003 ins Leben gerufen und findet alle drei Jahre statt. Aufgrund der Pandemie tagte er jedoch zuletzt 2018. Papst Franziskus wird in Nur-Sultan Italienisch sprechen, ein Dolmetschdienst ist eingerichtet.

Kleine, aber glühende katholische Gemeinde

Franziskus wird mit den katholischen Gläubigen Kasachstans eine Heilige Messe feiern. Nur ein Prozent der Bevölkerung des zentralasiatischen Landes bekennt sich zur katholischen Kirche. Die Bevölkerung Kasachstans ist zu gut zwei Dritteln sunnitisch-muslimisch und zu 26 Prozent christlich, hauptsächlich russisch-orthodox.

Im Gefolge des Papstes reisen neben Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin die Kardinalpräfekten der Römischen Kurie für den interreligiösen Dialog, die Förderung der Einheit der Christen, die Evangelisierung und die orientalischen Kirchen: die Kardinäle Miguel Ángel Ayuso Guixot, Kurt Koch, Luis Antonio Tagle und Leonardo Sandri. Etwa 70 Journalisten und Journalistinnen fliegen mit dem Papst im Flugzeug, und auf dem Rückweg ist die traditionelle „fliegende Pressekonferenz“ anberaumt.

Zur gleichen Zeit wie der Papst wird auch der Präsident des Nachbarlandes China, Xi Jinping, in Kasachstan sein. Abweichungen vom Programm des Papstes sind aber derzeit nicht vorgesehen, teilte Bruni mit.

(vatican news - g
 
Klavierspielerin2 10.09.2022 16:48
Papst in Kasachstan wird „im Zentrum des Religions-Kongresses stehen"
Vor bald 20 Jahren gründete der damalige Präsident Kasachstans Nursultan Nasarbajew den Religionskongress, den Papst Franziskus nächste Woche besucht. Das Kirchenoberhaupt wird viel Aufmerksamkeit auf diesen Kongress ziehen, und das ist gut, sagt Thomas Helm, der Vorsitzende der Deutsch-Kasachischen Gesellschaft.
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Gudrun Sailer - Vatikanstadt

Helm leitete 2015 bis 2020 das Kasachstan-Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung. Er hat für die katholischen Hilfswerke Missio und Renovabis einen Bericht über Religionsfreiheit in Kasachstan verfasst und war selbst bei einem der Religionskongresse präsent, die seit 2003 im Dreijahresrhythmus in der Hauptstadt stattfinden.

Radio Vatikan: Wie kann man sich diese Veranstaltung vorstellen, was erwartet den Papst bei diesem Religions-Kongress?

Thomas Helm: Es ist zunächst einmal natürlich wahnsinnig erfreulich für Kasachstan und für den Kongress selbst, dass der Papst persönlich teilnimmt. Das wird ein Highlight. Es ist der zweite Papstbesuch, nachdem im Jahre 2001 Johannes Paul II. in Kasachstan gewesen ist. Der Papst wird im Zentrum dieses Kongresses stehen.

Radio Vatikan: Kurzfristig wurde der Ort des Religions-Kongresses verlegt, und zwar von der „Pyramide der Einheit und der Verständigung“ in den Palast der Unabhängigkeit. Die Pyramide hat der britische Star-Architekt Norman Foster entworfen, sie besteht aus Glas - welche Symbolik knüpft sich daran?

Thomas Helm: Ursprünglich ist dieses Gebäude errichtet worden, um die Versammlung der Völker Kasachstans zu beherbergen. Die Kasachen waren 1991 Minderheit im eigenen Land und hatten 100 Ethnien, das ist bis heute so. Um Konflikte zu verhandeln und es nicht zu Aufruhen oder Unruhen kommen zu lassen, hat man diese Institution gegründet. Die Religion hängt aber auch mit ethnischen Fragen zusammen, man merkte, dass man allein ethnische Fragen von den religiösen Fragen nicht trennen kann. 2003 war der erste Kongress. Alle Weltreligionen sind in Kasachstan über die ethnischen Gruppen vertreten. Für das Land und in Zentralasien hat es eine ziemliche Symbolwirkung und auch eine gewisse Stellung.

Radio Vatikan: Der Kongress der Religionen wegen Corona wurde trotzdem ausgelagert, aber der neue Veranstaltungsort, der Palast der Unabhängigkeit ist quasi gegenüber.

Thomas Helm: Ja, der Saal ist einfach größer! Das ändert aber nichts an der Symbolik mit der Glaspyramide, die man ganz bewusst wegen der Transparenz und der Offenheit gewählt hat.

„Kasachstan selbst ist sehr daran interessiert, als Vermittler auch von möglichen Konflikten dazustehen“

Radio Vatikan: Welchen Rang hat der Religionskongress in der öffentlichen Wahrnehmung in Kasachstan oder überhaupt in Zentralasien? Interessiert das dort die Öffentlichkeit?

Thomas Helm: Man ist an einem gedeihlichen Zusammenleben der Religionen interessiert. Kasachstan selbst ist sehr daran interessiert, als Vermittler auch von möglichen Konflikten dazustehen. So zum Beispiel haben Syrienkonferenzen in Kasachstan stattgefunden. Kasachstan hat den Vorsitz in der OSZE gehabt. Man versucht immer wieder Vermittlerrollen einzunehmen, und das wird im Land sehr goutiert, weil man durch diese multivektorale Ausrichtung der Politik versucht, Kräfte und Macht und auch mögliche Konflikte auszugleichen, einschließlich Religionskonflikte. Diese Position wird im Land geschätzt und wahrgenommen. Jetzt in der besonderen Situation, ein Jahr nach Afghanistan, hat man natürlich besondere Angst vor islamistischen Terrorismus, obwohl Kasachstan keine gemeinsame Grenze mit Afghanistan hat. Aber das Nachbarland von Kasachstan hat bereits eine gemeinsame Grenze, deshalb ist man umso interessierter, dass es zu einer Entschärfung von Situationen und von Konflikten kommt.

Radio Vatikan: Gut zwei Drittel der Kasachen sind Muslime, ein Viertel sind Christen, davon fast alle russisch-orthodox. Das Zusammenleben der Religionen ist friedlich. Warum klappt das in Kasachstan, was anderswo weniger gut klappt? Hat das aus Ihrer Sicht eher religionsinhärente Gründe, also eine lokal besonders friedliche Ausprägung der einzelnen Religionen, oder hat es in erster Linie politische Gründe?

Thomas Helm: Beides. Mit dieser Institution, die schon lange besteht, ist es gelungen, Konflikte zu verhandeln und es nicht zu offenen Konflikten kommen zu lassen. Auf der anderen Seite wird schon in die religiöse Freiheit eingegriffen und zwar im besonderen Maße in Bezug auf den Islam. So ist zum Beispiel die Ausbildung der Imame unter staatlicher Kontrolle. Es wird auch geschaut, was in den Moscheen gepredigt wird. Ein Ministerium ist dafür zuständig. Aber ganz wichtig ist, dass kontrolliert wird. Der Staat an sich ist säkular. Die Religionsfreiheit ist zwar im Grundsatz garantiert, aber um extremistische Auswüchse zu verhindern, greift der Staat ein. Die Eingriffe zielen vor allem auf den Islam. Damit es aber nicht zu Ärger kommt und eine Religion sagt, man werde besonders kontrolliert, wird auch bei den anderen Religionsgemeinschaften hingesehen.

„Der Papst beziehungsweise die Kirche insgesamt hat einen sehr guten Ruf in Kasachstan“

Radio Vatikan: In Kasachstan leben nur ein Prozent Katholiken, wie wird denn deren Oberhaupt, der Papst, dort wahrgenommen?

Thomas Helm: Der Papst beziehungsweise die Kirche insgesamt hat einen sehr guten Ruf in Kasachstan. Das geht noch auf Johannes Paul II. zurück. Man hat es dem Papst sehr hoch angerechnet, dass er 2001 trotz der Schwierigkeiten nach Kasachstan gekommen ist. Sein Besuch in Kasachstan wurde als besonders mutig angesehen, da er wenige Tage, ganz kurze Zeit nach dem 11. September 2001, stattfand. Damals waren alle Flugzeuge am Boden und niemand ist geflogen aus Angst vor Terrorismus. Der Papst hat seinen Besuch durchgezogen. Er ist nach Kasachstan geflogen, auch um die Eröffnung der katholischen Kirche in Astana zu machen. Das wurde ihm hoch angerechnet und das überträgt sich natürlich auch. Ich habe einmal ein längeres Gespräch mit dem päpstlichen Nuntius in Astana gehabt, man fühlt sich schon wahrgenommen und gut betreut.

(vatican news – gs)

 
 
Klavierspielerin2 10.09.2022 18:05
Live bei uns: Papst Franziskus in Kasachstan
Vom 13.-15. September wird Franziskus Kasachstan besuchen und dort am interreligiösen Kongress in der Landeshauptstadt Nur-Sultan teilnehmen. Wir berichten wie immer live und mit deutschem Kommentar. Hier schon mal zum Vormerken das Programm mit den genauen Sendezeiten.
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Papst in Kasachstan: Drei Tage des Dialogs zwischen den Religionen
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Die Ankunft des Papstfliegers auf dem Flughafen Nur-Sultan am Dienstag ist für 13.45 Uhr (17.45 Uhr Ortszeit) vorgesehen. Um 15.25 Uhr (Ortszeit: 19.30) wird Papst Franziskus dann in der "Qazaq Concert Hall" Vertreter der Regierung, der Zivilgesellschaft und des Diplomatischen Korps treffen. Wir übertragen live und mit deutschem Kommentar.

Der zweite Besuchstag des Papstes beginnt mit einem stillen Gebet mit den Religionsführern und der anschließenden Eröffnung des „Siebten Kongresses der Führer der Weltreligionen und traditionellen Religionen“, wie der interreligiöse Kongress offiziell heißt. Wir sind ab 5.50 Uhr (10 Uhr Ortszeit) bis ca. 8.00 Uhr mit dabei. Live und mit deutschem Kommentar mitverfolgen können Sie ab 12.40 Uhr (16.45 Uhr Ortszeit) auch die heilige Messe, die Papst Franziskus auf dem Expo-Platz in Nur-Sultan feiern wird.

Am dritten und letzten Besuchstag (Donnerstag, 15. September) übertragen wir ab 6.20 Uhr (10.30 Uhr Ortszeit) die Begegnung mit Bischöfen, Priestern, Ordensleuten, Diakonen, Seminaristen und Pastoralarbeitern in der Kathedrale "Muttergottes von der immerwährenden Hilfe"; ab 10.50 Uhr (15 Uhr Ortszeit) das Verlesen der Abschlusserklärung des Kongresses am "Palast der Unabhängigkeit".

Am Donnerstag, den 15. September, klingt die 38. Auslandsreise von Papst Franziskus aus. Der Abflug vom Flughafen Nur-Sultan ist – eine Viertelstunde später als ursprünglich angekündigt – für 17 Uhr Ortszeit vorgesehen. Gegen 20.15 Uhr mitteleuropäischer Zeit wird der Papst in Rom zurückerwartet.

Wo wir übertragen
Sie können sich wie immer im Livestream auf der Webseite vaticannews.de. zuschalten. Man kann uns auch über Facebook, Youtube und unsere Partnersender mitverfolgen: EWTN und k-TV, Radio Horeb, Radio Gloria, Radio Maria Österreich und Radio Maria Schweiz. Es wäre schön, wenn Sie wieder mit dabei wären!

(vaticannews – skr)

 
 
Klavierspielerin2 11.09.2022 19:26
Theologin: „Orthodoxie in Kasachstan sucht Neutralität“

Papst Franziskus reist dieser Tage zum Religionskongress in die kasachische Hauptstadt Nur-Sultan. Orthodoxie-Vertreter sind dabei, abgesagt hat der russische Patriarch Kyrill I. Die orthodoxe Kirche in Kasachstan gehört zum Moskauer Patriarchat, sucht aber im Ukraine-Krieg Neutralität. Ein Gespräch mit der Theologin und Orthodoxie-Spezialistin Regine Elsner.



Gudrun Sailer – Vatikanstadt

Vatican News: Der Religionskongress in Nur-Sultan, zu dem Papst Franziskus nächste Woche reist, findet im Drei-Jahresrhythmus statt, der erste war 2003. Welchen Stellenwert hat dieser Kongress im entlegenen Kasachstan im interreligiösen Dialog auf einer Weltebene? Ist das groß oder klein?

Regina Elsner: Der Kongress ist groß angelegt und zielt darauf, Religionsgemeinschaften zusammenzubringen, die sonst nicht unbedingt an einem Tisch sitzen. Da sind einige muslimische Gemeinschaften dabei, jüdische Gemeinschaften, auch kleinere Religionsgemeinschaften. Initiator ist Kasachstan, die kasachische Regierung und auch der Vatikan, auf dessen Initiative das Ganze schon zurückgeht.

„ein großes Ereignis, dass der Papst dorthin kommen wird“

Vatican News: Was bedeutet der Papstbesuch für den interreligiösen Kongress, die Regierung, und für Kasachstan überhaupt?

Regina Elsner: Dieser Kongress ist noch nie von einem Papst besucht worden. Es gab bisher immer Delegationen aus dem Vatikan und verschiedene Kardinäle nahmen teil. Auch Kasachstan selbst ist bisher nicht von Papst Franziskus besucht worden, und es ist für die kleine katholische Minderheit, aber auch für die anderen Religionen ein großes Ereignis, dass der Papst dorthin kommen wird.

Hier zum Hören:
Vatican News: Ist der Kongress eher regional oder zählt er auch auf Weltebene im interreligiösen Dialog?

Regina Elsner: Das ist schwer einzuschätzen. Der Kongress ist begründet worden von der kasachischen Regierung kurz nach dem 11. September 2001 und den großen Diskussionen über islamistischen Terror und die Frage, welche Rolle überhaupt Religion spielt in diesen Konflikten der Gegenwart. Der Papst bzw. der Vatikan war beteiligt an dieser Initiative, das heißt, es ist schon etwas, was sich auf Weltebene abspielt. Zugleich kann man sagen, dass der Kongress in der Weltöffentlichkeit eigentlich nie aufgetaucht ist. Man muss den Kongress auch verstehen im Zusammenhang mit den Versuchen Kasachstans, dieses Land als einen Ort des friedlichen Zusammenlebens von verschiedenen Nationen und Religionen international darzustellen, Kasachstan zu positionieren als einen Staat, der sich einsetzt für interreligiöse Verständigung. Aber letztendlich haben die Personen, die dorthin kommen, und die Mitteilungen, die danach veröffentlicht werden, in meiner Wahrnehmung eher einen regionalen Charakter. Sie werden weder von den großen Religionsgemeinschaften noch von der Weltöffentlichkeit wirklich wahrgenommen.

Vatican News: Ein Viertel der kasachischen Bevölkerung ist orthodox, und die orthodoxe Kirche dort ist – wie vieles in Kasachstan – nach Russland hin orientiert. Wie stehen denn die kasachischen orthodoxen Gläubigen zum Ukraine-Krieg, den die russische Orthodoxie für gerechtfertigt hält?

Regina Elsner: Die orthodoxe Kirche von Kasachstan gehört zum Moskauer Patriarchat, die kirchliche Verwaltungseinheit ist die russisch-orthodoxe Kirche. Diese Kirche ist auch enger angebunden an Moskau als zB die orthodoxe Kirche in der Ukraine jemals war. Es ist im Prinzip ein Bistum der russisch-orthodoxen Kirche in Kasachstan. Was die Haltung zum Ukraine-Krieg angeht, gibt es zwei Facetten. Zum einen muss man sagen, dass bisher kein Bischof dieser Kirche sich kritisch zu diesem Krieg geäußert hat, kritisch zur Rolle der russisch-orthodoxen Kirche in diesem Krieg oder eben Russland kritisieren würde. Gleichzeitig ist aber die kasachische Bevölkerung insgesamt und auch die kasachische Regierung in den letzten Monaten eher vorsichtig gewesen, sich überhaupt zu Russland zu äußern und hat versucht, sich etwas zu distanzieren, eine neutrale Haltung in diesem Krieg einzunehmen. Ich habe den Eindruck, dass die orthodoxen Gläubigen in diesem Land versuchen, diese Balance zu halten: dass man nicht öffentlich kritisiert, was Russland und die russisch-orthodoxe Kirche tun, gleichzeitig aber auch nicht versucht, das öffentlich zu unterstützen. Man versucht sich zurückzuhalten und das Thema gar nicht anzusprechen.

„Dass Kyrill absagt, war meiner Ansicht nach trotzdem etwas überraschend“

Vatican News: Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill wollte ursprünglich auch zu dem Kongress kommen, hat aber abgesagt, sodass ein zweites Treffen mit Papst Franziskus nicht zustande kommen wird. Was steht dahinter?

Regina Elsner: Es war vorhersehbar aus meiner Sicht, dass Moskau bei diesem Treffen bestimmen möchte, wie es läuft und sagen möchte, in welchem Zusammenhang dieses Treffen dargestellt wird und so weiter. Es war klar, dass Moskau ein Treffen mit dem Papst in seinem Sinn instrumentalisieren würde. Das sehen wir jetzt seit mehr als sechs Monaten, und das war für dieses Treffen nicht anders zu erwarten. Dass Kyrill absagt, war meiner Ansicht nach trotzdem etwas überraschend, weil natürlich Moskau sich hier eine Chance entgehen lässt, eben genau dieses Treffen mit dem Papst in der Öffentlichkeit als in ihrem Sinne darzustellen. Das heißt, man will hier deutlich zeigen, wer bestimmt, was auf diesem Treffen passiert und wann ein Treffen überhaupt stattfindet und hat durch die Absage klargemacht, dass man nicht einverstanden ist mit der Art und Weise, wie der Vatikan das Ganze planen möchte.

Vatican News: Welches Interesse hat Papst Franziskus aus Ihrer Sicht, den Kongress zu besuchen? Spielt das in Abu Dhabi unterzeichnete Dokument über die menschliche Geschwisterlichkeit aller Religionen eine Rolle?

Regina Elsner: Ja natürlich. Papst Franziskus ist ja bekannt dafür, dass er sich auf allen möglichen Ebenen dafür einsetzen möchte, dass solche Konflikte, Kriege und Auseinandersetzungen beendet werden. Er sieht den Vatikan und sich selbst in einer vermittelnden Rolle und versucht diese Rolle in jeder möglichen Variante auszuleben. Ich glaube aber dennoch, dass der Papst versucht hat, an diesem Treffen teilzunehmen, um Kyrill zu treffen. Das hatte schon eine gewisse Priorität. Vor diesem Hintergrund lässt sich gut fragen, warum der Papst da jetzt eigentlich hinfährt, mit welcher Idee. Er wird natürlich viele andere Religionsführer treffen und mit denen auch gut über Frieden, Versöhnung und die Rolle der Religion in Konflikten sprechen können, aber sein großes Ziel, hier einen Vorstoß in der Friedensentwicklung für die Ukraine zu erreichen, das wird ihm jetzt von vornherein nicht gelingen können.

In Karaganda liegt das einzige katholische Priesterseminar Kasachstans
„Der Papst setzt sich innerkatholisch einem Teil seiner größten Kritiker und Kritikerinnen aus“

Vatican News: Kasachstan ist eine Reise in die Peripherie. Die katholische Kirche ist ja eine absolute Minderheitenkirche – welche Peripherie ist das genau?

Regina Elsner: Wenn man das als einen Besuch innerhalb der Peripherien der katholischen Kirche ansieht, dann ist das mit Sicherheit so eine Reise: Es ist eine kleine Minderheit der katholischen Gläubigen in Kasachstan. Diese Kirche ist auch bekannt dafür, sehr konservative Ansichten zu vertreten, besonders auch fern zu sein von Entwicklungen, die wir hier in Deutschland zum Beispiel in der Kirche erleben, eine Reise, die auch für Papst Franziskus nicht einfach ist, weil auch er von den kasachischen Katholikinnen und Katholiken kritisiert worden ist für viele seiner Initiativen. Der Papst setzt sich innerkatholisch einem Teil seiner größten Kritiker und Kritikerinnen aus. Aber auch was die Weltchristenheit angeht, ist es eine Reise an die Peripherie. Denn auch die orthodoxen Gläubigen in Kasachstan sind {im Verhältnis zu den Muslimen} eher eine Minderheit. Und es ist eine Peripherie auch insofern, als das Christentum eine eher kleine Rolle hat im Vergleich zum Islam und anderen Strömungen.

„Was dort an interreligiöser Begegnung und Zusammenleben geschieht, sollten wir definitiv mehr wahrnehmen“

Radio Vatikan: Andererseits ist Kasachstan ein Beispiel dafür, dass hier Religionen in allen ihren Unterschieden friedlich zusammenleben können.

Regina Elsner: Das ist in jedem Fall so, und das ist Teil der Philosophie und der politischen Führung dieses Landes. Man gibt sich sehr viel Mühe, Kasachstan darzustellen als Land, in dem die Religionen friedlich zusammenleben. Das ist ein bisschen mit Vorsicht zu genießen, denn wir haben erst Anfang des Jahres gesehen, dass es auch in Kasachstan zu großen Auseinandersetzungen kommen kann. Auch dort gibt es viel Unmut in der Gesellschaft, unter anderem geht es um ethnische Konflikte, und da ist nicht alles so glattgebügelt, wie es die kasachische Regierung gerne hätte. Aber natürlich verdient dieses Land eine größere Aufmerksamkeit, als wir normalerweise dafür haben. Wir sehen Kasachstan kaum in unseren Nachrichten, und was dort an interreligiöser Begegnung und Zusammenleben geschieht, sollten wir definitiv mehr wahrnehmen.

Die katholische Theologin Regina Elsner ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) in Berlin. Sie forscht zur Sozialethik der Russischen Orthodoxen Kirche seit dem Ende der Sowjetunion.

(vatican news – gs)
 
Klavierspielerin2 12.09.2022 16:42
Kasachstan: „Hohes Bedürfnis nach Spiritualität und Religiosität“

Die katholische Kirche in Kasachstan hat eine einmalige Chance, sich in einer Umbruchsituation hilfreich einzubringen. Das sagt Thomas Schwartz, Hauptgeschäftsführer von Renovabis, der Solidaritätsaktion der deutschen Katholiken mit den Menschen in Mittel- und Osteuropa, in unserem Interview in Rom kurz vor der Abreise von Papst Franziskus nach Kasachstan.


Gudrun Sailer - Vatikanstadt

Radio Vatikan: Wie würden Sie als Leiter von Renovabis die kleine katholische Diaspora-Kirche in Kasachstan charakterisieren? Was sind ihre Stärken heute?

Thomas Schwartz, Hauptgeschäftsführer der Solidaritätsaktion Renovabis: Ich denke, die kasachische katholische Kirche hat im Moment große Chancen, weil sie vor einer Situation steht, in der sich das Land sehr stark verändert. Wir haben sehr viele Menschen, die aus anderen Ländern wie Korea oder China nach Kasachstan kommen, um dort beruflich eine neue Existenz aufzubauen. Dort spürt man gerade in den städtischen Umfeldern ein Bedürfnis nach Spiritualität und nach Religiosität. Und hier etwas anzubieten, was nicht nur Liturgie, sondern auch gelebter Glaube und soziale Kompetenz ausstrahlt ist, denke ich, eine Chance für die Kirche in Kasachstan, wie sie kaum ein anderes Land in Zentralasien im Moment hat.

Radio Vatikan: In der Sowjetunion war die Kirche in Kasachstan verfolgt. Nach der Unabhängigkeit 1991 sind sehr viele Kasachen ausgewandert, unter ihnen Katholiken, auch viele nach Deutschland. Wie sehr ist das noch in der DNA der katholischen Kirche in Kasachstan präsent heute und prägt auch die Zukunft?

Thomas Schwartz: Die Kirche in Kasachstan ist in der Tat geprägt gewesen von sehr vielen traditionsreichen Katholikinnen und Katholiken aus volksdeutschen und auch volkspolnischen Umfeldern, die in den letzten Jahrzehnten in der Tat dann in die Herkunftsländer zurückgegangen sind. Der Klerus und auch die kirchlichen Strukturen sind aber leider noch sehr in traditionellen Denkmustern beheimatet. Das heißt nicht, dass sie das nicht ändern könnten. Aber es ist eine große Herausforderung, auch für die Bischöfe und die Pfarreien, eine neue Positionierung zu finden und auf die neuen Herausforderungen, die eine sich ändernde Umgebung auch an die katholische Kirche stellt, auch wirklich eine Antwort geben zu können.

„Ihr seid nicht allein. Ihr seid von uns wahrgenommen, ernstgenommen. Ihr seid im Blick, nicht nur des Papstes, sondern auch im Blick der ganzen Weltkirche“

Radio Vatikan: Am kommenden Mittwoch feiert Papst Franziskus in der Hauptstadt Nur-Sultan zusammen mit den Gläubigen Kasachstans die Heilige Messe. Ebenfalls angekündigt haben sich katholische Gläubige aus Russland, die zum Papstbesuch nach Nur-Sultan pilgern. Was bedeutet das für die Katholiken in Kasachstan und die, die so weit aus Russland kommen, mit dem Bischof von Rom eine Heilige Messe zu feiern?

Thomas Schwartz: Der Heilige Vater hat ja immer verkündet, dass er an die Ränder gehen will. Und die Ränder der Kirche sind nun mal Länder, die weit von der römischen Ökumene weg sind, wie eben Kasachstan oder auch viele Christen in Russland. Es ist eine besondere Chance in einer Situation, in der wir alle wissen, dass es sehr schwierig ist und große politische Fragestellungen hervorrufen würde, wenn der Papst jetzt nach Russland reiste. Dort kann er aber nun mit Gläubigen aus Russland zusammenkommen, mit ihnen die Eucharistie zu feiern, mit ihnen Gemeinschaft feiern und ihnen deutlich machen: Ihr seid nicht allein. Ihr seid von uns wahrgenommen, ernstgenommen. Ihr seid im Blick, nicht nur des Papstes, sondern auch im Blick der ganzen Weltkirche.

„Wir wollen keinen Krieg, wir wollen kein Gegeneinander, wir wollen noch nicht einmal ein Nebeneinander“

Radio Vatikan: Kasachstan ist ein straff regiertes, aber andererseits auch ein weitgehend friedliches Land. Wenn Sie den Papstbesuch in die Zukunft weiterdenken: Was ist das Beste, das er in Kasachstan auslösen könnte?

Thomas Schwartz: Der Heilige Vater geht ja als Friedensapostel, als Botschafter des Friedens nach Kasachstan, so ist ja auch das Leitmotiv dieser pastoralen Reise und auch des Weltkongresses der Religionen, der dort stattfindet. Und ich denke, das ist das Beste, was der Heilige Vater dann auch tatsächlich für diese Menschen in Kasachstan bieten kann. Wir sind eine Religion des Friedens, wir sind eine Religion der Versöhnung, wie sind eine Religion des Dialogs, der Mitmenschlichkeit. Wir wollen keinen Krieg, wir wollen kein Gegeneinander, wir wollen noch nicht einmal ein Nebeneinander. Unser Ziel ist das Miteinander aller Menschen, weil alle Kinder Gottes sind.

Radio Vatikan: Die katholische Kirche ist, wie Sie gesagt haben, in Kasachstan zum Teil noch in älteren Strukturen und Denkmustern verhaftet. Und wir wissen auch, dass nicht wenige Gläubige bestimmten Lehraussagen von Papst Franziskus kritisch gegenüberstehen. Was kann sich denn hier durch eine persönliche Begegnung bewegen?

Thomas Schwartz: Es ist immer besser, wenn man miteinander redet, statt übereinander zu reden. Das ist nicht nur eine Erfahrung, die man jetzt in Kasachstan machen kann, wenn der Heilige Vater das Land besucht. Sondern das ist auch eine Erfahrung, die wir bei uns in Deutschland und überall, wo wir zu einem synodalen Weg und einem synodalen Prozess aufgerufen sind, machen können, wenn wir es ernst meinen. Das Miteinanderreden heißt nicht, dass man einander nach dem Mund redet. Das wird auch der Heilige Vater in Kasachstan nicht tun und das werden wahrscheinlich auch manche Gläubige in Kasachstan gegenüber dem Heiligen Vater nicht tun. Das ist auch nicht notwendig. Aber das miteinander beten, das füreinander beten ist schon etwas, was das Auseinanderdriften, das ja auch immer eine latente Gefahr für uns Christen darstellt, vermeiden kann.

(vatican news – gs)
 
Klavierspielerin2 12.09.2022 17:31
Vor der Papstreise: Unsere Korrespondentin berichtet aus Nur-Sultan


Am Dienstag kommt Papst Franziskus nach Kasachstan. Unsere Kollegin Gudrun Sailer ist ihm vorausgeflogen und hat ein paar erste Eindrücke in der Hauptstadt Nur-Sultan gesammelt.


Gudrun Sailer - Nur-Sultan (Kasachstan)

Gudrun Sailer, Radio Vatikan Korrespondentin in Kasachstan: Die katholische Gemeinde hier empfindet den Papstbesuch als ganz große Sache, eine Bestärkung im Glauben. Aber für die Allgemeinheit der Kasachen – so ist der Eindruck – ist der Papst eher eine unbekannte Größe, die man mit respektvollem Interesse zur Kenntnis nimmt. Franziskus wird sich in Kasachstan ausschließlich in der Hauptstadt Nur-Sultan aufhalten, und wir waren gerade an den Orten, die auch der Papst besuchen wird. Da hat uns ein junger Kasache angesprochen, Muslim, er meinte, dass der Papst komme, sei gut, er habe gestern im Fernsehen einen Beitrag über ihn gesehen.

In der Stadt hängt die eine oder andere Vatikan-Flagge, daneben immer die blaugelbe Kasachstan-Flagge und bemerkenswerterweise auch immer dazwischen eine China-Flagge, denn der chinesische Präsident Xi Jingping wird gleichzeitig mit dem Papst in Nur-Sultan sein, ein Treffen der beiden ist nicht vorgesehen. Dieses Flaggentrio ist schon ungewöhnlich, es steht auch für etwas, nämlich für den unbedingten Wunsch Kasachstans, ein neutraler, friedfertiger Boden zu sein, auf dem Dialog möglich ist. Da wehen also die drei Fahnen einträchtig nebeineinander, blaugelb für kasachstan, weißgelb für Vatikan und rot für China.

Radio Vatikan: Franziskus wird auch die Kathedrale von Nur-Sultan besuchen, wie bereitet man sich dort vor?
Gudrun Sailer: Als wir hinkamen, war eine Schar lokaler Priester und Bischöfe dort zur Vorbereitung und Absprache, auch mit dem vatikanischen Protokoll und den Schweizergardisten, die – so wie wir – schon vorausgeflogen sind. Die Stimmung dort ist heiter und man freut sich, an der Fassade hängen große Plakate, und im Inneren ist gerade ganz frisch angekommen eine neue Ikone, die Papst Franziskus dort segnen soll: die Muttergottes der Steppe, ein schönes großes Triptychon im Altarraum. Es stimmt, die katholische Kirche in Kasachstan schrumpft, weil viele Jüngere, gerade mit deutschen oder polnischen Wurzeln, in den Westen wegziehen, aber zugleich ist gerade eine Überganssituation, die Kirche richtet sich jetzt wirklich auf Kasachen aus. Der Papst kommt in die rechte Situation hinein, um diese Überganssituation zu bestärken.

(vatican news-gs)
 
Klavierspielerin2 13.09.2022 08:33
Papst Franziskus ist am Dienstagmorgen vom römischen Flughafen Fiumicino nach Kasachstan gestartet. Der Papstflieger hob um 7.36 Uhr Ortszeit, mit etwas Verspätung, ab. Es ist die 38. Auslandsreise des 85-jährigen Kirchenoberhaupts. Der Papst nimmt in der Hauptstadt Nur-Sultan am 7. Kongress der Vertreter der Welt- und traditionellen Religionen teil. Zudem besucht Franziskus die kleine katholische Gemeinde des Landes.
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Papst Franziskus war aufgrund seines Knieleidens wie inzwischen üblich mitsamt eines Rollstuhls in den blauen Airbus A330 der italienischen Fluggesellschaft ITA gehoben worden. Der Abflug war ursprünglich für 7. 15 Uhr angesetzt. Das Kirchenoberhaupt wird auf der Reise von mehreren hochrangigen Vatikanvertretern begleitet, darunter Kardinal Pietro Parolin, aber auch Kardinal Miguel Ángel Ayuso Guixot, der im Vatikan für den interreligiösen Dialog zuständig ist, sowie Kurt Koch, seines Zeichens Ökumenebeauftragter des Vatikans. Am Vorabend hatte der Papst wie gewohnt in der Basilika Santa Maria Maggiore für ein Gelingen der Reise gebetet.

Die Ankunft des Papstfliegers auf dem Flughafen Nur-Sultan ist am Nachmittag für 13.45 Uhr (17.45 Uhr Ortszeit) vorgesehen. Um 15.25 Uhr (Ortszeit: 19.30 Uhr) will Papst Franziskus dann in der „Qazaq Concert Hall" Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew, weitere Vertreter der Regierung, der Zivilgesellschaft und des Diplomatischen Korps treffen und seine erste Ansprache auf kasachischem Boden halten. Mehr steht am ersten Reisetag nicht auf dem offiziellen Programm.

Friedenstreffen in Kasachstan
Während seiner dreitägigen Reise steht die Teilnahme des Papstes am interreligiösen Friedenstreffen im Fokus. Zu diesem werden am 14. und 15. September laut lokalen Angaben rund 100 Delegationen aus 50 Ländern erwartet. Seit 2003, auch als Reaktion auf den islamistischen Terroranschlag 9/11 in den USA, lädt die kasachische Regierung alle drei Jahre zum „Kongress von Welt- und traditionellen Religionen", diesmal bereits zum siebten Mal. 

Darüber hinaus feiert Franziskus in Kasachstan eine Messe, zu der etwa 3.000 Pilgerinnen und Pilger zusätzlich erwartet werden. Ein ursprünglich avisiertes Treffen mit dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. findet indes nicht statt. Dieser hatte Ende August sein Kommen abgesagt. Stattdessen wird eine russische Delegation, angeführt vom neuen Leiter des russisch-orthodoxen Aussenamts, Metropolit Antonij (Sevrjuk), in Nur-Sultan erwartet. Diesen Freitag fliegt Franziskus zurück nach Rom.

(vatican news/cic-sst)
 
Klavierspielerin2 13.09.2022 10:31
Kasachstan: Ein Blick auf die katholische Diaspora
Nicht nur zum Religionskongress reist Papst Franziskus, wenn er am Dienstag nach Kasachstan aufbricht. Er besucht auch eine kleine Diaspora-Kirche von gut 100.000 katholischen Gläubigen, unter denen früher viele Deutsche waren. Wir sprachen mit Angelika Schmähling, Kasachstan-Referentin beim katholischen Hilfswerk Renovabis.
07/09/2022
Kasachstan: Ein Blick auf das Land vor der Papstreise
Gudrun Sailer – Vatikanstadt

Angelika Schmähling: Die Katholiken, das ist eine ziemlich kleine Gruppe, wahrscheinlich etwa ein Promille der Bevölkerung, also etwa, grob gesagt, 110.000 bis 120.000 Katholiken. Das ist also absolute Diaspora. Wie gesagt, die größte Gruppe sind Menschen mit russlanddeutschen oder polnischen Wurzeln. Das sind die Nachfahren von Menschen, die unter Stalin nach Kasachstan deportiert wurden. Es gibt inzwischen ein kleines Priesterseminar. Aber weiterhin ist es so, dass die meisten Priester und Ordensschwestern aus mittel- und osteuropäischen Ländern kommen, also als Missionare im Land sind. Das ist das Interessante, dass es in Kasachstan sehr viele Ordensgemeinschaften gibt. Also da haben wir die Familie Mariens, Franziskanerinnen und dann auch geistliche Gemeinschaften wie Comunione e Liberazione, Opus Dei und noch viele andere.

Radio Vatikan: Inwiefern hängt das zusammen mit der Zeit nach der Unabhängigkeit Kasachstans von der Sowjetunion 1991?

Angelika Schmähling: Ja, Grund dafür ist, dass in den 90er Jahren der missionarische Eifer sehr groß war, das katholische Leben wiederzubeleben. Da muss man ein bisschen in die Vergangenheit gucken. Die katholische Kirche in Kasachstan hat eine ganz spannende Geschichte. Und zwar gab es durch die Russlanddeutschen, die deportiert wurden, katholische Inseln. Zum Beispiel in Karaganda. Da gab es ein Stadtviertel, das Berlin genannt wurde, und da gab es große Familien mit vielen Kindern, die Werths, die Messmers, Familien, aus denen so gut wie jedes Kind entweder Priester oder Ordensschwester geworden ist. Und das ist eben auch die Tragik, dass dann in den 90er Jahren, als es möglich war, so viele Menschen nach Deutschland ausgewandert sind und jetzt leider auch die Polen auswandern. Und das stellt die Kirche vor eine riesige Herausforderung, weil von den traditionellen Gläubigen sehr viele abgewandert sind.

Radio Vatikan: Was für eine Perspektive gibt es für die katholischen Gläubigen in Kasachstan unter diesen Umständen?

Angelika Schmähling: Es ist wichtig, dass die Kirche sich neue Zielgruppen sozusagen erschließt, also zum Beispiel die Pastoral noch stärker kasachischsprachig ausrichtet. Bis jetzt war sie hauptsächlich russischsprachig, damit man dann auch die Einheimischen anspricht. Wobei man immer sagen muss, dass eben ein Übertritt für einen Muslim sicher noch mal schwieriger ist als für den orthodoxen Christen. Also dann auch einfach glaubensferne Leute erreichen. Wichtig ist natürlich auch, dass die Kirche über ihre Struktur nachdenkt, dass sie angesichts der Diasporasituation realistische Strukturen aufbaut und erhält und auch, dass sie zum Beispiel die Gefahr des Klerikalismus vermeidet, dass sie Laien schult für die Arbeit in Gemeinden, denn das ist ja auch die Chance, aus der Vergangenheit zu lernen. Denn in der Sowjetzeit gab es ganz wenige Priester, und da haben die Frauen die Gemeinden aufrechterhalten. Das muss man klar sagen. Und ich denke, daran kann man gut anknüpfen. Das ist auch für uns bis heute ein gutes Beispiel, diese Glaubenszeugnisse.

Radio Vatikan: Die Frauen haben das Glaubensleben aufrechterhalten - ist das heute noch spürbar?

Angelika Schmähling: Da ist leider viel abgebrochen, denn, und das sagen einige Priester und Bischöfe inzwischen auch selbstkritisch: In den 90er Jahren kamen viele Missionare, sagten zu den Gläubigen ,So, danke schön, jetzt sind wir, die Priester, hier, jetzt nehmen wir das in die Hand'. Und ich fürchte, da sind viele von diesen gewachsenen Traditionen auch wieder abgebrochen. Aus meiner Sicht ist es sehr wichtig, sich darauf wieder zu besinnen. Zum Beispiel läuft gerade jetzt der Seligsprechungprozess für Gertruda Detzel, eine Frau, die sich in den 60er, 70er Jahren um die Gemeinde gekümmert hat in Karaganda. Wenn ein Priester da war, hat sie organisiert, dass Messen im Untergrund stattfinden konnten, und so weiter. Und ich denke, dieser Seligsprechungsprozess ist noch mal ein sehr gutes Beispiel, um eben auf diese starken Frauen hinzuweisen und auch künftig dann Frauen in der Kirche eine Stimme zu geben.

(vatican news)
 
Klavierspielerin2 13.09.2022 13:37
Papstbesuch in Kasachstan auch Chance für Evangelisierung

Dass Papst Franziskus die kleine katholische Minderheit in Kasachstan besucht, tut nicht nur dieser sehr gut - sondern bietet auch die Chance, den katholischen Glauben Menschen nahe zu bringen, denen dieser bislang unbekannt war. Davon zeigt sich Athanasius Schneider, Weihbischof im römisch-katholischen Erzbistum der Allerheiligsten Jungfrau Maria zu Astana in Kasachstan, überzeugt. Unsere Kollegin Gudrun Sailer sprach mit ihm.


Radio Vatikan: Mit welchen Gefühlen sehen Sie diesem Papstbesuch entgegen?
Weihbischof Athanasius Schneider: Für uns ist der Papst der Nachfolger des Heiligen Petrus, das sichtbare Oberhaupt der katholischen Kirche. Wir sind ja eine kleine Kirche, in der Peripherie, nicht einmal ein Prozent der Bevölkerung. So ist es wichtig, dass wir sagen können, es ist eine Weltkirche. Dennoch: Weltkirche sind wir, wenn wir mit dem Papst verbunden sind, und diese Gemeinschaft haben. Das ist wichtig für uns: der Papst kommt jetzt zu uns, und das ist Katholizität für uns in der Peripherie. Deshalb sind unsere Gläubigen froh, dass der Heilige Vater kommt. Wenn ein Papst kommt, bedeutet das immer eine Stärkung der Ortskirche - vor allem, wo wir in der Minderheit sind. Wo die Katholiken in der Mehrheit sind, wie in Italien oder Spanien, mag das nicht so sein, aber wo wir nur ein knappes Prozent sind, ist es wichtig. Deshalb haben sich unsere Gläubigen gut vorbereitet, schon seit Wochen halten wir ein tägliches Gebet, ein eigenes Gebet für die Vorbereitung des Papstbesuchs. So denke und hoffe ich, das wird auch viel Segen bringen.

Radio Vatikan: Inwiefern ist ein Papstbesuch in einem Land mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit auch eine Gelegenheit, die Inhalte des christlichen Glaubens auf einer größeren Ebene ins Volk zu bringen, womit kann man attraktiv sein als Gläubige, bei anderen, die wenige Berührungspunkte haben damit?

Weihbischof Athanasius Schneider: Das ist eine wichtige Frage, dass es nicht nur einfach um einen Besuch geht, um ein Treffen, sondern dass wir auch den christlichen Glauben vermitteln können bei dieser Gelegenheit, soweit es möglich ist. Vor dem Papstbesuch haben uns zum Beispiel auch örtliche, staatliche Medien interviewt und etwa gefragt, was die Heilige Messe ist. Der Papst wird eine Messe halten, und die Regierung hilft uns, das vom praktischen und logistischen Gesichtspunkt her zu organisieren. Und es wurde im staatlichen Fernsehen bekannt gegeben vorher, dass es eine Messe mit dem Papst geben wird. Die Mehrheit der Bevölkerung kennt das Wort Messe gar nicht. Und einige werden kommen, denn das ist offen für alle, alle können dabei sein. Und so hat man uns interviewt und gefragt, bitte, können Sie uns sagen, was eine Messe ist? Und so konnte ich in einem kurzen Interview von fünf Minuten eine kleine Katechese darüber halten, was die Heilige Messe ist – und die ist ja eine Kurzfassung vom ganzen Christentum, unseres Glaubens.

Die Kathedrale der Muttergottes von der immerwährenden Hilfe in Nur-Sultan
Radio Vatikan: Papst Franziskus wird in der Kathedrale von Nur-Sultan – wo er die kasachischen Bischöfe und weitere Vertreter des katholischen Lebens treffen wird - auch eine neue Ikone segnen, ein schönes großes Triptychon im Altarraum. Was hat es damit auf sich?

Weihbischof Athanasius Schneider: Die Ikone heißt Muttergottes der großen Steppe, wir leben ja in der Steppe, und Erzbischof Thomas Peta hatte die Idee, dass man die Muttergottes mit kasachischen Elementen und im kasachischen Stil malt, um sie so dem kasachischen Volk, Christen und anderen, näherzubringen. Ein kasachischer Künstler hat sie geschaffen, man sieht das an typisch kasachischen Ornamenten, aber auch Kreuze sind darauf zu sehen. Das ist nicht einfach eine kasachische Frau. Auf dem Schleier sind Kreuze, das ist die Muttergottes. Rechts und links Engel, man sieht, es ist eine christliche Darstellung, Maria mit Jesus. Und ich glaube, dass so eine Darstellung die einheimischen Kasachen dem Christentum näher bringen und in ihnen zumindest Interesse wecken kann, wer ist denn das, diese Maria, die dort dargestellt ist… Und das ist eine Gelegenheit, hier Evangelisierung zu betreiben anhand einer Ikone, die die einheimische Bevölkerung anspricht.

 

(vatican news)
 
Klavierspielerin2 13.09.2022 13:49
Kasachstan: Dialog mit russisch-orthodoxer Kirche stockt nicht


Dass der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. nicht am Kongress der Führer der Welt- und traditionellen Religionen in Kasachstan mit Papst Franziskus teilnimmt, ist aus Sicht des Bischofs José Luis Mumbiela Sierra von der Diözese der Heiligen Dreifaltigkeit in Almaty medial überbewertet worden. „Der Dialog mit der orthodoxen Kirche im Allgemeinen geht weiter, und auch der Dialog mit der russisch-orthodoxen Kirche ist nicht ins Stocken geraten", so der Bischof.


Bischof Mumbiela, der auch Vorsitzender der Bischofskonferenz von Zentralasien ist, äußerte sich bei einer Online-Konferenz des katholischen Hilfswerks Kirche in Not. Hier die Fragen und Antworten des Bischofs der größten kasachischen Stadt in einer Zusammenfassung:

Franziskus reist nach Kasachstan, um an dem 7. Kongress der Führer der Welt- und traditionellen Religionen teilzunehmen, einer Initiative des ehemaligen Präsidenten Nursultan Nasarbajew, die im Jahr 2003 begann. Was macht dieses Treffen so wichtig?

Bischof Mumbiela: Ich glaube, wir können sagen, dass die Wurzeln dieses Kongresses in den von Johannes Paul II. initiierten Treffen in Assisi zu finden sind, von denen das erste 1986 stattfand. Damals lud der Papst die Vertreter der verschiedenen Religionen ein, gemeinsam für den Frieden zu beten. Ich glaube, dass die Idee von Nasarbajew daraus entstanden ist. Wie kann man den Geist von Assisi lebendig halten? Wie kann man diesen Geist, diese Flamme, diese Absicht über die Zeit hinweg am Leben erhalten? Viele, auch innerhalb der katholischen Kirche, haben damals darüber gestritten und gesagt, dass das Zusammentreffen verschiedener religiöser Führer eine Quelle des Relativismus sei und so weiter. Johannes Paul II. handelte jedoch aus einer globalen Perspektive heraus. Er rief sie zusammen als ein Hirte unter Hirten, der das Wohl der gesamten Menschheit im Auge hatte, nicht nur das der Katholiken.

„Lasst uns zeigen, dass Religion ein Weg zum Frieden ist“

Was können wir von diesem Kongress erwarten?
Bischof Mumbiela: Ich glaube, dass dieser Kongress im Laufe der Jahre seine Ziele recht gut erreicht hat. Das Ziel ist, dass sich alle Religionen für den Weltfrieden einsetzen. Wir müssen das Image der Religion aufpolieren, den wahren Sinn der Religion wiederfinden. Papst Franziskus gibt einen Weckruf, keinen Hammerschlag ab, er fordert uns liebevoll auf, „die Tür zu dieser Hoffnung wieder zu öffnen". Lasst uns zeigen, dass Religion ein Weg zum Frieden ist.

Kann dieser Kongress den Dialog zwischen der katholischen und der russisch-orthodoxen Kirche verbessern, der in letzter Zeit so viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat?
Bischof Mumbiela: Der Moskauer Patriarch Kirill wird nicht kommen, aber er schickt eine Delegation. Der Dialog mit der orthodoxen Kirche im Allgemeinen geht weiter, und auch der Dialog mit der russisch-orthodoxen Kirche ist nicht ins Stocken geraten. Ich denke also, dass dies eine positive Wirkung haben wird. Wenn die Menschen kommen, dann deshalb, weil es eine Haltung des Dialogs gibt, weil dieser Geist nicht zerstört worden ist. Meiner Meinung nach haben die Medien der Tatsache, dass der Patriarch nicht anwesend sein wird, zu viel Aufmerksamkeit geschenkt.  

„Meiner Meinung nach haben die Medien der Tatsache, dass der Patriarch nicht anwesend sein wird, zu viel Aufmerksamkeit geschenkt“

Kasachstan war von der Zarenzeit bis zum Stalinismus Ziel vieler Deportationen und beherbergte zeitweise 11 Internierungslager. Glauben Sie, dass der Papst einen dieser Orte besuchen wird?

Bischof Mumbiela: Als der Vatikan uns Bischöfe bat, Vorschläge für das Programm des Papstbesuches zu machen, war einer davon, nach Karaganda zu fahren und einige der Stätten der sowjetischen Unterdrückung zu besuchen. Aber der Gesundheitszustand des Papstes lässt ihm offensichtlich nicht viel Spielraum, er ist sehr eingeschränkt. Die Regierung hat einige Vorschläge gemacht, die Bischöfe andere, aber uns wurde gesagt, dass der Papst seine Bewegungen und Treffen auf ein Minimum beschränken muss. Was wir wissen, ist, dass er sich mit einigen religiösen Führern treffen wird.

30 Jahre Unabhängigkeit Kasachstans
Papst Franziskus, das Oberhaupt der Katholischen Kirche, wird ein Land besuchen, das mehrheitlich muslimisch ist (70 Prozent), mit 25 Prozent Christen, von denen nur ein Prozent Katholiken sind. Welche Bedeutung hat diese Reise?

Bischof Mumbiela: Nach den traurigen Gewalttaten, die Kasachstan zu Beginn dieses Jahres erlitten hat, kommt der Papst, um uns zu sagen, dass wir nicht allein sind und dass wir vorankommen müssen. Der Papst sagte dem Präsidenten, dass er all das, was Kasachstan für Frieden und Harmonie getan hat, sehr schätzt und dass er kommt, um seine Unterstützung zu zeigen. Der Besuch von Papst Franziskus ist mehr als nur ein Zeichen der Unterstützung für die Regierung, er gilt dem ganzen Land. In diesem Jahr feiern wir das dreißigjährige Bestehen der Unabhängigkeit und unserer Verfassung. Dies ist eine Unterstützung für die Suche nach der Identität dieses Landes nach bestimmten Werten, einschließlich der religiösen Harmonie.


„Die Menschen in diesem Land lieben die Päpste, unabhängig davon, wer sie sind“

Und was bedeutet das für die Minderheit der Katholiken im Land?
Bischof Mumbiela: Im Laufe seiner Geschichte war Kasachstan ein Drehkreuz für viele verschiedene Völker und Kulturen. Daher gibt es viele verschiedene Erfahrungen, je nachdem, wie die einzelnen Gemeinschaften mit dem Christentum in Berührung gekommen sind. Im Allgemeinen herrscht jedoch eine Atmosphäre großer Freude, wie bei einem Familienfest. Für uns ist der Papst nicht nur ein Staatsoberhaupt, er ist mehr als nur das Oberhaupt des Vatikans, viel mehr. Wir sind Gastgeber für jemanden, der uns allen sehr nahe steht, ein Vater. Die Menschen in diesem Land lieben die Päpste, unabhängig davon, wer sie sind.

Kasachstan hat sich seit dem historischen Besuch von Johannes Paul II. vor 21 Jahren stark verändert. Welche Katholiken werden den Papst begrüßen, wenn er ankommt?

Bischof Mumbiela: Ein großer Teil der Katholiken lebt im Norden des Landes, wo es eine polnische Mehrheit gibt. In den größeren Städten gibt es eine größere ethnische Vielfalt der Einwohner. Es gibt zum Beispiel viele Koreaner, die aus früheren Deportationen stammen und katholisch sind. Es gibt auch Menschen aus nicht-christlichen Bevölkerungsgruppen, die zum Katholizismus konvertiert sind. Es ist wie ein Fluss, der immer weiter fließt, weil die Menschen von der Botschaft der Kirche angezogen werden. Sie werden nicht von der Tatsache angezogen, dass wir wunderbar Russisch sprechen oder dass wir eine Art Zauberflöte haben, nein, sie lassen sich von ihrem Herzen leiten, nicht wegen unserer großen Tugenden, sondern durch die Gnade Gottes.

(pm-sst)
 
Klavierspielerin2 13.09.2022 15:52
Deutsche in Kasachstan werden wieder mehr

Mit Kasachstan besucht Papst Franziskus ein Land, dessen kleine katholische Ortskirche wesentlich deutsch geprägt ist. Seit den 90er-Jahren gingen die Deutschen fort aus Kasachstan, aber der Trend kehrt sich gerade um, sagt Yevgeniy Bolgert, Vorsitzender der Vereinigung der Deutschen Kasachstans. 


Gudrun Sailer – Nur-Sultan

„Zurzeit haben wir 226.000 ethnische Deutsche, die in Kasachstan leben, das sind die neuesten Zahlen, und wir sehen, dass die Zahlen wachsen.“ Rund 1,2 Prozent der Kasachen sind damit heute Kasachendeutsche. Yevgeniy Bolgert, den wir am Sitz seiner Vereinigung in Nur-Sultan besuchen, referiert die Ergebnisse der Volkszählung des Wirtschaftsministeriums 2021 mit Stolz und ein wenig Erleichterung. Er ist in Kasachstan geboren und aufgewachsen, studiert hat er in St. Petersburg und in Dresden. Doch während sein Vater und seine Großmutter heute in Bayern leben, ist er selbst in seinem Heimatland geblieben. Und damit liegt er gleichsam im Trend.


Seit der Unabhängigkeit Kasachstans von Russland 1991 siedelten zahllose ethnische Deutsche nach Deutschland über, wo sie als Spätaussiedler sofort die Staatsbürgerschaft erhielten. Der Trend ist nach Einschätzung Bolgerts nicht nur gestoppt, sondern umgekehrt: „Die Leute, die aus Kasachstan vor 20 oder 30 Jahren nach Deutschland ausgesiedelt sind, die kommen zurück. Sie kriegen auch einen kasachischen Pass und fangen wieder hier zu leben an.“ Und die, die hier geblieben sind, bekommen mehr Kinder, weil sie sich sicher fühlen, wie Bolgert unterstreicht.

Wie kamen die Deutschen historisch nach Kasachstan? Letztlich durch Zwangsumsiedelung. Stalin deportierte die Wolgadeutschen und die Ukraine-Deutschen in die Steppen Zentralasiens, besonders in Lager in Kasachstan. Die deutschstämmige Bevölkerung – entweder katholisch oder evangelisch – sah sich massiver Unterdrückung durch die Kommunisten ausgesetzt. Seit den 1950er Jahren, besonders aber seit dem Zerfall der Sowjetunion ab 1991 nutzten nach offiziellen Angaben aus Berlin rund 4,5 Millionen Menschen deutscher Abstammung mit ihren Angehörigen die Möglichkeit, nach Deutschland zu übersiedeln. Heute kehren einige zurück.

Kasachstandeutsche: Keine homogene Gruppe
Eine ganz homogene Gruppe sind die Kasachstandeutschen allerdings nicht, erklärt Yevgeniy Bolgert. In den Städten entstehen viele Ehen zwischen den einzelnen Volksgruppen, auf dem Land ist das noch anders. Die religiöse Zugehörigkeit ist ebenfalls in Entwicklung. „Die Kasachstandeutschen sind grundsätzlich katholisch oder evangelisch. Dafür gibt es alle Möglichkeiten. Die ältere Generation ist mehr gläubig, sie haben viele Erinnerungen an die schwierigen Zeiten in der sowjetischen Zeit. Die Priester und Gläubigen in den Gemeinden haben viel Hilfe gebracht. Die jungen Menschen sind, wie in anderen Ländern, progressiv. Aber es kommt mit dem Alter zurück. Wenn du erwachsen bist, glaubst du an Gott.“

(vatican news – gs)
 
Klavierspielerin2 13.09.2022 16:09
Papst in Kasachstan: Unsere Welt muss wieder zu Harmonie finden

Franziskus hat sich in seiner ersten öffentlichen Rede in Nur-Sultan als „Pilger des Friedens“ definiert. In der Rede an den Staatspräsidenten und Vertreter von Politik und Religion ging das katholische Kirchenoberhaupt auf die Bedeutung des Dialogs ein. Der kasachische Präsident Qassym-Schomart Kemeluly Toqajew bedankte sich beim Gast aus Rom für sein Kommen.

Mario Galgano – Vatikanstadt

Kasachstan sei ein Ort wichtiger geopolitischer Knotenpunkte, betonte der Papst in seiner ersten Rede auf kasachischem Boden. Das zentralasiatische Land spiele eine entscheidende Rolle bei der Entschärfung von Konflikten. Franziskus erinnerte daran, dass sein Vorgänger Johannes Paul II. unmittelbar nach den tragischen Anschlägen von 2001 nach Kasachstan ging, „um Hoffnung zu säen“.

„Ich komme hierher im Verlauf des wahnsinnigen und tragischen Krieges, der durch die Invasion der Ukraine ausgelöst worden ist, und während noch weitere Auseinandersetzungen und drohende Konflikte diese unsere Zeit gefährden. Ich komme, um den Schrei der Vielen zu verstärken, die um Frieden flehen, der für unsere globalisierte Welt ein wesentlicher Entwicklungsfaktor ist“, so Franziskus wörtlich. Die heutige Welt brauche „wieder Harmonie“. Die Notwendigkeit, das diplomatische Engagement zugunsten des Dialogs und der Begegnung zu erweitern, werde immer dringlicher, denn das Problem des einen sei heute das Problem aller:

Für einen neuen ,Geist von Helsinki´
„Und wer in der Welt mehr Macht hat, trägt eine größere Verantwortung gegenüber den anderen, insbesondere gegenüber den Ländern, die am stärksten durch eine Logik des Konflikts erschüttert werden. Darauf sollte man achten und nicht nur auf die Interessen, die einem selbst zum Vorteil gereichen. Es ist an der Zeit, das Zuspitzen von Rivalitäten und das Verfestigen einander entgegengesetzter Blöcke zu vermeiden. Wir brauchen Führungspersönlichkeiten, die es den Völkern auf internationaler Ebene ermöglichen, einander zu verstehen und miteinander zu reden, und die einen neuen ,Geist von Helsinki´ aufkommen lassen, den Willen, den Multilateralismus zu stärken, um mit Blick auf die kommenden Generationen eine stabilere und friedlichere Welt aufzubauen. Und um dies zu tun sind Verständnis, Geduld und Dialog mit allen nötig. Ich wiederhole: mit allen.“


Die Bedeutung der Dombra
Franziskus war in der kasachischen Hauptstadt Nur-Sultan mit traditioneller kasachischer Musik und Tanzdarbietungen empfangen worden. Musik spielte auch in seiner Rede eine Rolle, so unterstrich der Papst die Bedeutung der Dombra, eines typischen Instruments des Landes:

„Als Symbol der Kontinuität in der Vielfalt verleiht sie dem Gedächtnis des Landes einen Rhythmus und erinnert uns auf diese Weise daran, wie wichtig es ist, angesichts des raschen wirtschaftlichen und sozialen Wandels die Verbindung zum Leben derer, die uns vorausgegangen sind, nicht zu vernachlässigen, auch durch jene Traditionen, die es uns ermöglichen, die Vergangenheit und das, was wir ererbt haben, in Ehren zu halten. Ich denke da zum Beispiel an den schönen, hier weit verbreiteten Brauch, am Freitagmorgen zu Ehren der Vorfahren sieben Brote zu backen.“

 „Land der Begegnung“
Die Geschichte Kasachstans sei aber auch von tragischen Momenten gekennzeichnet, fuhr Franziskus fort. Er erinnerte an die Gefangenenlager und Massendeportationen, „welche die Städte und unendlichen Steppen dieser Gegenden zu Schauplätzen der Unterdrückung vieler Volksgruppen machten“. Doch die Kasachen hätten sich von diesen Gewaltakten nicht einschüchtern lassen.

Kasachstan sei zu einem „Land der Begegnung“ geworden, würdigte der Papst sein Gastland. Die rund 150 ethnischen Gruppen und die mehr als achtzig Sprachen, die es in Kasachstan geben, hätten sich „mit ihren unterschiedlichen Geschichten, kulturellen und religiösen Traditionen“ zu einer „außergewöhnlichen Symphonie“ eingefügt. Damit sei Kasachstan zu einem „einzigartigen multiethnischen, multikulturellen und multireligiösen Labor“ geworden. Das zentralasiatische Land offenbare damit „seine besondere Berufung, Land der Begegnung zu sein“.

Die Rolle der Religionsfreiheit
Mit Blick auf den Religions- und Friedens-Kongress, an der er in den nächsten Tagen teilnehmen wird, sagte Franziskus: „Während die Religionen die unverzichtbare Aufgabe haben, das Absolute zu suchen und zu bezeugen, brauchen sie die Möglichkeit, sich frei zu äußern. Und so ist die Religionsfreiheit die beste Grundlage für ein gutes gesellschaftliches Zusammenleben.“

Überall sei es nötig, dass sich Demokratie und Modernisierung nicht auf Ankündigungen beschränken, sondern in einen konkreten Dienst für die Bevölkerung münden, so der Papst weiter. Dann ging er auf die Bedeutung „einer guten Politik“ ein, die den Menschen zuhöre und auf ihre berechtigten Bedürfnisse antworte:

„Mehr tun gegen die Korruption!“

„Es ist die Politik, die die Zivilgesellschaft sowie Nichtregierungs- und humanitäre Organisationen kontinuierlich miteinbezieht, die eine besondere Aufmerksamkeit gegenüber Arbeitnehmern, Jugendlichen und den schwächsten Bevölkerungsschichten hat. Und auch – das braucht jedes Land der Welt – Maßnahmen gegen die Korruption. Dieser wahrhaft demokratische Politikstil ist die wirksamste Antwort auf möglichen Extremismus, Personenkult und Populismus, die die Stabilität und das Wohlergehen der Völker bedrohen.“

Da denke er auch die Notwendigkeit einer „gewissen wirtschaftlichen Sicherheit“, die es in Ländern mit reichen natürlichen Ressourcen brauche. Es sei die Aufgabe des Staates, aber auch der Privatwirtschaft, alle Bevölkerungsgruppen gerecht und mit gleichen Rechten und Pflichten zu behandeln und die wirtschaftliche Entwicklung nicht im Hinblick auf den Verdienst einiger weniger, sondern auf die Würde eines jeden Arbeitnehmers zu fördern, erläuterte Papst Franziskus.

(vatican news)
 
Klavierspielerin2 14.09.2022 08:21
Papst wirbt in Kasachstan für „Seidenstraße des Dialogs“
Papst Franziskus hat in der Hauptstadt von Kasachstan, Nur-Sultan, für eine „neue Seidenstraße“ geworben. Diese solle nicht von kommerziellen Interessen bestimmt sein, sondern von Dialog. Das sagte er bei der Eröffnung einer Konferenz von Religionsführern aus etwa fünfzig Ländern.
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Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Der Papst erwähnte nicht ausdrücklich die „neue Seidenstraße“, für die das chinesische Regime eintritt und die tatsächlich vor allem wirtschaftlichen Überlegungen geschuldet ist - doch die Anspielung war klar. Chinas Präsident Xi Jinping wird sich in diesen Tagen ebenfalls in Kasachstan aufhalten; eine Begegnung mit Franziskus ist aber nicht geplant. China und der Heilige Stuhl unterhalten keine diplomatischen Beziehungen.

Franziskus war nach Nur-Sultan gekommen, um am siebten „Kongress der Führer der weltweiten und traditionellen Religionen“ teilzunehmen. Diesen Kongress richtet das kasachische Regime regelmäßig seit 2003 aus; Vorbild ist das Weltgebetstreffen der Religionen von Assisi, zu dem der hl. Papst Johannes Paul II. 1986 erstmals eingeladen hatte. Unter den Teilnehmern in Nur-Sultan sind der griechisch-orthodoxe Patriarch Theophilos III. von Jerusalem, der islamische Großscheich Ahmed al-Tayyeb aus Kairo und Israels Oberrabbiner Yitzhak Yosef und David Lau. Auch die russisch-orthodoxe Kirche hat eine Delegation ins Nachbarland entsandt.

Eindrücke vom Kongress
Eindrücke vom Kongress
Zu Beginn ein schweigendes Gebet
Am Beginn der Konferenz im „Palast der Unabhängigkeit“ stand Schweigen: In aller Stille beteten die Anwesenden – darunter Mullahs, buddhistische Mönche in Safrangewändern, der Papst im Rollstuhl – um Frieden und Eintracht. Ein gemeinsames Beten der Religionen ist aus katholischer Sicht nicht möglich, weil sich die Gottesbilder der jeweiligen Gläubigen zu sehr voneinander unterscheiden.

Außer dem Papst ergriffen auch der kasachische Präsident sowie mehrere Religionsführer das Wort, darunter der Leiter des Außenamts des Moskauer Patriarchats, Metropolit Antonij. In seiner Ansprache redete Franziskus die Anwesenden, unter ihnen Kasachstans Staatspräsidenten, als „Brüder und Schwestern“ an – „im Namen der Geschwisterlichkeit“.

 
„Im Namen der Geschwisterlichkeit“

„Liebe Oberhäupter und Vertreter der Weltreligionen und der traditionellen Religionen, wir befinden uns in einem Land, das im Laufe der Jahrhunderte von großen Karawanen durchquert wurde: So viele Geschichten, Ideen, Glaubensrichtungen und Hoffnungen haben sich an diesen Orten miteinander verwoben. Möge Kasachstan wieder ein Land der Begegnung zwischen denen werden, die weit entfernt voneinander sind. Möge es eine neue Seidenstraße eröffnen, bei der es nicht um den Wert des Handels, sondern um die menschlichen Beziehungen geht: um den Respekt, um die Ehrlichkeit des Dialogs, um den unabdingbaren Wert eines jeden, um die Zusammenarbeit…“

Eindrücke vom Kongress
Eindrücke vom Kongress
Menschen lebten nicht so sehr, um irdische Interessen zu befriedigen und Beziehungen wirtschaftlicher Art zu knüpfen, „sondern um gemeinsam unterwegs zu sein, als Wanderer mit einem zum Himmel gerichtetem Blick“, so Franziskus mit einem Bild, das er schon letztes Jahr bei seinem Besuch in der Abraham-Stadt Ur im Irak bemüht hat.

„Die Welt erwartet von uns echte Religiosität“
„Wir müssen den letzten Fragen einen Sinn geben, eine Spiritualität pflegen… Die Welt erwartet von uns das Beispiel aufrechter Seelen und klaren Verstandes, sie erwartet echte Religiosität. Die Stunde ist gekommen, um aus jenem Fundamentalismus zu erwachen, der jedes Bekenntnis beschmutzt und zersetzt, die Stunde, um das Herz rein und barmherzig zu machen.“ Religion sei dazu da, „auf den Durst der Welt nach Frieden zu antworten und auf den Durst nach dem Unendlichen, der im Herzen eines jeden Menschen wohnt“.

 
Der Papst brach eine Lanze für die Religionsfreiheit, verurteilte Proselytismus und Indoktrination und warnte vor „Allmachtsphantasien, die durch technische und wirtschaftliche Fortschritte hervorgerufen werden“, sowie den „Fallstricken von Profit und Gewinn“. Gewalt dürfe nie mit religiösen Motiven begründet werden. Tenor seiner Rede in der früheren Sowjetrepublik: Gläubige aller Länder, vereinigt euch! Die Aufgabe bestehe darin, „sich um die eine Menschheit zu kümmern, der alle angehören, und zu Handwerkern der Einheit zu werden, zu Zeugen einer Zusammenarbeit, die die Grenzen der eigenen Gemeinschaft, der eigenen ethnischen, nationalen und religiösen Zugehörigkeit überschreitet“.

„Es braucht einen Ruck, und dieser Ruck, Brüder und Schwestern, muss von uns kommen“

Die Welt stehe derzeit vor zahlreichen Herausforderungen: Krieg, Pandemie, Klimawandel, Armut, Ungerechtigkeit. „Es braucht einen Ruck, und dieser Ruck, Brüder und Schwestern, muss von uns kommen. Wenn der Schöpfer, dem wir uns geweiht haben, das menschliche Leben hervorgebracht hat, wie können wir, die wir uns als gläubig bezeichnen, seiner Zerstörung zustimmen?“

 
 „Gott ist Frieden und führt immer zum Frieden, niemals zum Krieg“
Beim Anflug auf Nur-Sultan hatte das Papst-Flugzeug den ukrainischen und russischen Luftraum umflogen – doch was Franziskus am Mittwochmorgen sagte, zielte deutlich auf den Konflikt in der Nachbarschaft: „Gott ist Frieden und führt immer zum Frieden, niemals zum Krieg.“ Zum Schluss dann eine Art Gebet: „Möge der Allerhöchste uns von den Schatten des Misstrauens und der Falschheit befreien; möge er uns gewähren, sonnige und geschwisterliche Freundschaften zu pflegen, durch häufigen Dialog und klare Aufrichtigkeit der Absichten. Suchen wir nicht nach falschen, versöhnlichen Synkretismen, sondern bewahren wir unsere Identitäten in Offenheit für den Mut zum Anderssein und für die geschwisterliche Begegnung. Nur so können wir in den dunklen Zeiten, in denen wir leben, das Licht unseres Schöpfers ausstrahlen.“

(vatican news - sk)
 
 
Klavierspielerin2 14.09.2022 10:47
Wortlaut: Papst Franziskus bei Religionskonferenz in Kasachstan
Hier finden Sie die Ansprache, die Papst Franziskus an diesem Mittwoch bei der Eröffnung des „VII Congress of Leaders of World and Traditional Religions” in der Hauptstadt von Kasachstan, Nur-Sultan, gehalten hat, in ihrer offiziellen deutschen Fassung.


Einige spontane Hinzufügungen des Papstes wurden in den Text eingearbeitet. Sämtliche Wortmeldungen des Papstes in ihrer offiziellen Fassung werden auf der offiziellen Internetseite des Vatikan aufgeführt.

Brüder und Schwestern!
Gestattet mir, dass ich mich mit diesen direkten und vertrauten Worten an Euch wende: Brüder und Schwestern. Auf diese Weise möchte ich euch, die religiösen Führer und Autoritäten, die Mitglieder des diplomatischen Korps und der internationalen Organisationen, die Vertreter der akademischen und kulturellen Institutionen, der Zivilgesellschaft und der verschiedenen Nichtregierungsorganisationen, im Namen jener Geschwisterlichkeit grüßen, die uns alle als Kinder desselben Himmels vereint.

Angesichts des Geheimnisses des Unendlichen, das uns überragt und anzieht, erinnern uns die Religionen daran, dass wir Geschöpfe sind: Wir sind nicht allmächtig, sondern Frauen und Männer auf dem Weg zum selben Himmel. Die Geschöpflichkeit, die wir teilen, schafft also eine Gemeinsamkeit, eine echte Geschwisterlichkeit. Sie erinnert uns daran, dass sich der Sinn des Lebens nicht auf unsere persönlichen Interessen reduzieren kann, sondern in der Geschwisterlichkeit eingeschrieben ist, die uns auszeichnet. Wir wachsen nur mit den anderen und dank der anderen. Liebe Oberhäupter und Vertreter der Weltreligionen und der traditionellen Religionen, wir befinden uns in einem Land, das im Laufe der Jahrhunderte von großen Karawanen durchquert wurde: So viele Geschichten, Ideen, Glaubensrichtungen und Hoffnungen haben sich an diesen Orten miteinander verwoben. Möge Kasachstan wieder ein Land der Begegnung zwischen denen werden, die weit entfernt voneinander sind. Möge es eine neue Seidenstraße eröffnen, bei der es nicht um den Wert des Handels, sondern um die menschlichen Beziehungen geht: um den Respekt, um die Ehrlichkeit des Dialogs, um den unabdingbaren Wert eines jeden, um die Zusammenarbeit; ein geschwisterlicher Weg, der dazu dient, gemeinsam auf den Frieden zuzugehen.

Gruppenbild mit Papst
Gruppenbild mit Papst
„Wir wachsen nur mit den anderen und dank der anderen“

Gestern habe ich das Bild der Dombra herangezogen; heute möchte ich dem Musikinstrument eine Stimme beigesellen, nämlich die des berühmtesten Dichters des Landes, des Vaters seiner modernen Literatur, des Pädagogen und Komponisten, der oft mit der Dombra dargestellt wird. Abai (1845-1904), wie er im Volksmund genannt wird, hat uns von Religiosität durchdrungene Schriften hinterlassen, in denen die beste Seite der Seele dieses Volkes durchscheint: eine harmonische Weisheit, die sich nach Frieden sehnt und ihn sucht, indem sie sich selbst in Demut hinterfragt, die sich nach einer menschenwürdigen Weisheit sehnt, die sich nie in enge und begrenzte Visionen verschließt, sondern bereit ist, sich von vielfältigen Erfahrungen inspirieren und provozieren zu lassen. Abai provoziert uns mit einer zeitlosen Frage: »Was ist die Schönheit des Lebens, wenn man nicht in die Tiefe geht?« (Poesie, 1898). Ein anderer Dichter fragte sich nach dem Sinn des Daseins und legte einem Hirten dieser unendlichen Weiten Asiens eine ebenso wichtige Frage in den Mund: »Wohin zielt mein kurzes Schweifen hier?« (G. LEOPARDI, Nachtgesang eines wandernden Hirten in Asien). Es sind Fragen wie diese, die das Bedürfnis nach Religion wecken, die uns daran erinnern, dass wir Menschen nicht so sehr existieren, um irdische Interessen zu befriedigen und Beziehungen rein wirtschaftlicher Art zu knüpfen, sondern um gemeinsam unterwegs zu sein, als Wanderer mit einem zum Himmel gerichtetem Blick. Wir müssen den letzten Fragen einen Sinn geben, eine Spiritualität pflegen; wir müssen, so Abai, »die Seele wach und den Geist klar« behalten (Wort 6).

Brüder und Schwestern, die Welt erwartet von uns das Beispiel aufrechter Seelen und klaren Verstandes, sie erwartet echte Religiosität. Die Stunde ist gekommen, um aus jenem Fundamentalismus zu erwachen, der jedes Bekenntnis beschmutzt und zersetzt, die Stunde, um das Herz rein und barmherzig zu machen. Aber es ist auch an der Zeit, jene Diskurse den Geschichtsbüchern zu überlassen, die hier und anderswo zu lange Misstrauen und Verachtung gegenüber der Religion gesät haben, so als sei sie ein destabilisierender Faktor in der modernen Gesellschaft. Hierzulande ist das Erbe eines jahrzehntelang aufgezwungenen staatlichen Atheismus wohlbekannt, jene bedrückende und erstickende Mentalität, bei der allein schon die Verwendung des Wortes „Religion“ Verlegenheit hervorrief. In Wirklichkeit sind die Religionen nicht ein Problem, sondern Teil der Lösung für ein harmonischeres Zusammenleben. Das Streben nach Transzendenz und der heilige Wert der Geschwisterlichkeit können in der Tat die Entscheidungen inspirieren und erhellen, die im Zusammenhang mit geopolitischen, sozialen, wirtschaftlichen, ökologischen – im Grunde jedoch geistlichen – Krisen zu treffen sind. Diese Krisen durchziehen viele der heutigen Institutionen, selbst die Demokratien, und gefährden die Sicherheit und Harmonie zwischen den Völkern. Deshalb brauchen wir die Religion, um auf den Durst der Welt nach Frieden zu antworten und auf den Durst nach dem Unendlichen, der im Herzen eines jeden Menschen wohnt.

„In der Tat hat jeder Mensch das Recht, den eigenen Glauben öffentlich zu bezeugen“

Eine wesentliche Voraussetzung für eine wahrhaft menschliche und ganzheitliche Entwicklung ist daher die Religionsfreiheit. Brüder und Schwestern, wir sind freie Geschöpfe. Unser Schöpfer ist „für uns zur Seite getreten“, hat seine absolute Freiheit sozusagen „eingeschränkt“, um auch uns zu freien Geschöpfen zu machen. Wie können wir dann unsere Geschwister in seinem Namen zu etwas zwingen? »Wir glauben und beten an«, lehrte Abai, »aber wir dürfen nicht sagen, dass wir andere zum Glauben und zur Anbetung zwingen können« (Wort 45). Die Religionsfreiheit ist ein grundlegendes, primäres und unveräußerliches Recht, das überall gefördert werden muss und sich nicht nur auf die Freiheit der Religionsausübung beschränken darf. In der Tat hat jeder Mensch das Recht, den eigenen Glauben öffentlich zu bezeugen und als Angebot darzulegen, ohne ihn jemals anderen aufzuzwingen. Das ist die gute Praxis der Verkündigung, die sich von Proselytismus und Indoktrination unterscheidet, von denen sich alle fernhalten sollten. Das wichtigste Bekenntnis des Lebens in die Sphäre des Privaten zu verbannen, würde die Gesellschaft eines außerordentlichen Reichtums berauben; im Gegenteil, ein Umfeld zu begünstigen, in dem religiöse, ethnische und kulturelle Verschiedenheiten respektvoll zusammenleben, ist die beste Weise, um die spezifischen Merkmale eines jeden hervorzuheben, die Menschen zu vereinen, ohne sie zu vereinheitlichen, ihre höchsten Bestrebungen zu fördern, ohne ihren Elan zu dämpfen.

Das ist also neben dem unvergänglichen Wert der Religion ihre aktuelle Bedeutung, die Kasachstan in bewundernswerter Weise fördert, indem es seit zwanzig Jahren diesen Kongress von globaler Bedeutung ausrichtet. Das gegenwärtige Treffen veranlasst uns, über unsere Rolle in der geistigen und sozialen Entwicklung der Menschheit in der Zeit nach der Pandemie nachzudenken.


„Nicht in falsche Allmachtsphantasien verfallen“

Die Pandemie, zwischen Verletzlichkeit und Fürsorge, stellt die erste von vier globalen Herausforderungen dar, die ich skizzieren möchte und die alle – insbesondere aber die Religionen – zu größerer Einigkeit auffordern. Covid-19 hat uns alle auf dieselbe Ebene gestellt. Es machte uns bewusst, dass wir, wie Abai sagte, »keine Demiurgen sind, sondern Sterbliche« (ebd.): Wir alle haben uns zerbrechlich gefühlt, hilfsbedürftig; keiner fühlte sich völlig autonom, keiner völlig autark. Jetzt dürfen wir jedoch das Bedürfnis nach Solidarität, das wir verspürt haben, nicht zunichtemachen, indem wir so weitermachen, als wäre nichts geschehen, ohne uns von der Notwendigkeit herausfordern zu lassen, gemeinsam die dringenden Probleme anzugehen, die alle betreffen. Die Religionen dürfen dem nicht gleichgültig gegenüberstehen. Sie sind dazu berufen, an vorderster Front zu stehen und die Einheit zu fördern angesichts von Prüfungen, die die Menschheitsfamilie noch weiter zu spalten drohen.

Insbesondere uns, die wir an einen Schöpfer glauben, ist es aufgegeben, den Brüdern und Schwestern unserer Zeit zu helfen, die Verletzlichkeit, die uns kennzeichnet, nicht zu vergessen: nicht in falsche Allmachtsphantasien zu verfallen, die durch technische und wirtschaftliche Fortschritte hervorgerufen werden, aber allein nicht ausreichen; sich nicht in den Fallstricken von Profit und Gewinn zu verheddern, so als ob sie das Heilmittel für alle Übel wären; eine nicht nachhaltige Entwicklung, die die von der Schöpfung gesetzten Grenzen überschreitet, nicht zu begünstigen; sich nicht von betäubendem Konsumverhalten benebeln zu lassen, weil die Güter für den Menschen da sind und nicht der Mensch für die Güter. Kurzum, unsere gemeinsame Verwundbarkeit, die während der Pandemie zutage getreten ist, sollte uns anspornen, nicht so weiterzumachen wie bisher, sondern mehr Demut und Weitsicht an den Tag zu legen.

„Sich um die eine Menschheit kümmern, der alle angehören“

Über das Sensibilisieren für unsere Zerbrechlichkeit und Verantwortung hinaus sind die Gläubigen in der Zeit nach der Pandemie zur Fürsorge aufgerufen: sich um die eine Menschheit zu kümmern, der alle angehören, und zu Handwerkern der Einheit werden, zu Zeugen einer Zusammenarbeit, die die Grenzen der eigenen Gemeinschaft, der eigenen ethnischen, nationalen und religiösen Zugehörigkeit überschreitet. Aber wie kann man eine so schwierige Aufgabe angehen? Wo soll man anfangen? Damit, den Schwächsten zuzuhören, den Zerbrechlichsten eine Stimme zu geben, eine globale Solidarität zum Ausdruck zu bringen, die in erster Linie sie betrifft, die Armen, die Bedürftigen, die am meisten unter der Pandemie gelitten haben, welche die weltweite Ungleichheit und Ungerechtigkeit dramatisch ans Licht gebracht hat. Wie viele haben auch heute noch keinen einfachen Zugang zu Impfstoffen! Lasst uns auf ihrer Seite stehen, nicht auf der Seite derer, die mehr haben und weniger geben; lasst uns prophetische und mutige Gewissen sein. Lasst uns allen Menschen nahe sein, besonders aber den allzu vielen Vergessenen von heute, den Ausgegrenzten, den schwächsten und ärmsten Schichten der Gesellschaft, denen, die im Verborgenen und im Stillen leiden, weit weg vom Scheinwerferlicht. Was ich hier vorschlage, ist nicht nur ein Weg zu mehr Sensibilität und Solidarität, sondern ein Weg der Heilung für unsere Gesellschaften. Ja, denn gerade das Elend ermöglicht die Ausbreitung von Epidemien und anderen großen Übeln, die auf dem Boden von Not und Ungleichheit gedeihen. Der größte Risikofaktor unserer Zeit bleibt die Armut. In diesem Zusammenhang fragte Abai weise: »Können diejenigen, die hungrig sind, einen klaren Verstand behalten [...] und Fleiß beim Lernen zeigen? Armut und Unfrieden [...] erzeugen [...] Gewalt und Gier« (Wort 25). Solange Ungleichheit und Ungerechtigkeit wüten, werden schlimmere Viren als Covid nicht aufhören: jene des Hasses, der Gewalt und des Terrorismus.

Dies bringt uns zu der zweiten weltweiten Herausforderung, die die Gläubigen besonders betrifft: die Herausforderung des Friedens. In den letzten Jahrzehnten hat sich der Dialog zwischen den Religionsführern vor allem auf dieses Thema bezogen. Dennoch sind unsere Tage immer noch von der Geißel des Krieges, von einem Klima scharfer Konfrontationen und von der Unfähigkeit geprägt, einen Schritt zurückzutreten und dem anderen die Hand zu reichen. Es braucht einen Ruck, und dieser Ruck, Brüder und Schwestern, muss von uns kommen. Wenn der Schöpfer, dem wir uns geweiht haben, das menschliche Leben hervorgebracht hat, wie können wir, die wir uns als gläubig bezeichnen, seiner Zerstörung zustimmen? Und wie können wir meinen, dass die Menschen unserer Zeit, von denen viele so leben, als gäbe es Gott nicht, zu einem respektvollen und verantwortungsvollen Dialog motiviert seien, wenn sich die großen Religionen, die die Seele vieler Kulturen und Traditionen bilden, nicht aktiv für den Frieden einsetzen?

Franziskus ist am Dienstag in Nur-Sultan eingetroffen
Franziskus ist am Dienstag in Nur-Sultan eingetroffen
„Das Heilige darf nicht zur Stütze der Macht werden und die Macht darf sich nicht auf das Heilige stützen!“

Bemühen wir uns gemeinsam, eingedenk der Schrecken und Irrtümer der Vergangenheit, dass der Allmächtige nie wieder zur Geisel menschlichen Machtstrebens wird. Abai erinnert uns daran, dass „derjenige, der das Böse zulässt und sich dem Bösen nicht widersetzt, nicht als wahrer Gläubiger betrachtet werden kann, sondern bestenfalls als ein halbherziger Gläubiger“ (vgl. Wort 38). Brüder und Schwestern, eine Reinigung vom Bösen ist für alle und jeden einzelnen notwendig. Abai betonte dies und schrieb, dass derjenige, der »das Lernen aufgibt, sich selbst eines Segens beraubt«, und weiter: »wer nicht streng mit sich selbst ist und kein Mitgefühl hat, kann nicht als Gläubiger betrachtet werden« (Wort 12). Läutern wir uns also von der Anmaßung, uns für gerecht zu halten und nichts von den anderen lernen zu können; befreien wir uns von jenen beschränkten und zerstörerischen Vorstellungen, die den Namen Gottes durch Starrheit, Verschlossenheit und Extremismen beleidigen und ihn durch Hass, Fanatismus und Terrorismus entweihen und damit auch das Bild des Menschen entstellen. Ja, denn »die Quelle der Menschlichkeit«, erinnert Abai, »sind Liebe und Gerechtigkeit, [...] sie sind die Kronen der göttlichen Schöpfung« (Wort 45). Rechtfertigen wir niemals Gewalt. Lassen wir nicht zu, dass das Heilige vom Profanen instrumentalisiert wird. Das Heilige darf nicht zur Stütze der Macht werden und die Macht darf sich nicht auf das Heilige stützen!

Gott ist Frieden und führt immer zum Frieden, niemals zum Krieg. Setzen wir uns daher noch mehr dafür ein, dass Konflikte nicht mit den untauglichen Mitteln der Gewalt, mit Waffen und Drohungen gelöst werden, sondern mit den einzigen vom Himmel gesegneten und des Menschen würdigen Mitteln: Begegnung, Dialog, geduldige Verhandlungen, die besonders mit Blick auf die Kinder und die junge Generation geführt werden. Sie verkörpern nämlich die Hoffnung, dass der Frieden nicht das zerbrechliche Ergebnis mühsamer Verhandlungen ist, sondern die Frucht beständiger Erziehungsarbeit, die ihre Entwicklungs- und Zukunftsträume fördern möge. In diesem Sinne ermutigte Abai dazu, die Kenntnis zu erweitern, die Grenze der eigenen Kultur zu überschreiten und sich das Wissen, die Geschichte und die Literatur der anderen zu eigen zu machen. Lasst uns bitte darin investieren: nicht in Rüstung, sondern in Bildung!

„Lasst uns die Kunst der Gastfreundschaft, des Willkommens und des Mitgefühls neu entdecken“ 

Nach der Pandemie und dem Frieden wollen wir uns einer dritten Herausforderung stellen, nämlich der der geschwisterlichen Annahme. Heute gibt es große Schwierigkeiten, den Menschen zu akzeptieren. Jeden Tag werden ungeborene Babys und Kinder, Migranten und alte Menschen entsorgt. Es gibt eine Kultur des Aussortierens. So viele Brüder und Schwestern sterben, geopfert auf dem Altar des Profits, umhüllt vom frevelhaften Weihrauch der Gleichgültigkeit. Doch jedes menschliche Leben ist heilig. »Homo sacra res homini«, sagten die Alten (SENECA, Epistulae morales ad Lucilium, 95,33). Es ist in erster Linie unsere Aufgabe, die der Religionen, die Welt daran zu erinnern! Noch nie haben wir so große Bevölkerungswanderungen erlebt aufgrund von Krieg, Armut, Klimawandel und dem Streben nach einem Wohlstand, den die globalisierte Welt zu kennen ermöglicht, der aber oft schwer zugänglich ist. Es findet eine große Abwanderung statt. Aus den am meisten benachteiligten Gebieten versuchen die Menschen, in die wohlhabenderen zu gelangen. Wir sehen das täglich, in den verschiedenen Migrationen in der Welt. Dies ist keine Tagesnachricht, sondern eine historische Gegebenheit, die nach gemeinsamen und weitsichtigen Lösungen verlangt. Gewiss, instinktiv neigt man dazu, die eigenen erworbenen Sicherheiten zu verteidigen und die Türen aus Angst zu schließen; es ist einfacher, den Fremden zu verdächtigen, ihn zu beschuldigen und zu verurteilen, als ihn kennenzulernen und zu verstehen. Aber es ist unsere Pflicht, uns daran zu erinnern, dass der Schöpfer, der über die Schritte eines jeden Geschöpfes wacht, uns zu einem Blick auffordert, der dem seinen gleicht, zu einem Blick, der das Antlitz des Bruders und der Schwester erkennt. Unseren Bruder, den Migranten, gilt es aufzunehmen, zu begleiten, zu fördern und zu integrieren.

Die kasachische Sprache lädt zu diesem annehmenden Blick ein: In ihr bedeutet „lieben“ wörtlich „jemanden mit einem guten Blick ansehen“. Aber auch die traditionelle Kultur hierzulande bestätigt dies mit einem schönen Sprichwort: „Wenn du jemanden triffst, versuche ihn glücklich zu machen, es könnte das letzte Mal sein, dass du ihn siehst“. Die besondere Gastfreundschaft in der Steppe erinnert an den unauslöschlichen Wert eines jeden Menschen. Abai stimmt dem zu, wenn er sagt, dass »der Mensch der Freund des Menschen sein muss« und dass diese Freundschaft auf einer universalen Teilhabe beruht, weil das, was im Leben und danach wichtig ist, allen gemeinsam ist. Daher erklärt er, dass »alle Menschen einander Gäste sind« und dass »der Mensch selbst ein Gast in diesem Leben ist« (Wort 34). Lasst uns die Kunst der Gastfreundschaft, des Willkommens und des Mitgefühls neu entdecken. Und lernen wir auch, uns zu schämen: ja, jene gesunde Scham zu empfinden, die aus dem Mitleid mit dem leidenden Menschen kommt, aus der Rührung und dem Erstaunen über seinen Zustand, über sein Schicksal, an dem wir teilhaben sollen. Es ist der Weg des Mitgefühls, der uns menschlicher und gläubiger macht. Uns kommt es zu, über die Bekräftigung der unantastbaren Würde eines jeden Menschen hinaus, auch zu lehren, um andere zu weinen, denn nur wenn wir die Mühsale der Menschheit als unsere eigenen empfinden, sind wir wirklich menschlich.

 
„Es ist unerlässlich, die Bewahrung des Lebens in all seinen Formen zu fördern und zu unterstützen.“

Eine letzte globale Herausforderung ist die Bewahrung des gemeinsamen Hauses. Angesichts des Klimawandels muss es geschützt werden, damit es nicht der Logik des Profits unterworfen wird, sondern zum Lob des Schöpfers für künftige Generationen erhalten bleibt. Abai schrieb: »Was für eine wunderbare Welt hat uns der Schöpfer gegeben! Großherzig und großzügig hat er uns sein Licht geschenkt. Als die Mutter Erde uns an ihrer Brust nährte, beugte sich unser himmlischer Vater fürsorglich über uns« (aus dem Gedicht „Frühling“). Mit liebevoller Fürsorge hat der Allerhöchste ein gemeinsames Haus für das Leben geschaffen; und wir, die wir uns als die Seinen bezeichnen, wie können wir zulassen, dass es verschmutzt, misshandelt und zerstört wird? Lasst uns auch bei dieser Herausforderung unsere Kräfte bündeln. Sie ist nicht die bedeutungsloseste. Sie ist in der Tat mit der ersten, der Pandemie, verbunden. Viren wie Covid-19 sind mikroskopisch klein, aber in der Lage, die großen Ambitionen des Fortschritts zu zerstören. Sie stammen oft aus der Tierwelt und entstammen einem gestörten Gleichgewicht, das zum großen Teil auf uns zurückzuführen ist. Denken wir zum Beispiel an die Abholzung der Wälder, den illegalen Handel mit lebenden Tieren, die Massentierhaltung... Es ist die Mentalität der Ausbeutung, welche das Haus, das wir bewohnen, zerstört. Und nicht nur das, sie führt auch dazu, dass sich die vom Schöpfer beabsichtigte respektvolle und religiöse Sicht der Welt verdunkelt. Deshalb ist es unerlässlich, die Bewahrung des Lebens in all seinen Formen zu fördern und zu unterstützen.

Liebe Brüder und Schwestern, lasst uns gemeinsam voranschreiten, damit der Weg der Religionen immer freundschaftlicher wird. Abai sagte: »Ein falscher Freund ist wie ein Schatten: Wenn die Sonne auf dich scheint, wirst du ihn nicht los, aber wenn sich die Wolken über dir zusammenziehen, ist er nicht mehr zu sehen« (Wort 37). Das soll uns nicht geschehen: Möge der Allerhöchste uns von den Schatten des Misstrauens und der Falschheit befreien; möge er uns gewähren, sonnige und geschwisterliche Freundschaften zu pflegen, durch häufigen Dialog und klare Aufrichtigkeit der Absichten. Und ich würde hier gerne für das Engagement Kasachstans in dieser Hinsicht danken: immer versuchen zu vereinen, immer versuchen Dialog hervorzubringen, immer versuchen Freundschaft zu schließen. Das ist ein Beispiel, das Kasachstan uns da gibt, uns allen; wir sollten diesem Beispiel folgen. Suchen wir nicht nach falschen, versöhnlichen Synkretismen..., sondern bewahren wir unsere Identitäten in Offenheit für den Mut zum Anderssein und für die geschwisterliche Begegnung. Nur so können wir in den dunklen Zeiten, in denen wir leben, das Licht unseres Schöpfers ausstrahlen. Danke!

(vatican news - sk)
 
Klavierspielerin2 14.09.2022 13:54
Wortlaut: Predigt von Papst Franziskus in Nur-Sultan
Hier finden Sie den Wortlaut der Predigt, die der Papst an diesem Mittwoch bei seiner Messfeier in Nur-Sultan (Kasachstan) gehalten hat, im vollen Wortlaut.


NR. 3 HOMILIE DES HEILIGEN VATERS
Hl. Messe zum Fest Kreuzerhöhung
Nur-Sultan, 14. September 2022

Das Kreuz ist ein Todeswerkzeug, und doch feiern wir an diesem Festtag die Erhöhung des Kreuzes Christi. Denn an diesem Holz hat Jesus unsere Sünde und das Böse der Welt auf sich genommen und sie mit seiner Liebe besiegt. Deshalb feiern wir das Heilige Kreuz. Das Wort Gottes, das wir gehört haben, erzählt uns davon, indem es einerseits die Schlangen, die beißen, und andererseits die Schlange, die rettet, gegenüberstellt. Lasst uns bei diesen beiden Bildern innehalten.

Erstens: die beißenden Schlangen. Sie greifen das Volk an, das zum x-ten Mal in die Sünde des Murrens verfallen ist. Gegen Gott zu murren bedeutet nicht nur, schlecht über ihn zu reden und sich über ihn zu beklagen; es bedeutet eigentlich, dass im Herzen der Israeliten das Vertrauen in ihn, in seine Verheißung, verschwunden ist. Das Volk Gottes wandert nämlich in der Wüste auf das verheißene Land zu, es ist ermüdet und von der Reise erschöpft (vgl. Num 21,4). So verliert es den Mut, es verliert die Hoffnung, und irgendwann ist es, als ob es die Verheißung des Herrn vergessen würde. Diese Menschen haben nicht mehr die Kraft daran zu glauben, dass er sie in ein reiches und fruchtbares Land führt.

„Wie oft sind wir entmutigt und unduldsam in unseren Wüsten vertrocknet"


Es ist kein Zufall, dass die Menschen in dem Moment, in dem ihr Vertrauen in Gott schwindet, von tödlichen Schlangen gebissen werden. Sie erinnern an die erste Schlange, die in der Bibel im Buch Genesis erwähnt wird, den Versucher, der das Herz des Menschen vergiftet, um ihn an Gott zweifeln zu lassen. Tatsächlich verführt der Teufel eben in Gestalt einer Schlange Adam und Eva und sät in ihnen Misstrauen, indem er sie davon überzeugt, dass Gott nicht gut ist, sondern dass er neidisch auf ihre Freiheit und ihr Glück ist. Und nun, in der Wüste, kehren die Schlangen zurück, »Feuerschlangen« (V. 6); das heißt, die Ursünde kehrt zurück: Die Israeliten zweifeln an Gott, sie vertrauen ihm nicht, sie murren, sie rebellieren gegen den, der ihnen das Leben geschenkt hat, und so gehen sie dem Tod entgegen. Dazu führt also das Misstrauen im Herzen!

Liebe Brüder und Schwestern, dieser erste Teil der Geschichte fordert uns auf, die Momente in unserer persönlichen und gemeinschaftlichen Geschichte genauer zu betrachten, in denen das Vertrauen in den Herrn und in die anderen geschwunden ist. Wie oft sind wir entmutigt und unduldsam in unseren Wüsten vertrocknet und haben das Ziel des Weges aus den Augen verloren! Auch in diesem großen Land gibt es eine Wüste, eine herrliche Landschaft, die uns aber zugleich von der Mühsal und Trockenheit spricht, die wir manchmal in unseren Herzen tragen. Das sind die Momente der Müdigkeit und der Prüfung, in denen wir nicht mehr die Kraft haben, aufzublicken zu Gott; das sind die Situationen des persönlichen, kirchlichen und sozialen Lebens, in denen wir von der Schlange des Misstrauens gebissen werden, die uns das Gift der Enttäuschung und der Verzweiflung, des Pessimismus und der Resignation einflößt, uns in unser eigenes Ich einschließt und den Enthusiasmus erstickt.

„Der Frieden ist nicht ein für alle Mal gewonnen, er muss jeden Tag neu errungen werden“

Doch in der Geschichte dieses Landes gab es auch andere schmerzhafte Bisse. Ich denke an die Feuerschlangen der Gewalt, der atheistischen Verfolgung, der religiösen Unterdrückung, ich denke an einen manchmal mühseligen Weg, auf dem die Freiheit der Menschen bedroht und ihre Würde verletzt wurde. Es tut uns gut, die Erinnerung an das Erlittene zu bewahren. Bestimmte dunkle Begebenheiten streichen wir besser nicht aus unserem Gedächtnis, sonst könnten wir auf den Gedanken kommen, dass sie Schnee von gestern sind und dass der Weg des Guten ein für alle Mal vorgezeichnet ist. Nein, der Frieden ist nicht ein für alle Mal gewonnen, er muss jeden Tag neu errungen werden, ebenso wie das Zusammenleben verschiedener Ethnien und religiöser Traditionen, eine ganzheitliche Entwicklung und soziale Gerechtigkeit. Und damit Kasachstan noch mehr »in der Brüderlichkeit, im Dialog und in der Verständigung« wächst, »die unerlässliche Voraussetzungen sind, um „Brücken“ der solidarischen Zusammenarbeit mit den anderen Völkern, Nationen und Kulturen zu bauen« (JOHANNES PAUL II., Ansprache bei der Begrüßungszeremonie, 22. September 2001), ist das Engagement aller nötig. Zuallererst jedoch ist ein erneuter Akt des Glaubens an den Herrn notwendig: nach oben zu blicken, auf ihn zu schauen, von seiner universalen Liebe zu lernen, von seiner Hingabe am Kreuz.

Damit kommen wir zum zweiten Bild: die Schlange, die rettet. Als das Volk durch die Feuerschlangen stirbt, hört Gott auf die Fürsprache des Mose und sagt zu ihm: »Mach dir eine Feuerschlange und häng sie an einer Stange auf! Jeder, der gebissen wird, wird am Leben bleiben, wenn er sie ansieht« (Num 21,8). Und tatsächlich: »Wenn nun jemand von einer Schlange gebissen wurde und zu der Kupferschlange aufblickte, blieb er am Leben« (V. 9). Wir könnten uns jedoch fragen: Warum hat Gott, anstatt Mose diese aufwändigen Anweisungen zu geben, die Giftschlangen nicht einfach vernichtet? Diese Art des Handelns offenbart uns sein Handeln gegenüber dem Bösen, der Sünde und dem Misstrauen der Menschen. Damals wie heute, im großen geistlichen Kampf, der die Geschichte bis zum Ende durchzieht, vernichtet Gott nicht die Niedertracht, der der Mensch aus freien Stücken anhängt: Die Giftschlangen verschwinden nicht, sie sind immer noch da, sie liegen auf der Lauer, sie können immer zubeißen. Was hat sich also geändert, was tut Gott?

„Wenn wir unseren Blick auf Jesus richten, können uns die Bisse des Bösen nichts mehr anhaben“

Jesus erklärt es im Evangelium: »Wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der glaubt, in ihm ewiges Leben hat« (Joh 3,14-15). Das also ist der Wendepunkt: Die Schlange, die rettet, ist zu uns gekommen, Jesus, der am Pfahl des Kreuzes erhöht, nicht zulässt, dass uns die giftigen Schlangen, die uns angreifen, in den Tod führen. Unserer Niedertracht begegnet Gott dadurch, dass er uns eine neue Hoheit verleiht. Wenn wir unseren Blick auf Jesus richten, können uns die Bisse des Bösen nichts mehr anhaben, denn er hat am Kreuz das Gift der Sünde und des Todes auf sich genommen und dessen zerstörerische Macht besiegt. Das ist es, was der Vater angesichts der Ausbreitung des Bösen in der Welt getan hat; er hat uns Jesus geschenkt, der uns auf eine Weise seine Nähe geschenkt hat, die wir uns nie hätten vorstellen können: »Er hat den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm Gerechtigkeit Gottes würden« (2 Kor 5,21). Das ist die unendliche Größe der göttlichen Barmherzigkeit: Jesus, der sich für uns „zur Sünde gemacht hat“, Jesus, der sich am Kreuz – so könnten wir sagen – „zur Schlange gemacht hat“, damit wir, wenn wir auf ihn schauen, den giftigen Bissen der bösen Schlangen widerstehen können, die uns angreifen.

„Der Weg der demütigen, ungeschuldeten und allumfassenden Liebe"

Brüder und Schwestern, das ist der Weg, der einzige Weg unserer Erlösung, unserer Wiedergeburt und Auferstehung: auf den gekreuzigten Jesus zu schauen. Von jener Höhe aus können wir unser Leben und die Geschichte unserer Völker auf eine neue Weise sehen. Denn vom Kreuz Christi lernen wir Liebe, nicht Hass; lernen wir Mitgefühl, nicht Gleichgültigkeit; lernen wir Vergebung, nicht Rache. Die ausgebreiteten Arme Jesu sind die zärtliche Umarmung, mit der Gott unser Leben annehmen will. Und sie zeigen uns die Geschwisterlichkeit, die wir untereinander leben sollen. Sie zeigen uns den Weg, den christlichen Weg: nicht den Weg des Auferlegens und des Zwangs, der Macht und der Bedeutsamkeit, und niemals den Weg, der das Kreuz Christi gegen die anderen Brüder und Schwestern benützt, für die er sein Leben hingegeben hat! Jesu Weg, der Weg des Heils, ist ein anderer: Es ist der Weg der demütigen, ungeschuldeten und allumfassenden Liebe, ohne „wenn“ und „aber“.

Ja, denn am Holz des Kreuzes hat Christus der Schlange des Bösen das Gift entzogen, und Christsein bedeutet, ohne Gift zu leben: sich nicht gegenseitig zu beißen, nicht zu murren, nicht anzuklagen, nicht zu tratschen, keine bösen Werke zu verbreiten, die Welt nicht mit Sünde und mit dem Misstrauen zu verschmutzen, das vom Bösen kommt. Brüder und Schwestern, wir sind aus der offenen Seite Jesu am Kreuz wiedergeboren. Kein Gift des Verderbens sei in uns (vgl. Weish 1,14). Beten wir stattdessen, dass wir durch Gottes Gnade immer mehr zu Christen werden: zu freudigen Zeugen des neuen Lebens, der Liebe und des Friedens.

(vatican news – sk)
 
 
Klavierspielerin2 14.09.2022 14:14
Kasachstan/Heiliger Stuhl: Neues Abkommen erleichtert kirchliche Arbeit
Missionare und kirchliche 


Vertreter aus anderen Ländern können künftig unter erleichterten Bedingungen in Kasachstan tätig werden. Dazu dient ein bilaterales Abkommen, das an diesem Mittwoch am Sitz des Außenministeriums in der kasachischen Hauptstadt Nur-Sultan unterzeichnet wurde.

Wie das Presseamt des Heiligen Stuhls am gleichen Tag bekannt gab, wurde der Heilige Stuhl bei der Unterzeichnung des Abkommens durch den vatikanischen „Außenminister“, Erzbischof Paul Gallagher vertreten. Für die kasachische Seite unterzeichnete das Dokument der stellvertretende Premierminister und Außenminister, Mukhtar Tileuberdi.

„Das neue Abkommen“, so heißt es in dem Kommuniqué aus dem Vatikan, „zielt auf eine umfassendere Umsetzung von Artikel 2 des bilateralen Abkommens von 1998 ab, um die Erteilung von Visa und Aufenthaltsgenehmigungen für kirchliches und religiöses Personal aus dem Ausland zu erleichtern, das in der Seelsorge für die katholischen Gläubigen in Kasachstan tätig ist.“

Das Dokument bestehe „aus einer Präambel und acht Absätzen“ und „festigt die bereits bestehenden Bande der Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen den beiden Parteien“, präzisiert die Mitteilung. Das Abkommen tritt nach dem Austausch der Ratifizierungsurkunden in Kraft.

Die Unterzeichnung des Abkommens fällt zusammen mit dem 30. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Kasachstan (17. Oktober 1992) sowie dem Besuch von Papst Franziskus in dem Land. Bereits im Mai diesen Jahres war Tileuberdi im Vatikan zu Gast. Dabei wurden mehrere Absichtserklärungen unterzeichnet, darunter auch diejenige für das aktuelle Abkommen. 

(vatican news - cs)
 
Klavierspielerin2 14.09.2022 14:20
„Es tut uns gut, die Erinnerung an das Erlittene zu bewahren"

Besuch bei einer kleinen Diaspora-Kirche: Papst Franziskus hat am Mittwoch mit Katholiken aus ganz Kasachstan und auch aus umliegenden Ländern in Nur-Sultan, der kasachischen Hauptstadt, eine Messe gefeiert.

Auf dem Gelände der Weltausstellung von 2017 versuchte der Papst, der etwa 24 Stunden zuvor in dem zentralasiatischen Land eingetroffen war, der kleinen katholischen Gemeinschaft den Rücken zu stärken. Kasachstan zählt nur etwas mehr als 100.000 Katholiken, die über das ganze Land verteilt leben.

Weil viele Katholiken mit deutschen und polnischen Wurzeln Kasachstan seit seiner Unabhängigkeit Anfang der neunziger Jahre verlassen, ist die Kirche des Landes im Umbruch. Kasachisch, Russisch und das weltkirchliche Latein waren die Sprachen, die die Messfeier mit mehreren tausend Menschen in Nur-Sultan prägten.

Rückenstärkung für eine kleine Herde
In seiner Predigt forderte Franziskus zu Gottvertrauen auf und erinnerte an die schwierigen Momente, die die Kirche in kommunistischer Zeit in der damaligen Sowjetrepublik durchgemacht hat.

„Wie oft sind wir entmutigt und unduldsam in unseren Wüsten vertrocknet und haben das Ziel des Weges aus den Augen verloren! … Das sind die Momente der Müdigkeit und der Prüfung, in denen wir nicht mehr die Kraft haben, aufzublicken zu Gott; das sind die Situationen des persönlichen, kirchlichen und sozialen Lebens, in denen wir von der Schlange des Misstrauens gebissen werden…“

„Die Erinnerung an das Erlittene bewahren“

Er denke an die „atheistische Verfolgung“ und „religiöse Unterdrückung“, aber auch den „manchmal mühseligen Weg“ seit dem Sturz der Systeme, so der Papst.

„Es tut uns gut, die Erinnerung an das Erlittene zu bewahren. Bestimmte dunkle Begebenheiten streichen wir besser nicht aus unserem Gedächtnis, sonst könnten wir auf den Gedanken kommen, dass sie Schnee von gestern sind und dass der Weg des Guten ein für alle Mal vorgezeichnet ist. Nein, der Frieden ist nicht ein für alle Mal gewonnen, er muss jeden Tag neu errungen werden, ebenso wie das Zusammenleben verschiedener Ethnien und religiöser Traditionen, eine ganzheitliche Entwicklung und soziale Gerechtigkeit.“

„Vom Kreuz Christi lernen wir Liebe, nicht Hass“

Franziskus ermunterte die Katholiken Kasachstans dazu, „nach oben zu blicken“ und ihr Vertrauen auf den Gekreuzigten und Auferstandenen zu setzen.

„Wenn wir unseren Blick auf Jesus richten, können uns die Bisse des Bösen nichts mehr anhaben, denn er hat am Kreuz das Gift der Sünde und des Todes auf sich genommen und dessen zerstörerische Macht besiegt… Vom Kreuz Christi lernen wir Liebe, nicht Hass; lernen wir Mitgefühl, nicht Gleichgültigkeit; lernen wir Vergebung, nicht Rache. Die ausgebreiteten Arme Jesu sind die zärtliche Umarmung, mit der Gott unser Leben annehmen will. Und sie zeigen uns die Geschwisterlichkeit, die wir untereinander leben sollen.“

(vatican news – sk) 
 
Klavierspielerin2 14.09.2022 15:10
Papst: „Der einzige Weg zum Frieden ist der Dialog“


franziskus hat erneut eindringlich für ein sofortiges ende der kriegerischen konflikte auf der welt appelliert. gelder, die für den krieg gedacht seien, sollten vielmehr in „konkrete unterstützungsleistungen für die völker“ umgewandelt werden, sagte das kirchenoberhaupt zum ende der messe, die er an diesem mittwoch mit den kasachischen katholiken gefeiert hat.

Er denke an die „vielen so schwer vom Krieg gezeichneten Orte, vor allem an die geliebte Ukraine“, so der Papst vor den Besuchern der Messe. Man dürfe sich nicht an den Krieg gewöhnen oder sich mit seiner Unvermeidlichkeit abfinden, wiederholte der Papst seinen Appell für Frieden: „Lasst uns denen helfen, die leiden, und lasst uns darauf bestehen, dass wirklich versucht wird, Frieden zu schaffen. Was muss noch geschehen, wie viele Tote muss es erst noch geben, bevor die Konflikte dem Dialog zum Wohle der Menschen, der Völker und der Menschheit weichen? Der einzige Ausweg ist der Frieden, und der einzige Weg dorthin ist der Dialog.“

Es gelte, weiterhin dafür zu beten, dass „die Welt lernt, Frieden zu schaffen“. Dazu gehöre, das Wettrüsten einzuschränken und die „enormen Kriegsausgaben“ in „konkrete Unterstützungsleistungen für die Völker“ umzuwandeln.

Hinweis auf Spannungen im Kaukasus
Und dann fügte Franziskus noch einen Hinweis auf die jüngsten Spannungen im Kaukasus an:

„Ich habe mit Besorgnis erfahren, dass in den letzten Stunden neue Spannungsherde in der Kaukasusregion aufgeflammt sind. Beten wir weiter dafür, dass auch in diesen umstrittenen Gebieten friedliche Gespräche und Einigkeit herrschen und dass die Welt lernt, Frieden zu schaffen. ... Danke an alle, die daran glauben, danke an Sie und an alle, die Boten des Friedens und der Einheit sind!“

Damit bezog er sich auf den Konflikt in der Region des Bergkarabach, der von Aserbaidschan und Armenien beansprucht wird.

(vatican news - cs)
 
Klavierspielerin2 14.09.2022 18:31
Österreichischer Pater in Kasachstan: Wir werden offener
Franziskus besucht in Kasachstan eine Kirche im Übergangszustand. Das sagte uns der Ordensmann Leopold Kropfreiter, der seit 15 Jahren im Norden Kasachstans wirkt. „Wir werden offener für die eigentliche Bevölkerung Kasachstans, die traditionell Muslime sind“, so der Österreicher.
 hier das Glaubwürdige“


Gudrun Sailer – Nur-Sultan

Pater Leopold Kropfreiter gehört zur Ordensgemeinschaft der „Diener Jesu und Mariens“, er half bei der Vorbereitung des Papstbesuchs in Nur-Sultan und konzelebrierte bei der Heiligen Messe. Papst Franziskus hier zu haben, ist für die Gläubigen in Kasachstan „eine wirklich große Sache“, so der Pater.

P. Leopold Kropfreiter: Es ist auch ein Zeichen der Verbundenheit mit einer Kirche, die sehr klein ist, das sind weniger als ein Prozent der Bevölkerung des Landes Katholiken, eine Diaspora. Deswegen ist es für uns ein ganz großes Ereignis, wir spüren einfach, wir wachsen zusammen, und alle helfen mit, damit das wirklich funktioniert.

Radio Vatikan: Was schätzen kasachische Gläubige an Papst Franziskus und wo tun sie sich einstweilen schwer? Wo überfordert der Papst die Gläubigen im Land?

P. Leopold Kropfreiter: Das ist unterschiedlich. Rom ist weit weg, aber grundsätzlich besteht ein ganz, ganz positives Verhältnis zum Nachfolger Petri. In jeder Gemeinde wird nicht nur in der Messe für den Papst gebetet, sondern auch beim Rosenkranz. Da ist der Glaube so tief in der Bevölkerung, dass diese Verbundenheit sehr groß ist. Was das Tagesgeschehen angeht oder päpstliche Verlautbarungen, da ist die Verbindung oft nicht so groß, auch weil russische Übersetzungen oft schwierig sind, es gibt Radio Vatikan auch auf Russisch, und das ist wunderbar, aber insgesamt wird das nicht so richtig rezipiert momentan. Insgesamt ist ein ganz liebevolles Verhältnis zum Heiligen Vater in Rom vorhanden.

Radio Vatikan: Sie sind seit 15 Jahren hier, die Kirche hat sich in der Zeit begonnen zu verändern, viele deutsch- und polnischstämmige Gläubige sind abgewandert. Und heute?

P. Leopold Kropfreiter: Die Struktur wird kleiner. Zugleich, und das ist das Schöne, werden wir offener für die eigentliche Bevölkerung Kasachstans, die ansässige Bevölkerung, die Kasachen, die traditionell Muslime sind. Es ist schön zu sehen, wie auch allmählich Taufen und Bekehrungen stattfinden, von Menschen, die eigentlich der katholischen Kirche ganz fern standen. Oft sind die Muslime ja sehr traditionell. Wie sie mit der katholischen Kirche in Kontakt kommen und ihre Berufung fanden, das ist etwas Neues. Da merken wir, da tut sich schon der Weg in die Zukunft auf.

Radio Vatikan: Womit kann der Glaube hier punkten?

P. Leopold Kropfreiter: Christus ist ja an sich unglaublich anziehend. Wer ihn kennenlernt, ist zuerst einmal hingerissen. Dieser Glanz und die Schönheit, wir sind ja schon manchmal daran gewöhnt und haben es vielleicht fast vergessen, aber die Menschen, die von der Ferne kommen, erleben das sehr intensiv. Das ist auch für uns ein wichtiger Schritt zur eigenen Bekehrung, die Schönheit unseres Glaubens und die Schönheit Gottes wieder mehr zu entdecken.

Radio Vatikan: Was ist das Beste, was passieren könnte als Folge des Papstbesuchs?

P. Leopold Kropfreiter: Unsere Hoffnung ist, dass wir einfach noch viel intensiver in Kontakt mit den Menschen Kasachstans kommen. Das haben schon wir bei den Vorbereitungen erlebt – ein so enges Verhältnis auch zu den staatlichen Mitarbeitern, die sich unglaublich Mühe geben, damit das gut funktioniert. Da können wir wirklich Hand in Hand arbeiten, mit Menschen, die mit der katholischen Kirche nichts am Hut haben, aber hier geht es gemeinsam. Ich glaube, dass dieser Kontakt Frucht bringt für die Zukunft.

Radio Vatikan: Heißt für Sie und viele andere hier - Kasachisch lernen?

P. Leopold Kropfreiter: Unbedingt!

(vatican news – gs)
 
Klavierspielerin2 15.09.2022 07:55
Im Wortlaut: Papstansprache bei der Begegnung mit den Bischöfen

Wir dokumentieren an dieser Stelle die Ansprache des Papstes bei der Begegnung mit den Bischöfen, Priestern, Diakonen, Ordensleuten, Seminaristen und pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Kathedrale von Nur-Sultan im Wortlaut und in der offiziellen deutschen Übersetzung. Diese und alle anderen Ansprachen des Papstes finden Sie wie gewohnt in der endgültigen offiziellen Fassung in den verschiedenen Übersetzungen auf vatican.va, der Internetseite des Vatikans.


Liebe Bischöfe, Priester und Diakone, liebe Ordensleute, Seminaristen und pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, guten Tag!
Ich freue mich, hier bei euch zu sein, die Zentralasiatische Bischofskonferenz zu begrüßen und einer Kirche zu begegnen, die aus so vielen verschiedenen Gesichtern, Geschichten und Traditionen besteht, die alle durch den einen Glauben an Jesus Christus vereint sind. Bischof Mumbiela Sierra, dem ich für sein Grußwort danke, sagte: »Die meisten von uns sind Ausländer«; das stimmt, denn ihr kommt aus verschiedenen Orten und Ländern, aber das Schöne an der Kirche ist: Wir sind eine einzige Familie, in der niemand ein Fremder ist. Ich wiederhole: Niemand ist ein Fremder in der Kirche, wir sind ein einziges heiliges Volk Gottes, das von vielen Völkern bereichert wird! Und die Stärke unseres priesterlichen und heiligen Volkes liegt genau darin, aus der Vielfalt einen Reichtum zu machen, indem wir teilen, was wir sind und was wir haben: das Geringe, das wir haben und sind, vervielfacht sich, wenn wir es teilen.

Der Abschnitt des Wortes Gottes, den wir gehört haben, bestätigt genau das: Das Geheimnis Gottes – sagt der heilige Paulus – ist allen Völkern offenbart worden. Nicht nur dem auserwählten Volk oder einer religiösen Elite, sondern allen. Jeder Mensch hat Zugang zu Gott, denn – so erklärt der Apostel – alle Völker sind Miterben, gehören zu demselben Leib und haben mit teil an der Verheißung in Christus Jesus durch das Evangelium (vgl. Eph 3,6).

Ich möchte zwei Worte hervorheben, die Paulus verwendet: Erbe und Verheißung. Einerseits erbt eine Kirche immer eine Geschichte, sie ist immer Tochter einer ersten Verkündigung des Evangeliums, eines ihr vorausgehenden Ereignisses, anderer Apostel und Verkündiger des Evangeliums, die sie auf das lebendige Wort Jesu gegründet haben; andererseits ist sie auch die Gemeinschaft derer, die Gottes Verheißung in Jesus erfüllt gesehen haben und als Kinder der Auferstehung in der Hoffnung auf die zukünftige Erfüllung leben. Ja, wir sind Adressaten der verheißenen Herrlichkeit, die unsere Reise mit Erwartung belebt. Erbe und Verheißung: Das Erbe der Vergangenheit ist unsere Erinnerung, die Verheißung des Evangeliums ist die Zukunft Gottes, der uns entgegenkommt. Das ist es, worauf ich mit euch eingehen möchte: eine Kirche, die in der Geschichte unterwegs ist, zwischen Erinnerung und Zukunft.

Zuerst die Erinnerung. Wenn wir heute in diesem großen, multikulturellen und multireligiösen Land lebendige christliche Gemeinden und einen religiösen Geist finden, der sich durch das Leben der Bevölkerung zieht, dann ist das vor allem der reichen Geschichte zu verdanken, die euch vorausging. Ich denke an die Ausbreitung des Christentums in Zentralasien, die bereits in den allerersten Jahrhunderten stattfand, an die vielen Verkünder des Evangeliums und die Missionare, die alles gegeben haben, um das Licht des Evangeliums zu verbreiten indem sie Gemeinschaften, Heiligtümer, Klöster und Gotteshäuser gründeten. Es gibt also ein christliches, ökumenisches Erbe, das geehrt und bewahrt werden muss, eine Glaubensweitergabe, bei der auch so viele einfache Menschen, so viele Großväter und Großmütter, Väter und Mütter eine wichtige Rolle gespielt haben. Auf dem geistlichen und kirchlichen Weg dürfen wir die Erinnerung an diejenigen nicht verlieren, die uns den Glauben verkündet haben, denn das Erinnern hilft uns, einen Geist der Kontemplation zu entwickeln, der die Wunder wahrnimmt, die Gott in der Geschichte gewirkt hat, selbst inmitten der Nöte des Lebens und der persönlichen und gemeinschaftlichen Schwächen.

Aber seien wir vorsichtig: Es geht nicht darum, nostalgisch zurückzublicken, an den Dingen der Vergangenheit festzuhalten und uns in Unbeweglichkeit lähmen zu lassen. Das ist die Versuchung der Rückwärtsgewandtheit. Der christliche Blick will uns zum Staunen - Er will uns für das Staunen öffnen! - vor dem Geheimnis Gottes anregen, wenn er sich der Erinnerung zuwendet, um unsere Herzen mit Lob und Dankbarkeit für das zu erfüllen, was der Herr vollbracht hat. Ein dankbares Herz, das vor Lob überfließt, nährt kein Bedauern, sondern nimmt das Heute an, das es als Gnade lebt. Und es will sich auf den Weg machen, weitergehen und Jesus verkündigen, wie die Frauen und Jünger von Emmaus am Ostertag!

Es ist diese lebendige Erinnerung an Jesus, die uns mit Staunen erfüllt und die wir besonders aus dem eucharistischen Gedenken beziehen, die Kraft der Liebe, die uns antreibt. Sie ist unser Schatz. Deshalb gibt es ohne Erinnerung kein Staunen. Wenn wir die lebendige Erinnerung verlieren, besteht die Gefahr, dass Glaube, Frömmigkeit und pastorale Aktivitäten schwinden, dass sie wie Strohfeuer sind, die zwar schnell brennen, aber bald wieder erlöschen. Wenn wir unsere Erinnerung verlieren, erschöpft sich die Freude. Auch die Dankbarkeit gegenüber Gott und unseren Brüdern und Schwestern geht verloren, weil wir der Versuchung erliegen, zu denken, dass alles von uns abhängt. Pater Ruslan hat uns an eine schöne Sache erinnert: dass es schon viel ist, Priester zu sein, weil man im priesterlichen Leben merkt, dass das, was passiert, nicht unser eigenes Werk, sondern Geschenk Gottes ist. Und Schwester Clara, die über ihre Berufung sprach, hat vor allem denen danken wollen, die ihr das Evangelium verkündet haben. Danke für diese Zeugnisse, die uns einladen, uns dankbar an das empfangene Erbe zu erinnern.

Wenn wir in dieses Erbe hineinblicken, was sehen wir dann? Dass der Glaube nicht von Generation zu Generation als eine Reihe von Dingen, die man verstehen und tun muss, weitergegeben wurde, wie ein ein für alle Mal festgelegter Kodex. Nein, der Glaube ist durch das Leben weitergegeben worden, durch das Zeugnis, das das Feuer des Evangeliums mitten in die Verhältnisse hineinbrachte, um zu erleuchten, zu läutern und die tröstliche Wärme Jesu zu verbreiten, die Freude über seine rettende Liebe, die Hoffnung auf seine Verheißung. Indem wir uns erinnern, lernen wir also, dass der Glaube mit dem Zeugnis wächst. Der Rest kommt später. Dies ist ein Aufruf an alle, und ich möchte ihn allen Laien, Bischöfen, Priestern, Diakonen, Ordensmännern und -frauen wiederholen, die auf unterschiedliche Weise im pastoralen Leben der Gemeinden arbeiten: Lasst uns nicht müde werden, das Herzstück der Erlösung zu bezeugen, die Neuheit Jesu, die Neuheit, die Jesus ist! Der Glaube ist keine schöne Ausstellung von Dingen aus der Vergangenheit: Das wäre ein Museum, aber der Glaube ist ein allgegenwärtiges Ereignis, die Begegnung mit Christus, die hier und jetzt im Leben stattfindet! Deshalb kommuniziert man nicht bloß durch das Wiederholen der immergleichen Dinge, sondern durch das Weitergeben der Neuheit des Evangeliums. So bleibt der Glaube lebendig und hat Zukunft. Deshalb sage ich gerne, dass der Glaube im Dialekt vermittelt werden sollte.

Kommen wir nun zum zweiten Wort: Zukunft. Die Erinnerung an die Vergangenheit schließt uns nicht in uns selbst ein, sondern öffnet uns für die Verheißung des Evangeliums. Jesus hat uns versichert, dass er immer bei uns bleibt: Es handelt sich also nicht um ein Versprechen, das nur an eine ferne Zukunft gerichtet ist, sondern wir sind aufgerufen, heute die Erneuerung anzunehmen, die der Auferstandene im Leben vorantreibt. Trotz unserer Schwächen wird er nicht müde, bei uns zu sein und die Zukunft seiner und unserer Kirche gemeinsam mit uns aufzubauen.

Sicher, angesichts der vielen Herausforderungen des Glaubens – vor allem was die Teilnahme der jüngeren Generationen angeht – sowie auch angesichts der Probleme und Mühen des Lebens und beim Schauen auf die eigene Anzahl könnte man sich in der Weite eines Landes wie diesem „klein“ und unzureichend fühlen. Und doch machen wir eine überraschende Entdeckung, wenn wir den hoffnungsvollen Blick Jesu einnehmen: Das Evangelium sagt, dass es eine Seligkeit ist, klein und arm im Geiste zu sein, die erste Seligkeit (vgl. Mt 5,3), denn die Kleinheit überantwortet uns demütig der Macht Gottes und bringt uns dazu, unser kirchliches Handeln nicht auf unsere eigenen Fähigkeiten zu gründen. Das ist eine Gnade! Ich wiederhole: Es liegt eine verborgene Gnade darin, eine kleine Kirche, eine kleine Herde zu sein; statt unsere Stärke, unsere Anzahl, unsere Strukturen und jede andere Form von menschlicher Relevanz zur Schau zu stellen, lassen wir uns vom Herrn führen und stellen uns demütig an die Seite der Menschen. Reich an nichts und arm an allem, gehen wir in Einfachheit, den Schwestern und Brüdern unseres Volkes nahe, und tragen die Freude des Evangeliums in die Lebenssituationen hinein. Wie die Hefe im Teig und wie das kleinste in die Erde geworfene Samenkorn (vgl. Mt 13,31-33) bewohnen wir die glücklichen und traurigen Ereignisse der Gesellschaft, in der wir leben, um ihr von innen heraus zu dienen.

Klein zu sein erinnert uns daran, dass wir nicht autark sind: dass wir Gott brauchen, aber auch die anderen, alle anderen: die Schwestern und Brüder der anderen Konfessionen, diejenigen, die sich zu anderen religiösen Überzeugungen als unserer eigenen bekennen, alle Männer und Frauen guten Willens. Wir sind uns im Geiste der Demut bewusst, dass wir nur gemeinsam, im Dialog und in gegenseitiger Annahme, wirklich etwas Gutes für alle erreichen können. Das ist die besondere Aufgabe der Kirche in diesem Land: keine Gruppe zu sein, die sich mit den immergleichen Dingen herumschlägt oder sich in ihrem Gehäuse verschließt, weil sie sich klein fühlt, sondern eine Gemeinschaft, die offen ist für Gottes Zukunft, die vom Feuer des Geistes entzündet ist: lebendig, hoffnungsvoll, verfügbar für seine Neuheiten und für die Zeichen der Zeit, beseelt von der evangeliumsgemäßen Logik des Samenkorns, das in demütiger und fruchtbarer Liebe Früchte bringt. Auf diese Weise bricht sich die Lebens- und Segensverheißung, die Gott Vater durch Jesus über uns ausgießt, nicht nur für uns Bahn, sondern verwirklicht sich auch für andere.

Und sie verwirklicht sich jedes Mal, wenn wir untereinander Geschwisterlichkeit leben, wenn wir uns der Armen und der vom Leben Verwundeten annehmen, jedes Mal, wenn wir in menschlichen und sozialen Beziehungen Zeugnis für Gerechtigkeit und Wahrheit ablegen und „Nein“ zu Korruption und Falschheit sagen. Die christlichen Gemeinschaften, insbesondere das Priesterseminar, sollen „Schulen der Aufrichtigkeit“ sein: keine starren und formalen Umgebungen, sondern Fitnessstudios der Wahrheit, der Offenheit und des Miteinanderteilens. Und in unseren Gemeinschaften – lasst uns daran denken – sind wir alle Jünger des Herrn: alle Jünger, alle wesentlich, alle von gleicher Würde. Nicht nur Bischöfe, Priester und Ordensleute, sondern jeder Getaufte ist in das Leben Christi eingetaucht worden und in ihm – wie uns der heilige Paulus erinnert hat – dazu berufen, das Erbe zu empfangen und die Verheißung des Evangeliums anzunehmen. Deshalb muss den Laien Raum gegeben werden: Das wird euch guttun, damit die Gemeinden nicht erstarren und sich nicht klerikalisieren. Eine synodale Kirche, auf dem Weg in die Zukunft des Geistes, ist eine Kirche der Teilhabe und der Mitverantwortung. Es ist eine Kirche, die fähig ist, hinauszugehen und auf die Welt zuzugehen, weil sie in Gemeinschaftlichkeit geübt ist. Mich hat beeindruckt, dass eine Sache in all den Zeugnissen vorkam: Nicht nur Pater Ruslan und die Schwestern, sondern auch Kirill, der Familienvater, erinnerte uns daran, dass wir in der Kirche, im Kontakt mit dem Evangelium, lernen, vom Egoismus zu bedingungsloser Liebe überzugehen. Es ist ein Herausgehen aus sich selbst, dessen jeder Jünger stets bedarf: Es ist das Erfordernis, die in der Taufe empfangene Gabe zu nähren, das uns überall in unseren kirchlichen Begegnungen, in den Familien, bei der Arbeit und in der Gesellschaft antreibt, Männer und Frauen des Miteinanders und des Friedens zu werden, die Gutes säen, wo immer sie sind. Offenheit, Freude und Miteinanderteilen sind die Zeichen der Urkirche und sie sind auch die Zeichen der Kirche der Zukunft. Lasst uns eine Kirche erträumen und mit Gottes Gnade aufbauen, die mehr von der Freude des Auferstandenen erfüllt ist, die Ängste und Klagen zurückweist, die sich nicht von Dogmatismus und Moralismus verhärten lässt.

Liebe Brüder und Schwestern, erbitten wir all dies von den großen Glaubenszeugen dieses Landes. Ich möchte besonders an den seligen Bukowiński erinnern, einen Priester, der sein Leben dafür hingab, sich um die Kranken, Bedürftigen und Ausgegrenzten zu kümmern und der seine Treue zum Evangelium mit Gefängnis und Zwangsarbeit bezahlte. Man hat mir erzählt, dass schon vor seiner Seligsprechung immer frische Blumen und eine brennende Kerze auf seinem Grab standen. Das ist eine Bestätigung dafür, dass das Volk Gottes erkennen kann, wo es Heiligkeit gibt, wo es einen Hirten gibt, der in das Evangelium verliebt ist. Ich möchte das vor allem den Bischöfen, Priestern und auch den Seminaristen sagen, das ist unsere Aufgabe: nicht Verwalter des Heiligen oder Gendarmen zu sein, die sich um die Durchsetzung religiöser Normen sorgen, sondern Hirten sein, die den Menschen nahe sind, lebendige Abbilder des barmherzigen Herzens Christi. Ich denke auch an die seligen griechisch-katholischen Märtyrer, Bischof Budka, den Priester Zaryczkyj und Gertrude Detzel, deren Seligsprechungsprozess jetzt eröffnet ist. Wie uns Frau Miroslava sagte: Sie trugen die Liebe Christi in die Welt. Ihr seid ihr Vermächtnis: Seid die Verheißung einer neuen Heiligkeit!

Ich bin euch nahe und ich ermutige euch: Lebt dieses Vermächtnis mit Freude und bezeugt es großherzig, damit die Menschen, denen ihr begegnet, erkennen, dass es ein Hoffnungsversprechen gibt, das auch an sie gerichtet ist. Ich begleite euch mit dem Gebet und jetzt vertrauen wir uns in besonderer Weise dem Herzen der seligen Jungfrau Maria an, die ihr in besonderer Weise als Königin des Friedens verehrt. Ich habe von einem schönen mütterlichen Zeichen gelesen, das sich in schwierigen Zeiten ereignet hat: Als so viele Menschen deportiert wurden und hungern und frieren mussten, erhörte sie als liebevolle und fürsorgliche Mutter das Gebet, das ihre Kinder an sie richteten. In einem der kältesten Winter schmolz der Schnee schnell und ließ einen See mit vielen Fischen zutage treten, die viele hungrige Menschen sättigten. Möge die Gottesmutter die Kälte der Herzen aufschmelzen, unsere Gemeinschaften mit neuer geschwisterlicher Wärme erfüllen und uns neue Hoffnung und Begeisterung für das Evangelium schenken! Ich segne euch von Herzen und danke euch. Und ich bitte euch, für mich zu beten.

(vatican news - mg)
 
Klavierspielerin2 15.09.2022 09:11
Dienerin Gottes für Kasachstan: die Laienmissionarin Gertrude Detzel

In der Sowjetunion waren Priester verfolgt und eingesperrt. Die 1971 verstorbene Russlanddeutsche Gertrude Detzel sorgte dafür, dass Generationen katholischer Gläubiger im heutigen Kasachstan trotzdem die Sakramente leben konnten. Papst Franziskus würdigte ihr Beispiel in der Kathedrale von Nur-Sultan. Für Gertrude Detzel läuft seit einem Jahr ein Seligsprechungsverfahren.


Gudrun Sailer - Nur-Sultan

Gertrude Detzel streifte selbst das Martyrium. Sie, die aus einer angesehenen und kinderreichen russisch-deutschen Familie aus dem Nordkaukasus stammte, erlebte wie viele andere Russland-Deutsche 1941 ihre Deportation nach Kasachstan zur Zwangsarbeit. Weil sie mit ihrem Glauben nicht hinter dem Berg hielt, wurde sie 1949 nach einer Denunziation verhaftet und kam in ein kommunistisches Arbeits- und Umerziehungslager namens „Dorf Tschemolgan“ im Gebiet des heutigen Almaty.

„Was ich in Gertruds Leben sehe, ist ein tiefer Glaube – und ein enormer Mut“, sagt Bischof Adelio dell‘ Oro von Karaganda, der den Seligsprechungprozess im vergangenen Herbst eröffnete. „Denn wo auch immer sie sich aufhielt, selbst im Lager, hatte sie keine Angst, den Glauben zu leben und ihn allen zu bezeugen. Oft ärgerte sie die Lagerleiter, weil sie zu allen von Gott und dem Glauben sprach. Am Sonntag organisierte sie gemeinsame Gebete, Katholiken und Lutheraner. Das alles war so anziehend, dass die Leute zu ihr gingen und ihr folgten.“


„Was ich in Gertruds Leben sehe, ist ein tiefer Glaube – und ein enormer Mut“

Bischof dell‘ Oro hat mit vielen Menschen, die Gertrude Detzel kannten, selbst gesprochen und lässt gerade andere befragen, unter anderem in Deutschland – denn dorthin sind viele Deutsch-Kasachen nach 1991 übersiedelt. Sie können über die Dienerin Gottes auch Episoden wie diese bezeugen:

„Als Gertrude nachts geweckt und verhört wurde, hatte sie keine Angst, mit dem Lagerleiter zu sprechen. Das ging so weit, dass der das Ganze irgendwann abbrach, die Wache rief und sagte: Bringt sie zurück ins Lager. Denn ich fange ja fast selbst an zu glauben! Nach Stalins Tod 1953 begann man Gefangene freizulassen. Und da gibt es ein Zeugnis, in dem es heißt, dass Gertrude unter den ersten sein sollte, die gehen. Warum? Damit die, die bleiben, nicht im Lager durch ihr Zeugnis zum Glauben kommen.“

Wirklich frei kam Gertrude Detzel nicht. Sie wurde in eine deutsche „Sondersiedlung“ bei Semei verbracht, die unter strenger Aufsicht stand, Hinausgehen war verboten. Doch das kümmerte die für ihren Glauben brennende Katholikin nicht. Mit ihrer Schwester Walentina ging sie heimlich in die Nachbardörfer, wo andere Deutsche lebten. Sie gingen von Haus zu Haus, tauften Kinder und Erwachsene, steckten ihnen abgeschriebene Gebete zu, trauten Eheleute. Wären die Schwestern entdeckt worden, hätte das 20 weitere Jahre Zwangsarbeit bedeutet.

Als die Sondersiedlung aufgelassen wurde, zog Gertrude Ende der 1950er Jahre nach Karaganda. Dort wurde sie, die selbst aus Vorsatz unverheiratet geblieben war, Mitglied des Dritten Ordens des heiligen Franziskus. Und sie organisierte das kirchliche Leben der zahlreichen Exilanten.

„In der Sowjetunion wurde der katholische Glaube 60, 70 Jahre lang fast ohne Priester weitergegeben“


„In der Sowjetunion wurde der katholische Glaube 60, 70 Jahre lang fast ohne Priester weitergegeben, denn die waren in die Lager deportiert worden“, erklärt Bischof dell´Oro. „Und somit waren die Gläubigen über Jahrzehnte ohne Sakramente, außer der Taufe, die mutige Frauen den Kindern spendeten.“

Heimlich beten und Messe feiern
Genau das tat Gertrude Detzel. Sie versammelte heimlich die Gläubigen zum Rosenkranzgebet und zur Sonntagsmesse, erklärte ihnen die Bibel und stellte ihnen Heilige vor. Gertrude hatte, wie Zeugen bekräftigen, die Gabe des Predigens. „Ihr ist es zu verdanken, dass ganze Generationen von exilierten Katholiken die Sakramente unter den Bedingungen der Kirchenverfolgung leben konnten“, steht in einer Broschüre zur Seligsprechung, die Bischof dell´Oro geschrieben hat. „In für die Kirche schweren Zeiten ersetzte Gertrude Detzel einen Priester für die Menschen.“

„In für die Kirche schweren Zeiten ersetzte Gertrude Detzel einen Priester für die Menschen“


Genau deshalb liegt dem Bischof von Karaganda – dort starb Gertrude Detzel 1971 und dort ist ihr Grab – so viel an dieser Seligsprechung. Denn er sieht in der entschlossenen und frohen Glaubenszeugin ein Modell für Laien in Kasachstan heute, in einem Land, in dem die Kirche wegen des Wegzugs vieler Gläubiger in den Westen auszubluten droht. In dieser Lage sind es die kasachischen Laien, die heute – so sagt es der Bischof – so wie damals Gertrude Detzel wieder den Auftrag haben, den Glauben weiterzutragen. Auf ihre Weise, anders und in gewisser Weise besser, weil freier als die Priester.

Damals wie heute: Laien haben ihre Art, den Glauben weiterzutragen
„Was uns die Figur Gertrudes für heute nahelegt, ist, den Glauben zu leben, offen für alle zu sein, zum Beispiel auch für die Muslime. Denn der Glaube überträgt sich nicht, weil wir ,Jesus, Jesus!´ rufen, sondern durch unser Menschsein. Hier in Kasachstan können wir als Kirche in der Gesellschaft nichts tun; das betrifft alle Religionen. Wir sind nur hinter unseren Kirchenmauern frei. Deshalb sind die Laien wichtig: Niemand hindert die Laien daran, Zeugen zu sein dort, wo sie arbeiten, wo sie studieren. Wir brauchen also Laien, die heute in der Gesellschaft Zeugnis ablegen, um lebendig zu sein und offen zu sein, um allen zu begegnen und alles der Gnade Gottes und der Freiheit des Einzelnen zu überlassen.“

(vatican news – gs)
 
Klavierspielerin2 15.09.2022 11:08
Papst an kasachischen Klerus: Fördert eine offene Gemeinschaft

Die besondere Aufgabe der Kirche in Kasachstan besteht darin, eine Gemeinschaft zu sein, „die offen ist für Gottes Zukunft, die vom Feuer des Geistes entzündet ist“. Mit diesen Worten begrüßte Papst Franziskus die Ordensleute, Priester und Bischöfe Kasachstans bei dem ihnen gewidmeten Treffen am letzten der drei Tage, die er in diesem Land verbrachte.


Mario Galgano - Vatikanstadt

Nach dem üblichen privaten Treffen mit den in der russischsprachigen Region tätigen Jesuiten (die Mitschrift wird wie gewohnt später von der Zeitschrift Civiltà Cattolica veröffentlicht) traf Franziskus in der Kathedrale der Mutter von der Immerwährenden Hilfe ein, dem Sitz der Erzdiözese der Allerheiligsten Maria in Nur-Sultan. Den Papst begrüßte der Vorsitzende der erst vor einem Jahr gegründeten zentralasiatischen Bischofskonferenz (CEVAC). „Wir erkennen uns als Nachfolger der heldenhaften Zeugen bei der Evangelisierung dieser Länder“, sagte Bischof José Luis Mumbiela Sierra in seinem Grußwort an den Papst. Im CEVAC sind die Kirchen von Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan, der Mongolei und Afghanistan vertreten. Im April letzten Jahres wurde mit dem Bischof der Diözese der Heiligen Dreifaltigkeit in Almaty, José Luis Mumbiela Sierra, der erste Präsident ernannt. Generalsekretär ist Evgeny Zinkovsky, Weihbischof der Diözese Karaganda.

Erbe und Verheißung
Vor der kleinen katholischen Gemeinde sprach der Papst von Erbe und Verheißung, Erinnerung und Zukunft. Und die Erinnerung daran sei schmerzhaft, aber wie der Papst betonte: „Wenn wir heute in diesem riesigen, multikulturellen und multireligiösen Land lebendige christliche Gemeinschaften und einen religiösen Sinn sehen, der sich durch das Leben der Bevölkerung zieht, dann ist das vor allem der reichen Geschichte zu verdanken, die euch vorausgegangen ist“. Eine Erinnerung, die „lebendig ist und eine lebendige Erinnerung an Jesus, die uns mit Ehrfurcht erfüllt und die wir besonders aus dem eucharistischen Gedächtnis schöpfen, der Kraft der Liebe, die uns antreibt“, fügte er an.

„Ich danke Ihnen für Ihre Gebete und für all Ihre Bemühungen, den Frieden in meinem Heimatland wiederherzustellen.“


Der Papst hörte sich das Zeugnis eines kasachischen Priesters an, der sagte, die Menschen bräuchten einen Priester, „der in der Lage ist, in schwierigen Momenten zu verstehen und zu unterstützen und in Momenten der Trauer Freude und Ermutigung schenkt“. Und dann waren da noch die Ordensfrau Clara, die sagte: „Christus hier in Kasachstan zu bezeugen bedeutet, bei den Menschen zu sein, sie zu begleiten, sich zu freuen, wenn sie sich freuen, ihnen beizustehen, wenn sie weinen“, und die Frau eines ukrainischen griechisch-katholischen Priesters: „Ich danke Ihnen für Ihre Gebete und für all Ihre Bemühungen, den Frieden in meinem Heimatland wiederherzustellen“. Auch ein Vater mit getrennten und atheistischen Eltern gab sein Zeugnis: „Ich bin mir bewusst, dass der Kampf des Christen, unabhängig von seinem Status quo, darin besteht, ständig wach zu bleiben gegen die drei Versuchungen des Satans: Geld, Macht und die Freuden des Körpers“, und dass „eine große christliche Familie auch eine gute Plattform für das Wachsen in Demut“ und „eine gesunde Zelle im Leben der Gesellschaft“ sei.


Der Papst in Kasachstan

Glaube mit dem Leben weitergeben
Ihnen allen antwortet der Papst, dass „der Glaube mit dem Leben weitergegeben wird, mit dem Zeugnis, das das Feuer des Evangeliums in die Herzen der Situationen gebracht hat, um die tröstliche Wärme Jesu, die Freude seiner rettenden Liebe, die Hoffnung seiner Verheißung zu erhellen, zu läutern und zu verbreiten“ und dass „das Kleinsein uns daran erinnert, dass wir uns nicht selbst genügen: dass wir Gott brauchen, aber auch die anderen, alle anderen: die Schwestern und Brüder anderer Konfessionen, diejenigen, die sich zu anderen religiösen Überzeugungen bekennen als wir, alle Männer und Frauen, die vom guten Willen beseelt sind“.


Dann folgten weitere päpstliche Empfehlungen: Raum für Laien, Geschwisterlichkeit, Friedensbildung und Dialog sowie das Gedenken an den seligen Bukowinski, „einem Priester, der sich sein Leben lang um Kranke, Bedürftige und Ausgegrenzte kümmerte und seine Treue zum Evangelium mit Gefängnis und Zwangsarbeit bezahlte“, und an die griechisch-katholischen Märtyrer, Bischof Budka, den Priester Pater Zarizky und Gertrude Detzel, „deren Seligsprechungsprozess nun eröffnet ist“. 

Geschichte der Gemeinde
Schließlich spreche die Geschichte der Gemeinde selbst für sich: Sie wurde in den 1930er Jahren gegründet, als die Bewohner der westlichen Regionen der Ukraine, Belarus, der Wolga-Region und anderer Orte der ehemaligen Sowjetunion nach Kasachstan deportiert wurden. Jahrzehntelang entkamen sie der sowjetischen Verfolgung, und erst 1979 wurde die Gemeinschaft offiziell registriert. Das erste Gebetshaus war nach der Mutter von der Immerwährenden Hilfe benannt, zu Ehren der Ikone, die im Laufe der Jahre von den Gläubigen unter vielen Gefahren bewacht wurde. Im Jahr 1994 wurde mit dem Bau einer neuen Kirche begonnen, und 1998 konnten die Feierlichkeiten beginnen. Am 6. August 1999, nach der Errichtung der Apostolischen Administratur von Astana durch Papst Johannes Paul II., wurde die Kirche zur Kathedrale und am 25. Juni 2006 durch den Vertreter des Papstes in Russland, Erzbischof Antonio Mennini, geweiht. Im September 2001 besuchte Papst Johannes Paul II. das Kirchengebäude und weihte den Grundstein, auf dem die Kirche errichtet wurde. Und zum Schluss des Treffens, bei dem der Papst auch ein eigens verfasstes Weihegebet sprach, wurde die neue Ikone der Maria, Mutter der Steppe, die als junge Frau mit typisch kasachischen Gesichtszügen dargestellt ist, vor Papst Franziskus enthüllt.

(vatican news)
 
Klavierspielerin2 15.09.2022 15:54
Papst Franziskus: Setzt euch für Frieden ein, nicht für Rüstung!


Zum Abschluss des VII. Kongresses der Führer der Weltreligionen und traditionellen Religionen in der kasachischen Hauptstadt Nur-Sultan hat Papst Franziskus ein flammendes Plädoyer für die Zusammenarbeit der Religionen für Frieden gehalten. Insbesondere Frauen und junge Menschen müssten dabei einbezogen werden. An diesem Donnerstag ging mit dem Kongress in Nur-Sultan auch die dreitägige Reise des Papstes nach Kasachstan zu Ende.


Franziskus dankte in seiner Ansprache nach Verlesen der Abschlusserklärung zunächst den Teilnehmern und Organisatoren des Kongresses für ihr Engagement im Zeichen des Dialogs, das in durch die Pandemie und „den Wahnsinn des Krieges“ belasteten Zeiten „umso wertvoller“ sei. In einer globalisierten Welt seien das Unverständnis, der Hass und der Mangel an Dialog und Verständnis für den anderen „noch viel gefährlicher und anstößiger“, warnte Franziskus.

Im Geist von Assisi
Der Kongress habe sich auf die Fahnen geschrieben, diesen Entwicklungen gegenzusteuern, ganz im Sinn des Gebetstags für den Weltfrieden, den Johannes Paul II. 2002 in Assisi in Reaktion auf die Anschläge des 11. September 2001 als Gegenpol zu religiös motivierter Gewalt einberufen hatte.

In diesem Zusammenhang bekräftige die Erklärung des Kongresses, „dass Extremismus, Radikalismus, Terrorismus und jede andere Aufstachelung zu Hass, Feindseligkeit, Gewalt und Krieg, unabhängig von ihrer Motivation oder ihrem Ziel, nichts mit einem authentischen religiösen Geist zu tun haben und auf das Schärfste abgelehnt werden müssen“, so der Papst mit Blick auf Absatz 5 der gemeinsamen Erklärung, die direkt vor seiner Ansprache verlesen worden war. Franziskus war es als Ehrengast bei dem Kongress auch zugekommen, nach Verlesung der gemeinsamen Erklärung zuerst zu sprechen

Diese gewaltsamen Tendenzen müssten verurteilt werden, „ohne wenn und aber“, forderte der Papst. Es bestehe Einigkeit unter den Religionsführern darüber, dass „gegenseitiger Respekt und gegenseitiges Verständnis in der religiösen Lehre als wesentlich und unverzichtbar angesehen werden müssen“ (vgl. Nr. 13), unterstrich das Kirchenoberhaupt.

„Religionsfreiheit ist kein abstraktes Konzept, sondern ein konkretes Recht“

Eine „gesunde Beziehung zwischen Politik und Religion“ und der damit einhergehende der Schutz der religiösen Freiheit waren weitere Aspekte aus der Erklärung, die Franziskus in seiner Ansprache eigens hervorhob: „Wir haben die Regierungen und die zuständigen internationalen Organisationen nachdrücklich aufgefordert, den religiösen Gruppen und ethnischen Gemeinschaften beizustehen, die Verletzungen ihrer Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie Gewalt durch Extremisten und Terroristen erlitten haben, auch als Folge von Kriegen und militärischen Konflikten (siehe Nr. 6).“ Religionsfreiheit sei kein „abstraktes Konzept“, sondern ein „konkretes Recht“, unterstrich der Papst. 

„Der interreligiöse Dialog ist nicht mehr bloß eine Möglichkeit, er ist ein dringender und unersetzlicher Dienst an der Menschheit, zum Lob und zur Ehre des Schöpfers aller.“

Die katholische Kirche habe sich von Anfang an bei der Ausrichtung des interreligiösen Kongresses in Kasachstan engagiert, und sie werde dies auch weiterhin tun, versprach Franziskus, der in diesem Zusammenhang die Bedeutung des interreligiösen Dialogs für den Frieden hervorhob: „Der interreligiöse Dialog ist nicht mehr bloß eine Möglichkeit, er ist ein dringender und unersetzlicher Dienst an der Menschheit, zum Lob und zur Ehre des Schöpfers aller.“ Allen Religionen gemein sei der „konkrete Mensch“, „geschwächt durch die Pandemie, niedergeworfen durch den Krieg, verwundet durch Gleichgültigkeit“, fuhr Franziskus fort.


Doch ohne die Schöpfergestalt, ebenso wie ohne seinesgleichen, könnte der Mensch nicht bestehen, gab Franziskus zu bedenken: „Bevor wir wichtige Entscheidungen treffen, sollten wir mehr auf das Wohl des Menschen achten als auf strategische und wirtschaftliche Ziele, auf nationale, energetische und militärische Interessen“, wiederholte Franziskus eindringlich einen immer wieder geäußerten Appell. Die „großen Weisheiten und Religionen“ seien dazu gerufen, „für alle Menschen das Bestehen eines gemeinsamen geistlichen und moralischen Erbes zu bezeugen, das auf zwei Eckpfeilern beruht: der Transzendenz und der Geschwisterlichkeit“, fuhr der Papst weiter fort.

Besondere Verantwortung der Religionsführer
Insbesondere drei zentrale Punkte aus der Erklärung des Kongresses hob der Papst in diesem Zusammenhang eigens hervor: Frieden, Frauen und Jugend. „Frieden ist dringend notwendig, denn jeglicher militärische Konflikt oder jeglicher Herd der Spannung und der Konfrontation kann heute nur einen schädlichen Dominoeffekt haben und gefährdet das System der internationalen Beziehungen ernsthaft (vgl. Nr. 4)“, betonte Franziskus: „Wir, die wir an den Schöpfer aller glauben, müssen uns bei der Verbreitung des friedlichen Zusammenlebens besonders hervortun. Wir müssen es bezeugen, predigen und erflehen.“

„Nur wenn ihr dem Frieden dient, wird euer Name in der Geschichte groß bleiben“

Aus diesem Grund fordere die gemeinsame Erklärung die Staats- und Regierungschefs der Welt auf, „Konflikte und Blutvergießen überall zum Stillstand zu bringen und aggressive und zerstörerische Rhetorik aufzugeben“ (vgl. Nr. 7), paraphrasierte der Papst die Erklärung und appellierte: „Wir bitten euch im Namen Gottes und zum Wohle der Menschheit: Setzt euch für den Frieden ein, nicht für die Rüstung! Nur wenn ihr dem Frieden dient, wird euer Name in der Geschichte groß bleiben.“
„Wie viele Entscheidungen des Todes würden vermieden, wenn eben gerade Frauen im Zentrum der Entscheidungen stünden“

In diesem Zusammenhang komme den Frauen eine besondere Rolle zu, kam Franziskus zum zweiten Wort, das ihm besonders am Herzen lag. Es werde in der Erklärung insbesondere betont, dass die Würde der Frau geschützt und ihr sozialer Status verbessert werden müsse, da sie „ein gleichberechtigtes Mitglied der Familie und der Gesellschaft“ sei (vgl. Nr. 23): „Außerdem müssen Frauen mehr Aufgaben und größere Verantwortlichkeiten anvertraut werden. Wie viele Entscheidungen des Todes würden vermieden, wenn eben gerade Frauen im Zentrum der Entscheidungen stünden!“ Es gelte, dafür zu sorgen, dass die Frauen „mehr respektiert, anerkannt und einbezogen“ werden, so der Papst.

 
Die „jungen Menschen“ hingegen seien „Boten des Friedens und der Einheit von heute und von morgen“, betonte Franziskus mit Blick auf das Motto der Reise nach Kasachstan, das ausdrücklich im Plural gehalten ist. Es seien die jungen Leute, die „mehr als andere zum Frieden und zur Achtung vor dem gemeinsamen Haus der Schöpfung“ aufrufen: „Geben wir den jungen Menschen Bildungschancen an die Hand (vgl. 11), nicht Waffen der Zerstörung! Und lasst uns ihnen zuhören, ohne Angst, uns von ihnen befragen zu lassen. Vor allem aber lasst uns eine Welt errichten und dabei an sie denken!“, so der abschließende Appell des Papstes.

(vatican news - cs)
 
Klavierspielerin2 15.09.2022 16:02
Georgien/Kasachstan: Patriarch Ilia II. erinnert an Ukrainekrieg 


Seine große Besorgnis über den anhaltenden Krieg in der Ukraine hat der georgische Patriarch Ilia II. zum Ausdruck gebracht. In einem Schreiben an die Teilnehmenden des Weltkongresses der Religionen in der kasachischen Hauptstadt Nur-Sultan, an dem auch Papst Franziskus teilgenommen hat, schrieb der Patriarch, dass der Krieg weltweite Ängste auslöse und eine ernsthafte Herausforderung für die ganze Welt sei.

Es herrsche das Gefühl vor, „dass wir uns in einer Situation befinden, in der niemand weiß, was morgen passieren wird“, so das Oberhaupt der Georgisch-orthodoxen Kirche laut Pro-Oriente-Informationsdienst vom Donnerstag.

Der Patriarch rief dazu auf, den Opfern des Krieges zu helfen und für den Frieden zu beten. Darüber hinaus sei es die besondere Aufgabe der Geistlichen, den Menschen ihre Ängste zu nehmen.

In Georgien hat es nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine Befürchtungen gegeben, dass das Land ebenfalls schwer unter russischen Druck geraten könnte. Georgien will nach Angaben von Ministerpräsident Irakli Garibaschvili deshalb auch sehr schnell die zwölf Kriterien erfüllen, die die EU kürzlich für die Aufnahme von Beitrittsgesprächen gesetzt hat. Er werde auch der Opposition einen Dialog anbieten, um diese für die nötigen Reformen an Bord zu haben, sagte Garibaschvili am Mittwochabend nach einem Gespräch mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin.

Beitrittsperspektive
Die EU hatte dem Land im Juni eine Beitrittsperspektive gegeben, zusammen mit der Ukraine und Moldawien. Georgien will seit Langem in die EU und NATO. Russland unterstützt hingegen die abtrünnigen Provinzen Abchasien und Südossetien militärisch.

Die Teilnehmenden des Weltkongresses der Religionen haben unterdessen in ihrer Abschlusserklärung vom Donnerstag u.a. das Entfesseln militärischer Konflikte jedweder Art verurteilt: Derlei Auseinandersetzungen führten zu unnötigem Blutvergießen, unabsehbaren Kettenreaktionen und störten die internationalen Beziehungen, hieß es. Konkrete Beispiele, wie etwa den aktuellen Krieg in der Ukraine, nennt der Text allerdings nicht.

(kap – mg)
 
Klavierspielerin2 15.09.2022 16:06
Papst Franziskus beendet Kasachstan-Reise
Als „Botschafter des Friedens und der Einheit“ war Papst Franziskus am Dienstag nach Kasachstan gekommen: Nun ist seine 38. Auslandsreise zu Ende gegangen.
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Gegen 17 Uhr Ortszeit (13 Uhr römischer Zeit) hob das Flugzeug am Donnerstag mit dem Papst an Bord vom internationalen Flughafen von Nur-Sultan, der kasachischen Hauptstadt, ab; gegen 20.30 Uhr wird Franziskus in Rom zurückerwartet.

Es war der zweite Besuch eines Papstes in Kasachstan; im September 2001 war der hl. Papst Johannes Paul II. (1978-2005) in das zentralasiatische Land gereist. Es grenzt an China und Russland, die bisher beide noch nie von einem Papst besucht werden konnten.

Teilnahme an Religionskongress
In Nur-Sultan hat Franziskus in diesen Tagen an einem Weltkongress von Religionen teilgenommen, den das Regime Kasachstans seit zwanzig Jahren in Drei-Jahres-Abstand veranstaltet. Vor Religions- und Kirchenvertretern aus fünfzig Ländern hat der Papst dabei zu verstärktem gemeinsamem Engagement aufgerufen.

Schlusserklärung verurteilt das Auslösen militärischer Konflikte
Eine Schlusserklärung des Kongresses, die an diesem Donnerstag verabschiedet wurde, verurteilt das Auslösen militärischer Konflikte, ohne allerdings Russland beim Namen zu nennen. Kasachstan ist mehrheitlich muslimisch; unter den Christen stellen die russisch-orthodoxen Gläubigen die größte Gruppe. Eine Delegation des Moskauer Patriarchats hat am Gipfel von Nur-Sultan teilgenommen; geleitet wurde sie von Metropolit Antonij, dem neuen „Außenminister“ von Patriarch Kyrill.

Trotz ihrer stark interreligiösen Ausrichtung galt die Visite von Papst Franziskus auch den Katholiken in Kasachstan, deren Zahl mit gut 100.000 angegeben wird. An einer Messfeier mit Franziskus in Nur-Sultan haben am Mittwoch etwa 6.000 Menschen teilgenommen.

(vatican news – sk)
 
Klavierspielerin2 22.09.2022 07:34
Franziskus lobt Kasachstan als Ort friedlichen Austauschs

Kasachstan hat nach dem Abschied vom atheistischen Regime der Sowjetunion 1991 einen bemerkenswerten zivilisatorischen Weg des Dialogs und des Friedens eingeschlagen. Das sagte Papst Franziskus bei seinem Rückblick auf seine Kasachstan-Reise an diesem Mittwoch bei der Generalaudienz.

Gudrun Sailer - Vatikanstadt

Er sei, so erinnerte der Papst, letzte Woche nach Kasachstan gereist, um am 7. Kongress der Führer der Welt- und traditionellen Religionen teilzunehmen, der seit 20 Jahren in Nur-Sultan stattfindet - und das in einem Land, das erst seit 30 Jahren von der Sowjetunion unabhängig ist, wie der Papst vermerkte. Für den Kongress wie auch das Land, das ihn ausrichtet, fand er lobende Worte. 

„Das bedeutet, die Religionen in den Mittelpunkt der Bemühungen um eine Welt zu stellen, in der wir einander zuhören und uns in unserer Vielfalt respektieren. Und das ist das Verdienst der kasachischen Regierung, die sich vom Joch des atheistischen Regimes befreit hat und nun einen zivilisatorischen Weg vorschlägt, der Politik und Religion zusammenhält, ohne sie zu verwechseln noch voneinander zu trennen, ein Weg, der Fundamentalismus und Extremismus klar verurteilt.“

„Ein Weg, der Fundamentalismus und Extremismus klar verurteilt“

Die Abschlusserklärung des Kongresses sei auf der Linie der 2019 in Abu Dhabi unterzeichneten Erklärung zur menschlichen Geschwisterlichkeit, fuhr der Papst fort. Der ganze Weg sei letztlich auch eine Frucht des Friedensgebetes, das Johannes Paul II. erstmals 1986 in Assisi einberufen hatte und das damals „von Menschen ohne Weitblick so stark kritisiert wurde", wie Franziskus anmerkte. Er denke aber auch an den weitsichtigen Blick anderer Päpste wie Johannes XXIII. und Paul VI. „und auch an den von großen Seelen anderer Religionen - ich nenne nur Mahatma Gandhi“.

Demokratie ist ein Weg
Vor den Regierungsangehörigen und den Mitgliedern des diplomatischen Korps in Kasachstan habe er Kasachstan als Land der Begegnung würdigen können, fuhr Franziskus fort. 150 ethnische Gruppen, 80 Sprachen, das sei eine Berufung und zugleich ein Weg. Mit einem impliziten Verweis auf das straff geführte Staatswesen Kasachstans sagte der Papst, er habe bei dieser Begegnung dem Land auch gewünscht, dass es sich zu einer reifen Demokratie hin entwickle. „Es ist eine mühsame Aufgabe, die Zeit braucht, aber man muss schon anerkennen, dass Kasachstan sehr positive Entscheidungen getroffen hat, wie zum Beispiel das Nein zu Atomwaffen und eine gute Energie- und Umweltpolitik.“

„Man muss schon anerkennen, dass Kasachstan sehr positive Entscheidungen getroffen hat, wie zum Beispiel das Nein zu Atomwaffen und eine gute Energie- und Umweltpolitik“

Klein aber fein
An der winzig kleinen katholischen Kirche in Kasachstan – weniger als ein Prozent der Bevölkerung – gefiel Franziskus die Zugewandtheit, die er dort wahrnahm. Er habe, „eine Gemeinschaft von glücklichen, fröhlichen und begeisterten Menschen“ getroffen. Gerade weil sie wenige seien, könnten die katholischen Gläubigen in Kasachstan „Beziehungen zu Christen anderer Konfessionen knüpfen und auch die Geschwisterlichkeit mit allen fördern. Eine kleine Herde also, ja, aber offen, nicht verschlossen, nicht defensiv, offen und vertrauend auf das Wirken des Heiligen Geistes, der frei weht, wo und wie er will.“ Auch hier verwies Franziskus auf das Beispiel der Märtyrer, die während der Verfolgung durch Stalin und dann die Sowjetunion „so viel für den Glauben gelitten haben“.

Die Messe hatte Franziskus mit den Gläubigen am Fest der Kreuzerhöhung (14. September) gefeiert. Das, so der Papst, rege zum Nachdenken an. „In einer Welt, in der Fortschritt und Rückschritt miteinander verwoben sind, bleibt das Kreuz Christi der Anker des Heils: ein Zeichen der Hoffnung, das nicht enttäuscht, weil es auf der Liebe des barmherzigen und treuen Gottes gründet.“ Ihm gelte sein Dank für diese Reise und für das Leben der pilgernden Kirche in diesem Land.

(vatican news - gs)
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