Thea und Lia – sind fürsorglich

Bluehorse

Die beiden Schwestern Lia (82) und Thea (92) sind im Leben und in der Liebe zuhause. Man sollte meinen, dass etwas in die Jahre gekommene Damen ein ruhiges und beschauliches Leben führen. Das trifft auch oft zu – aber nicht immer. Wenn es um Fürsorge für einen Freund geht, sind sie nicht mehr zu bremsen.

Thea: Wir haben schon seit einer Woche nichts mehr von Bluehorse gehört. Oder?
Lia: Ja, stimmt. Sicher ist er verreist.
Thea: Das glaub ich nicht. Hatte er nicht letztens etwas von einem Zahnarzttermin erzählt?
Lia: Jetzt wo Du es sagst. Ja, wie es ihm wohl geht?
Thea: Bin ich Hellseherin? Wie soll ich das wissen?
Lia: Soll ich ihn mal anrufen?
Thea: Trommeln wird er nicht hören. Lichtzeichen sind vermutlich auch nicht geeignet, um ihn zu erreichen.
Lia: Ja, ja, blöde Antwort. Das weiß ich alles selber. Ich meine nur, dass wir fürsorglich sein sollten. Und wenn jemand beim Zahnarzt war, sollte man mit dem Schlimmsten rechnen und ganz besonders einfühlsam sein.

Thea: Dann ruf Du ihn nicht an.
Lia: Was willst Du damit sagen?

Thea: Nichts. Fürsorge erfordert Fingerspitzengefühl und Klugheit.
Lia: Keine Sorge. Ich habe beides.

Thea: Ach, wo hast Du das bis jetzt versteckt?
Lia: Du bist gemein. Und wenn man gemein ist, kann man nicht fürsorglich sein. Also bleibt es doch an mir.
Thea: Dann ruf ihn meinetwegen an.
Lia: Oder willst Du ihn anrufen?

Thea: Ja, ich glaube, das ist besser.

Riiiiiiiiiiiiiiing, riiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiing, riiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiing

Bluehorse: grmbldshmpf

Thea: Hör mal, mein Guter. Hier ist die Thea. Wir hatten seit Tagen nichts von Dir gehört und wollten uns mal vorsichtig nach Deinem Befinden erkundigen.
Bluehorse: hmpfgrmbhmmmmm

Thea: Also etwas deutlicher solltest Du schon sprechen, denn ich verstehe nicht so ganz, was Du sagst.

Lia: Vielleicht kann er nicht reden, weil er beim Zahnarzt war.
Thea: Das kann sein.
Lia: Dann sag ihm, er soll wenigstens nicken.

Thea: Also, mein Guter, Lia meint, dass Du nicken sollst, wenn Du Schmerzen hast und nicht reden kannst.

Bluehorse: mmmh

Thea: Du musst nämlich wissen, dass wir in echter Sorge sind. Lia meinte doch echt, dass Du verreist sein könntest. Aber wohin solltest Du reisen?
Ich bin früher nie verreist, wenn ich mich nicht wohl fühlte. Bei Lia ist das ganz anders. Sie verreist erst, wenn es ihr gut geht und dann erst – unterwegs, wird ihr übel. Aber das widersprüchliche Verhalten von ihr sind wir ja gewohnt, nicht wahr?

Bluehorse: mmmmmh grmbfhmhmffgtgrmpf

Lia: Ich höre alles. Und ich war noch nie vereist.
Thea: Ich habe auch nicht vereist gesagt, sondern verreist.
Lia: Du drückst Dich undeutlich aus.

Thea: Das tue ich nicht! Bluehorse hat mich gut verstanden, stimmts, Blui?
Bluehorse: mmh

Thea: Siehst Du, Lia, er versteht mich.
Lia: Erkläre ihm, was er gegen Schmerzen tun kann.

Thea: Ah ja. Also, mein Guter, leg einen kalten Waschlappen auf die Wange. Und mach Dir einen Kamillentee, den Du erst trinkst, wenn er lauwarm ist. Und dann solltest Du Dich hinlegen und gut schlafen und nach dem Schlafen isst Du einen Griesbrei mit Honig.

Lia: Er kann auch Griesbrei mit Himbeersirup essen, wenn er keinen Honig mag.
Thea: Ja, das wird er wohl wissen.
Lia: Bei Männern weiß man nie genau, was sie alles nicht wissen. Mein Willi, Gott hab ihn selig, also dem musste ich sagen, was er mag.

Thea: Bluehorse ist aber nicht Willi.
Lia: Aber er ist auch nur ein Mann.
Thea: Bluehorse, Du weißt schon was Du magst, oder?
………..
……….
Bluehorse?

Thea: Ich glaube, er hat aufgelegt.
Lia: Warum?

Thea: ich glaube, Männer ziehen sich zurück, wenn es ihnen nicht gut geht.

Lia: Ein Glück, dass Gott keine Zahnschmerzen hat.

© JJ